KLABAUTAMANN - Merkur
Mehr über Klabautamann
- Genre:
- Black Metal/Progressive Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Zeitgeister/Heavy Horses
- Release:
- 29.06.2009
- Unter Bäumen
- When I Long For Life
- Stygian
- Herbsthauch
- Morn Of Solace
- Der Wald ist ein Meer
- Merkur
- Lurker In The Moonlight
- Noatun
Die progressiven Black-Metal-Mystiker aus NRW preschen vor in neue Dimensionen!
Viereinhalb lange Jahre mussten wir nun darauf warten, dass die Klabautermänner aus Nordrhein-Westfalen ihrem bereits sehr stark geratenen Zweitling "Der Ort" ein drittes Album folgen lassen, und nun liegt es endlich vor. Es hört auf den Namen "Merkur" und schon wenn wir die CD in Händen halten, dann wissen wir, dass es nur deshalb so lange gedauert haben kann, weil sich die Band wirklich alle Mühe mit ihrer neuen Schatzkiste gegeben hat. Das wirklich wunderschöne Artwork ist mit jenem Attribut nur unzureichend beschrieben und auch die Illustrationen im Inneren sind sehr schön. Hierfür zeichnet Jan Buckhard verantwortlich, dessen Schaffen vorliegend ein bisschen an eine morbide und eskapistische Version des kleinen Prinzen erinnert.
Doch kommen wir zur Musik: Beim Einlegen der CD und dem Erklingen der ersten Töne des Openers 'Unter Bäumen' fällt sofort der sehr wuchtige und trotzdem lebendige und organische Gitarren- und Schlagzeug-Sound auf, der das Stück bedrohlich beginnen lässt. Schon nach einer Minute kommt ein schräges, entrücktes Break, das in eine von der cleanen E-Gitarre lebenden ruhige Passage überleitet. Die Band hat bewusst die Akustikgitarre zu Gunsten der unverzerrten E-Gitarre zurück genommen, um sich ein Stück weit von der früher vorherrschenden naturmystischen Aura zu verabschieden. Dies gelingt hervorragend, denn statt weiter der urtypischen Kombination des folkloristischen Black Metals zu frönen, erschaffen Florian Toyka und Tim Steffens mit ihren Mitstreitern nun ein sehr individuelles Klangbild, das davon lebt, durch die Kombination der verschiedenen Spielarten der elektrischen Gitarre eine sehr atmosphärische und dabei doch warme und heimelige Klanglandschaft zu erzeugen, die in dieser Form alles andere als alltäglich ist. Die Arbeit der norwegischen Produzentenlegende Tom Kvålsvoll (Strype Audio) beim Mastering tut ein Übriges, um "Merkur" als künftiges Referenzwerk atmosphärisch dichter Prog-Black-Produktionen zu etablieren.
Ganz groß und besonders intensiv sind stets die Momente, in welchen die Passagen klaren Klangs durch kurze, aggressive Einschnitte der verzerrten Riffs unterbrochen werden. Doch auch wenn über längere Zeit verträumt und melodisch gezaubert wird, um schließlich wie beim deutschsprachigen Opener dann mit den Worten "Für die Hoffnung, für die Freiheit!" in einem überbordenden Feuerwerk aus Melodie und Aggression zu explodieren, sind KLAUBAUTAMANN unschlagbar. Das Kontrastprogramm liefert beispielsweise das auf Englisch gesungene 'When I Long For Life', das vorwiegend in Höchstgeschwindigkeit voran prescht und von surrenden, verzerrten Gitarren dominiert wird, wobei auch hier mit außergewöhnliche Einschüben aufgewartet wird.
'Stygian' beginnt wiederum sehr ruhig und mit einem durchaus rockigen Flair, bevor langsam flüsternder Gesang einsetzt, der nach und nach ins Knurren übergeht. Drückende Schlagzeug-Salven und walzende Riffs trümmern sodann den Hörer nieder, nur um ihn in einem verträumten zweiten Abschnitt wieder aufzurichten und schweben zu lassen. Danach setzt 'Herbsthauch' infernalisch und blastend ein, setzt sich dann dynamisch und mitreißend fort und wird im Mittelteil von einem verspielten, vom Bass geprägten Element aufgelockert. Ich könnte an dieser Stelle damit fortfahren, jedes Stück ausführlich zu beschreiben, doch das würde zu weit führen. Darum möchte ich es dabei belassen, darauf hin zu weisen, dass die restlichen fünf Stücke des Albums das sehr hohe Niveau der bisher besprochenen Lieder locker halten können. Vor allem das epische 'Der Wald ist ein Meer', das Titelstück und das abschließende 'Noatun' sind nochmal sehr beeindruckend, auch weil bei beiden auch der klare Gastgesang Christian Korfs (VALBORG, ISLAND) zum Einsatz kommt. Die weiteren Details möchte ich euch selbst erkunden lassen, jedoch nicht ohne den Hinweis los zu werden, dass auch die Texte, besonders die deutschen, sehr poetisch und tiefgründig sind. Doch das müsst ihr selbst lesen und erleben, denn es ist schwer zu beschreiben.
Direkt vergleichen möchte ich KLABAUTAMANN mit keiner bekannten Band. Dafür ist "Merkur" zu eigenständig, zu charakterstark und zu wichtig; aber ich bin mir sicher, dass die Scheibe Freunde der frühen ULVER ebenso ansprechen dürfte wie Anhänger von AGALLOCH oder Fans von LUNAR AURORA. Wer natürlichen und organischen Black Metal mag, der sich dennoch an keine Konventionen hält, der gleichermaßen traditionell und doch unerhört fortschrittlich ist, und wer gerne spürt, dass die Musiker viel Liebe zum Detail und all ihr Herzblut in die Musik einfließen lassen, der ist hier goldrichtig. Das Album erscheint für die Liebhaber der großen schwarzen Scheiben auch als Vinylversion über Heavy Horses Records, was natürlich bei diesem Artwork einen besonderen Reiz hat. Doch egal in welcher Auflage, als Freunde progressiver, detailverliebter und atmosphärischer Black-Metal-Klänge kommt ihr an der neuen KLABAUTAMANN definitiv nicht vorbei!
Anspieltipps: Unter Bäumen, Stygian, Herbsthauch, Der Wald ist ein Meer,
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle