LAKE OF TEARS - Ominous
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2021
Mehr über Lake Of Tears
- Genre:
- Gothic Rock/Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- AFM Records
- Release:
- 19.02.2021
- At The Destination
- In Wait And In Worries
- Lost In A Moment
- Ominous One
- Ominous Too
- One Without Dreams
- The End Of This World
- Cosmic Sailor
- In Gloom (Bonus)
Eine sehr persönliche Reise ans Ende und darüber hinaus.
LAKE OF TEARS ist eine besondere Band. In ihrer bald dreißig-jährigen Geschichte veränderte sie sich wie kaum eine andere. Mit dem ursprünglichen Sound hat der Tränensee aus Borås kaum noch etwas zu tun. Dabei war immer Daniel Brennare die treibende Kraft, der Geist und das Gesicht dieser Formation. Doch wie sich der Mensch veränderte, veränderte sich auch stets das kreative Ergebnis. Ein einschneidendes und sich nachhaltig niedergeschlagenes Ereignis war die ärztliche Diagnose von chronischer Leukämie vor dreizehn Jahren. Die Wut und Verzweiflung darüber schlug sich im letzten Album "Illwill" hörbar nieder. Im letzten Jahr machte Brennare seine Diagnose öffentlich und kündigte gleichzeitig ein neues Album an.
An diesem Album arbeitete er - inzwischen im Alleingang mit wenigen Gastmusikern - schon viele Jahre. Erst jetzt, zehn Jahre nach "Illwill", entspricht es Brennares wohl recht genauer Vorstellung und wird auf die darbende Fanschar losgelassen. Das lange Warten verzeiht man dem Sänger und Gitarristen schnell, wenn man erstmal dahinter kommt, dass es sich bei "Ominous" nicht einfach um eine Science-Fiction-Story handelt, sondern um eine sehr persönliche Reise durch Krankheit und Depression, durch Verlust und Verzweiflung, bis ans Ende dieser Welt. Die zwei verbrüderten Monster auf dem formidablen Artwork von Vladimir Chebakov 'Ominous One' und 'Ominous Too' entstammen nicht allein der Fantasie, sondern stehen für den körperlichen Verfall auf der einen Seite und den damit einhergehenden psychischen Problemen auf der anderen Seite. So ist Nummer eins auch plötzlich und hart und schnell und fies (I am doom, darkness and disease - Here with your morning breeze), der zweite unheilvolle Bruder kriechend, schleichend, gemein und verwirrend (Where nothing bright remains - There, is a reason to go insane).
Es fällt nicht schwer, sich in den Astronauten hineinzuversetzen, der diesem Unheil völlig allein gegenübersteht. Der diese Reise ganz auf sich selbst gestellt antreten musste, nur um festzustellen, dass - an seinem Ziel angekommen ('At The Destination') - nichts zu finden ist, außer dem Verderben. Kein Kontakt mehr zur Basis ('In Wait And In Worries'), nur Leere und Gedanken an vergangene Höhepunkte und verlorene Freunde ('Lost In A Moment'). Und nach den Monstern - das Ende, das sich in 'One Without Dreams' gänsehautbringend ankündigt und dann danach wort- und gnadenlos vollzieht. Die Geschichte endet damit, dass es eben doch nicht vorbei ist. Der kosmische Matrose atmet noch, Farben kehren zurück. Doch dies ist eine neue Welt, die alte verblasst. Eine neue Reise ins dunkle All beginnt.
CD-Käufer bekommen als Bonus noch 'In Gloom' obendrauf, das mit der Geschichte nichts mehr zu tun hat, aber das Brennare selbst so großartig fand, dass es unbedingt das Licht der Welt erblicken musste. Ich stimme ihm hier zu. Obwohl das Stück den Soundtrack-artigen Spannungsbogen mit seinen ineinander verwobenen Songs sprengt, würde er doch fehlen, gäbe es ihn nicht.
Ich muss ja zugeben, dass ich auch aufgrund der langen Wartezeit zunächst etwas entäuscht war von "Ominous". Es fühlte sich irgendwie kalt an, emotionslos - trotz der großen Thematik. Ich musste mir die Texte zu Gemüte führen, die Entstehungsgeschichte kennen lernen, die persönliche Bedeutung nachvollziehen, um einen Zugang zu finden. Und das hat sich definitiv gelohnt. Brennare singt - wie immer - einnehmend und fantastisch, seine Produktion, die viele Streicher-Orchestrierungen und Samples beihnhaltet, ist ziemlich perfekt. Trotz der verwobenen und aufeinander aufbauenden Stücke ist das Songwriting wirklich abwechslungsreich. Und besonders gefällt mir das Saitenspiel, zu dem Landsmann Vesa Kenttäkumpu (EVOCATION) seinen Teil beisteuerte.
"Ominous" ist eine beeindruckende Reise in die Psyche, die sich wunderbar unter guten Kopfhörern und mit dem Blick in einen tristen Februar nachvollziehen lässt und die den Goutierenden bereichert und belehrt entlässt. Man sollte das Album allerdings als Ganzes hören, ausschnitssweise funktioniert es weniger. Und man sollte unbedingt nicht erwarten ein zweites "Moons and Mushrooms" oder "Forever Autumn" oder "Headstones" zu erhalten. Gebt euch am besten selbst auf eure Reise in einen besonderen Kopf und ins weite, dunkle All.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Marius Luehring