LUNAR SHADOW - Far From Light
Auch im Soundcheck: Soundcheck 03/2017
Mehr über Lunar Shadow
- Genre:
- Epic Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Cruz Del Sur
- Release:
- 10.03.2017
- Hadrian Carrying Stones
- They That Walk The Night
- Frozen Goddess
- Gone Astray
- The Hour Of Dying
- The Kraken
- Cimmeria
- Earendil
Epischer Heavy Metal, der die Jahreslisten stürmen sollte.
Ich gebe zu - ich habe mich bisher auf keine Scheibe in 2017 so gefreut wie auf das Debüt-Album der deutschen Newcomer von LUNAR SHADOW. "Far From Light" heißt es, und ich hatte schon ein ziemliches Kribbeln im Bauch, als ich die CD das erste Mal laufen ließ. Warum das denn, fragt sich der ein oder andere vielleicht? Nun, die EP "Triumphator", das erste Lebenszeichen der Jungs um Songwriter-Diva Max Birbaum, hat mich echt mitgerissen, und der starke Auftritt am HARDER THAN STEEL 2015 hat mich wirklich umgeblasen. Hier sind echte Könner am Werk! Mit diesem hohen Anspruch ging ich an "Far From Light" heran, und ich habe mir fast ein Dutzend Runden Zeit gelassen, um mich zu einem Review durchringen zu können.
Mit dem manchen sicher schon bekannten 'Hadrian Carrying Stones' beginnt die Scheibe mit einem epischen Meisterwerk; die abwechslungsreiche Nummer besticht durch die feinen Gitarrenleads, den im Vergleich zur EP deutlich verbesserten Gesang und die wunderbar warme Produktion. Nur um das klargestellt zu haben: Wir bewegen uns hier auf ATLANTEAN-KODEX-Qualitätsniveau! 'They That Walk The Night' ist vielleicht noch einen Tick besser als der Opener - unfassbar, wie Sänger A. Vornam sich nochmal verbessert hat. Hier gibt es relativ klassischen Heavy Metal, der so auch auf einem DARK-FOREST-Album mithalten könnte. 'Frozen Goddess' ist einen Tick schwächer. Der Song braucht etwas, um in die Gänge zu kommen. Keine Frage: Die Nummer ist auch stark, wirkt im Drumming aber ein wenig eintönig und ist nicht ganz auf den Punkt komponiert. So wird das 10-Punkte-Niveau der ersten Nummern nicht ganz gehalten.
Mit 'Gone Astray' folgt ein ruhigerer Track. Normalerweise bin ich kein Fan von balladesken Songs auf Metal-Alben, aber diese Nummer klappt erstaunlich gut. Neben dem gefühlvollen Gitarrenspiel liegt das an den faszinierenden Gesangslinien, die zudem erstklassig auf Scheibe gebannt wurden. 'The Hour Of Dying' durfte ich schon vor den anderen Songs anhören - danke an die Band! Man, was für ein Brett! Da ist es wieder, dieses Gefühl, das in mir schreit: Jhonny! Du hörst einen zukünftigen Meilenstein! Ob mein Gefühl mich trügen wird? Hier gibt es äußerst kraftvollen, trotzdem zutiefst epischen Metal, der emotional packt. Im Text wird auf ganz eigene Art die Kreuzigungsszene betrachtet. Besser als viele White-Metal-Klassiker. Und die mag ich. Alle. Diese zukünftige Live-Hymne ist perfekt arrangiert und wunderbar eingesungen.
'The Kraken' kann diese Nummer nicht toppen. Aber das Gurgeln am Anfang zieht mich zurück in die 80er Jahre, zum "Clash-of-the-Titans"-Film. Euch auch? Wenn nicht - anschauen! Doch zurück zur Musik. Die schlingert sich zuerst geschickt zwischen WHILE HEAVEN WEPT und ATLANTEAN KODEX hindurch, nimmt dann aber noch etwas Fahrt auf und erweckt trotzdem einen leicht doomigen Eindruck. Der Gesang erreicht hier nicht ganz das Niveau der vorigen Nummern, aber dass der Song über eine Spielzeit von über neun Minuten trotzdem fesselt, ist ein Qualitätsmerkmal. Im Refrain ist wieder großes Kino angesagt - und die Gitarrenmelodien sind phasenweise völlig magisch. Zum Ende des Songs fühlt es sich irgendwie an, als wäre die Scheibe abgeschlossen, doch dem ist nicht so.
Mit 'Cimmeria' geht es nochmal in die Vollen. Wenn es nach über zwei Minuten rotzig-speedig abgeht, ist das wunderbar, davor empfinde ich das präludierende Gedudel als etwas zu lang. Neben der Todesstunde ist das die härteste Nummer des Albums, und das haben die Jungs eigentlich genauso drauf wie die epischen Klänge. Auf dem Langspieler kommt dieser Aspekt etwas kurz, so dass ich mir für die nächste Veröffentlichung eine zusätzliche härtere Nummer wünsche. Ohne das lange Intro hätten wir noch mal ein absolutes Highlight, so ist der Song "nur" sehr stark.
Mit 'Earendil' gibts noch einen Nachschlag. Der Seemann kommt mit Wellen angerauscht; ob er gerade in Valinor ankommt? Das Gezupfe auf der Gitarre fasziniert, lässt aber eher an die letzten Tage in Beleriand schließen. Doch das ist Hypothese. Die Texfragmente, die ich identifizieren konnte, deuten auf die Hoffnung in der Luft an - Earendil mit dem Silmarill. Eine wunderbare, träumerische Nummer, die (auf eine andere Art) an die Mystik von WYTCH HAZEL erinnert.
Die Tatsache, dass man der Scheibe die recht lange Spielzeit (knapp 60 Minuten) nie anmerkt, und dass es eines der schönsten Artworks der letzten Jahre hat, runden ein hochklassiges Debütalbum ab. Wer sich dachte, dass da 2016 mit WYTCH HAZEL, SPELL, SEVEN SISTERS oder ETERNAL CHAMPION die Messlatte hochgelegt hat, kann beruhigt sein - mit Scheiben wie dieser zieht 2017 nach. Diese Platte sollte in vielen Jahres-Top-10-Listen landet. Glaubt mir: Sie hätte es auf jeden Fall verdient.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Jonathan Walzer