LACUNA COIL - Shallow Life
Mehr über Lacuna Coil
- Genre:
- Modern Rock
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Century Media
- Release:
- 17.04.2009
- Survive
- I Won't Tell You
- Not Enough
- I'm Not Afraid
- I Like It
- Underdog
- The Pain
- Spellbound
- Wid Awake
- The Maze
- Unchained
- Shallow Life
"Shallow Life" dürfte das wichtigste Album in der Karriere von LACUNA COIL sein. Und enthält neben den besten Songs, welche die Italiener jemals geschrieben haben, leider auch sehr viel Durchschnitt.
Ich habe LACUNA COIL bisher vor allem für ihren Fleiß bewundert. Sie beackern konstant jede Bühne, an der der Tourbus zufällig vorbeikommt, und haben sich innerhalb ihrer inzwischen über zehn Jahre währenden Karriere somit eine stetig wachsende Fanschar erspielt. Doch natürlich stellt sich der internationale Erfolg nicht ohne das dazugehörige Handwerkszeug ein, und genau daran haperte es meiner Meinung nach ein wenig. Klar haben sie stets relativ hochwertige Songs geschrieben, doch wirkliche Hits muss man mit der Lupe suchen. Wie oft stand ich auf einem LACUNA COIL-Konzert und dachte mir bei großen Teilen der Setliste: "Kommt mir bekannt vor, doch von welchem Album war das noch gleich?" Das letzte Lebenszeichen "Karmacode" war dabei keine Ausnahme, auch oder gerade weil man sich darauf stärker am "amerikanischen" Sound orientierte. Kein Wunder, dass die Platte weltweit Chartplatzierungen einfuhr, ist US-Rock doch gerade mal wieder sehr angesagt.
Man könnte also sagen, dass die Italiener mit "Karmacode" auf internationalen Feldzug gingen und mit dem nun vorliegenden Nachfolger "Shallow Life" das mühsam eroberte Terrain verteidigen müssen. Und natürlich gehen sie dabei keine Risiken ein. US-Sound? Immer noch vorherrschend. Daraus resultierende kommerzielle Chancen? Groß. Aber muss das schlecht sein? Nicht unbedingt! Denn das, was ich lange Jahre vermisst habe, bekommen LACUNA COIL plötzlich bei der Hälfte der Songs spielend auf die Reihe: potentielle Hits zu schreiben. Kaum ein Track, dessen Refrain einem nicht sofort ins Ohr geht und dort so schnell nicht mehr heraus möchte.
Der Opener 'Survive' ist sozusagen ein klares Statement: Wir überleben in dieser schnelllebigen Musikwelt, wir machen da weiter, wo wir aufgehört haben, und setzen sogar noch einen drauf. Auch wenn Cristina Scabbias leicht verzerrter Gesang etwas arg gekünstelt wirkt, der von ihrem männlichen Pendant Andrea Ferro dominierte, super-eingängige Chorus schreit förmlich danach, künftig als Opener der kommenden Gigs eingesetzt zu werden. Genau wie der darauf folgende treibende Rocker 'I Won't Tell You' die Tanzflächen dieser Welt im Sturm erobern dürfte. 'Not Enough' ist trotz des eher düsteren Textes dank Cristinas zuckersüßem Gesang ein toller Feel-Good-Song mit unwiderstehlichem Pop-Appeal. Und 'Not Afraid' fasst meinen bisherigen Eindruck von "Shallow Life" mit der ersten Text-Zeile perfekt zusammen: "Watch your back because I am coming closer. Shivers down your spine, you were not expecting me." Nö, so einen erneut super mitreißenden Modern-Rock-Song habe ich wirklich nicht erwartet, und der Chorus dürfte sich künftig zur Hymne der jungen Fans entwickeln. "I'm not afraid to take my time, to live my life the way I want to" singen Cristina und Andrea dort im Duett.
Bereit abzuheben? "Today I'm gonna fly, there's nothing that can keep me on the ground, touch the sky, I'm free inside ...". Schön, nicht? 'I like it' ging mir tagelang nicht mehr aus dem Kopf, und das ist jetzt schon der wievielte Ohrwurm dieser Platte?!
In der zweiten Hälfte hält "Shallow Life" dieses Niveau leider nicht. 'Underdog' ist ein bisschen zu gewollt auf hart gemacht, die Gitarren zu tief, der Text zu platt. Nu Metal sollten die Italiener lieber andere machen lassen. Auch das düstere 'The Pain' dümpelt ein wenig uninspiriert vor sich hin. 'Spellbound' hat wieder einen höheren Hitfaktor, auch wenn ich die Strophen im Vergleich zum wieder sehr, sehr eingängigen Refrain etwas schwach finde. 'Wide Awake' fällt arg kitschig aus, aber ein "holt die Handys raus"-Schunkelsong musste wohl sein. Der wirkliche Tiefpunkt verbirg sich jedoch hinter 'The Maze', das zum bösen Nu-Metal-Gitarrensound noch eine fürchterlich verzerrte Micky-Maus-Stimme packt. Warum, Cristina? Du kannst das doch auch ohne künstliche Effekte! Bei 'Unchained' hinterlässt Andrea in den Strophen einen sehr guten Eindruck (die wieder leicht verfremdet klingende Cristina weniger), bei dem ich sowieso immer ein wenig den Eindruck habe, dass er am stärksten ist, wenn er mal aus Cristinas übermächtigem Schatten treten darf. Und das Gitarrensolo am Ende überrascht angenehm.
Den Rausschmeißer dieses anfangs ungemein starken, später leider sehr durchschnittlichen fünften regulären Studioalbums bildet der entspannte Titeltrack, bei dem jedoch nochmals unangenehm auffällt, mit wie viel technischen Finessen insgesamt bei den Gesangslinien getrickst wurde. Aber ein ehrliches Werk hat zu diesem Karriere-Zeitpunkt wohl niemand mehr erwartet. Unter Strich bleiben fünf der besten Songs, die LACUNA COIL bisher geschrieben haben und die letztendlich auch die Gesamtwertung begünstigen. Mit den Italienern ist 2009 stärker zu rechnen als je zuvor!
Anspieltipps: Survive, I Won't Tell You, Not Enough, I'm Not Afraid, I Like It, Shallow Life
Weitere Meinungen zu "Shallow Life" findet ihr übrigens in unserer Gruppentherapie.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Elke Huber