LYRANTHE - Oculus Inferno
Mehr über Lyranthe
- Genre:
- Progressive Metal
- Label:
- Just For Kicks
- Revolutionary Man
- Darkened Days
- Pharaoh`s Call
- The Hours
- Paraphilia
- Oculus Inferno
- Requiem For A Dreamer
- There Will Be Gone
Quasi aus dem Nichts tauchen LYRANTHE aus Seattle mit ihrem Werk "Oculus Inferno" bei mir auf. Wer bei dem Titel des Albums - wie ich - an Schwarzmetallisches denkt, wird bereits nach wenigen Sekunden eines Besseren belehrt. Der Fünfer ist eindeutig der progressiveren Gattung zuzuordnen, was nicht zuletzt bereits anhand der extremen Spiellängen der einzelnen Songs hätte vermutet werden können. So ist der Titelsong mit einer Spielzeit von fünf Minuten und fünfzig Sekunden der mit Abstand (!) kürzeste Titel dieses Rundlings, der damit auf eine beachtliche Länge von knapp 70 Minuten kommt.
Hatte ich oben bereits von progressiven Klängen gesprochen, so kann ich das noch ein wenig weiter eingrenzen: LYRANTHE verwenden keine Keyboards und sind somit keine DREAM THEATER-Klone. Viel eher erinnern sie mich an THE QUIET ROOM. Leider teilen sie sich mit denen auch ein Hauptmanko. Ihre langen Songs wollen nämlich anfänglich so gar nicht zünden, was nicht zuletzt auch am etwas drucklosen Sound liegt. Hat man sich daran gewöhnt und ist wirklich gewillt, sich mit dieser relativ schwer zugänglichen Mucke intensiver auseinander zu setzen - ich empfehle den Gebrauch von Kopfhörern -, dann wird man nach einigen Umdrehungen feststellen, dass LYRANTHE hier einige extrem faszinierende Nummern versilbert haben. Dass man mit 'Revolutionary Man' nun ausgerechnet eine extrem anstrengende Komposition an den Start gesetzt hat, erhöht die Motivation nicht unbedingt, aber allen Freunden vertrackter Gitarrenakrobatik, die auch vor hohen Sangesklängen nicht zurückschrecken, sei dringend empfohlen, sich aufzuraffen und hier mit offenen Ohren ans Werk zu gehen.
Spätestens bei 'Pharaoh's Call' werdet ihr merken, wie gut die Band eigentlich ist. Hier werden schöne Satzgesänge eingeflochten und atmosphärische Passagen wechseln sich mit recht heftigen Parts ab, die sogar richtig nach vorne drücken (würden). Lediglich die Soloeinlagen klingen in meinen Lauschern gewöhnungsbedürftig. Hier ist der Sound wirklich etwas seltsam.
An einigen Stellen werden gar Erinnerungen an göttliche HEAVEN'S CRY wach. Klar, von deren Standard sind LYRANTHE noch einige Lichtjahre entfernt, aber 'The Hours' hat beispielsweise extrem hohes Hitpotenzial. Hier beweist auch Sänger Walter Ballard jr., dass sein Organ kraftvoller ist, als ich es anfänglich vermutet hatte. Ich nehme mal stark an, dass die Jungs live weitaus druckvoller klingen werden als auf dieser Konserve. Alleine der düstere Mittelpart dieser Nummer klingt extrem klasse. Davon hätte ich gern mehr gehört.
Auf der anderen Seite muss man der Band aber auch den Hang zu Überlängen attestieren. So will das instrumentale Titelstück so gar nicht aus dem Quark kommen. Hier fehlt eindeutig Drive oder Groove und Konsorten. Halt irgendwas, das den Popo zum Wackeln bringt.
Umso erstaunlicher ist dann die Tatsache, dass ausgerechnet das knapp 13-minütige 'Requiem For A Dreamer' vom Start weg sehr heftig abgeht. Selbst der Gesang ist hier extrem aggressiv, was angenehm ins Ohr geht.
Insgesamt ein interessantes Album, das in besserem Soundgewand sicherlich weitaus gewaltiger kommen würde. So bedarf es halt einiger Gewöhnungszeit, sich mit dem sterilen Klang anzufreunden, der den teils etwas anstrengenden Kompositionen noch mehr Kopflastigkeit aufdrückt. Schade, denn die Musik ist eigentlich sehr emotional. Wer gern etwas Zeit in ein Album investiert, sollte hier auf jeden Fall einige Durchläufe wagen.
Anspieltipps: Pharaoh's Call, Requiem For A Dreamer
- Redakteur:
- Holger Andrae