KROKUS - Adios Amigos Live @ Wacken
Mehr über Krokus
- Genre:
- Rock / Hard Rock / Classic Rock
- Label:
- Sony Music
- Release:
- 19.02.2021
- Headhunter
- Long Stick Goes Boom
- American Woman
- Hellraiser
- Winning Man
- Hoodoo Woman
- Fire
- Bedside Radio
- Rocking In The Free World
- Eat The Rich
- Easy Rocker
- Heatstrokes
- Drumdög On The Loose
- Quinn The Eskimo
So klingt ein würdiger Abgang!
Sich heimlich, still und leise aus der Szene zu verabschieden, entspricht ohnehin nur in den seltensten Fällen dem Naturell eines Rockers. Von daher ist es auch mehr als nur logisch, dass die eidgenössische Szene-Institution KROKUS das Gegenteil davon vorexerziert. Im Vorfeld bereits als Abschiedstournee angekündigt, bespielten die Herrschaften von 2019 an ausgewählte Hallen und Festivals auf der entsprechend betitelten (Corona-bedingt jedoch immer noch nicht beendeten, sondern vorerst unterbrochenen) "Adios Amigos"-Tournee.
Wer dieser Gastspielreise beiwohnen hat dürfen, wird wissen, dass dabei ein wahres Rock’n’Roll-Fest veranstaltet wurde und die Band nach allen Regeln der Kunst abgefeiert wurde. Unter anderem in Balingen, wo auch wir vor Ort waren um uns nicht minder lautstark von KROKUS zu verabschieden.
Alles andere als eine entsprechend hingebungsvolle Darbietung auf dem berühmtesten Acker der Welt wäre zwar ohnehin eine Enttäuschung gewesen, doch Chris Von Rohr, Fernando Von Arb, Marc Storace, Mandy Meyer, Mark Kohler und Flavio Medozzi (der an sich für fast schon stoischen Groove sorgt, sich in 'Drumdög On The Loose' jedoch nach Herzenslust austoben darf) haben nicht nur nichts anbrennen lassen, sondern einen in der Tat würdigen Schlusspunkt gesetzt.
Großartige Bühnenaufbauten oder sonstige Show-Elemente hat KROKUS ohnehin nie wirklich benötigt, und auch auf der Mega-Bühne in Wacken reichte das Backdrop des letzten Studiodrehers "Dirty Dynamite" sowie der beim Festival ohnehin obligatorische Einsatz diverser Pyros um ein Rock-Spektakel zu veranstalten. Den Rest sollte die Musik besorgen, und genau das gelang ganz wunderbar.
Es ist zwar wohl generell nicht sonderlich schwierig, ein Publikum auf einem solchen Festival in Stimmung zu bringen, doch ausschließlich an der allgemeinen Feierlaune kann es nicht gelegen haben, weshalb ab dem Einstieg ins Geschehen beste Party-Laune gegeben war. Etwaige Seitenhiebe auf das Publikum zählen nicht, denn zum Zeitpunkt des Auftritts der Eidgenossen war es noch taghell und daher anzunehmen, dass sich der Durchschnittspromille-Gehalt der Zuseher auf überschaubarem Niveau gehalten hat.
Der Applaus für die grandiose, auf Tonträger bestens eingefangene Stimmung, gebührt daher allein der Band. Kein Zweifel, denn wer schon zum Einstieg Song-Granaten der Kategorie 'Headhunter', 'Long Stick Goes Boom' und 'American Woman' auszuspielen im Stande ist, kann einfach nur gewinnen. Und wenn diese dann auch noch, wie bei diesem Gig entsprechend hingebungsvoll dargeboten werden, ist der Boden für einen Erfolg geebnet.
'American Woman' stellt auch die erste von mehreren Cover-Versionen dar, die im Laufe der Spielzeit für Stimmung sorgen. Da kritische Stimmen schon während der Tournee angemerkt haben, die Herrschaften hätten stattdessen doch besser eigenes Material präsentiert, sei gesagt, dass nicht nur dieser alte THE GUESS WHO-Gassenhauer durch die Bearbeitung der Band längst mehr nach KROKUS klingt, als man das Original in Erinnerung hat. Hinzuzufügen gilt es außerdem noch , dass die Truppe als letztes Studioalbum 2017 "Big Rocks" veröffentlicht hat. Ein Werk, auf dem man den persönlichen Helden in Form von Coversongs Tribut gezollt hat.
Von daher darf man sowohl 'Rockin‘ In The Free World' als auch das als Finale zelebrierte 'Quinn The Eskimo' keineswegs als Ideenlosigkeit der Band betrachten, sondern viel mehr als die Band-eigene Interpretation ihrer musikalischen Wurzeln. Ohne all diese Nummern (zu denen unter anderem auch noch 'Pinball Wizard', das in 'Long Stick Goes Boom' kurz angespielt wird, sowie 'Rock Bottom', dessen Einleitung die drei Gitarristen kurz vor dem endgültigen Ende noch intonieren, gezählt werden müssen) hätte es KROKUS in dieser Form wohl nie gegeben!
Gut für uns also, dass sich die Herrschaften bis heute zu ihren Wurzeln bekennen und niemals allzu weit von ihrem Weg abbringen haben lassen. Schließlich haben wir nicht zuletzt deshalb mit Exemplaren wie 'Bedside Radio', 'Fire' (für dessen Einleitung sich Marc Storace bei Arthur Brown bedient), dem Lemmy gewidmeten 'Winning Man‘ (diesen Track hat Mr. Kilmister nach diversen gemeinsamen Tourneen als seinen persönlichen Lieblingstrack der Schweizer bezeichnet), 'Easy Rocker' und 'Hoodoo Woman' im Laufe der vergangenen viereinhalb Dekaden jede Menge erlesenen Stoff von der Band vom Jura-Südfuß erhalten.
All diese Nummern haben selbstverständlich auch in Wacken bestens funktioniert und Fans und Band gleichermaßen in Euphorie versetzt. Jede Wette, dass sich diese auch auf den Hörer/Seher dieses CD/DVD-Kombi-Packs übertragen wird. Vorausgesetzt natürlich, man kann mit dem erdig-kantigen Hard Rock von KROKUS generell etwas anfangen. Aber wer bitte kann das nicht?
Fans werden sich das dem Anlass gebührende Abschiedswerk ohnehin schnellstmöglich ins heimische Archiv stellen. Doch auch allen anderen sei das Live-Abschiedswerk einer der wohl essenziellsten Hard Rock-Bands Mitteleuropas ans Herz gelegt. Schließlich kann nicht jede Truppe von sich behaupten, kurz vor dem offiziellen Pensionsantritt Wacken dermaßen begeistert zu haben!
Schade zwar, dass es mit KROKUS nun tatsächlich vorbei ist, am Umstand, dass wir die Band auf ewig positiv in Erinnerung haben werden, ändert das aber nichts! Danke für die Musik, meine Herren, und macht’s gut!
- Redakteur:
- Walter Scheurer