LANCER - Second Storm
Mehr über Lancer
- Genre:
- Power Melodic Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Despotz Records
- Release:
- 10.04.2015
- Running From The Tyrant
- Iwo Jima
- Masters And Crowns
- Behind The Walls
- Aton
- Children Of The Storm
- Steelbreaker
- Eyes Of The Liar
- Fools Marches On
Unerwartet erdiges Album mit gelungenen Kiske/Hansen-Zitaten.
Huch, was für eine Überraschung. Hatte ich bei diesem Bandnamen, der Musikbeschreibung und dem Cover noch auf eine Italo-Kapelle mit typischen Plastiksounds getippt, werde ich vom schwedischen Melodic-(Speed)-Metal der Marke alte HELLOWEEN/ GAMMA RAY komplett aus den Latschen geschossen. So kann man sich täuschen.
Gleich das mit einem zukünftigen Klassikerstempel versehene Eröffnungsstück 'Running From The Tyrant' geht ab wie die Feuerwehr, überzeugt mit rasenden Doublebass und einem hochmelodischen, mitsingkompatiblen Refrain und hätte so auch perfekt auf "Keeper I" stehen können. Diese musikalische Trumpfkarte spielt LANCER mit 'Behind The Walls' (zu "Walls Of Jericho"-Zeiten), 'Steelbreaker' oder 'Masters And Crowns' noch einige Male aus und kann in dieser Disziplin durchaus zu überzeugen. Und auch ihre Landsleute von HAMMERFALL stehen zwangsläufig bei dem einen oder anderen Refrain positiv Pate ('Aton', 'Fools Marches On'). Ein großer Pluspunkt ist Sänger Isak Stenvall (grandioser Pony so nebenbei), der sowohl die mittleren wie hohen Tonlagen bravourös beherrscht. Speziell mit seinem Vibrato klingt er seinem großen Vorbild Michael Kiske verdammt ähnlich, was zwar ein wenig an der eigenen Identität kratzt, aber anderseits homogen und von der ersten Note an wohltuend vertraut klingt. Die Chöre auf dem Album sind toll arrangiert und in Szene gesetzt, Bassist Emil Öberg hat ungewöhnlich dominante Solospots und man kann auch mit Pathos ('Iwo Jima') oder balladesk überzeugen. Insgesamt jedoch wird das Tempo sehr hoch gehalten. Das verleiht der Scheibe eine kraftvolle Grundausrichtung.
Während meinem Arbeitskollegen angesichts der zahlreichen Kürbiskopfzitate fast ein Osterei aus der Hose fällt, finde ich dann doch noch etwas zum Kritisieren. Gelegentlich treffen die Schweden kompositorisch nicht die richtige Entscheidung und verrennen sich in wirren Mittelteilen oder zu langen Solo-Melodiepassagen. In Fredrik Kelemen und Per-Owe Solvelius hat man zwei flinke Saitenakrobaten in seinen Reihen, die neben guten Soli auch jede freie Passage mit zweistimmigen Gitarrenharmonien zukleistern. Grundsätzlich sehr nett, sind die meisten Melodien jedoch letztendlich austauschbar.
Alles in allem können die Schweden von LANCER mit ihrer zweiten und großartig kernig produzierten Scheibe "Second Storm" durchaus ein Ausrufezeichen setzen. Die Band sollte man als Fan des schnellen Melodic Metal unbedingt mal anchecken und im Auge behalten. Ich werde sie wohl noch ein bisschen länger im Büro um die Ohren geblasen bekommen, denn irgendwie muss ja mein Kollege die Zeit bis zum nächsten Album von Weikath und seinen Mannen überbrücken.
Anspieltipps: Running From The Tyrant, Steelbreaker, Fools Marches On
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Chris Staubach