MANOWAR - The Final Battle I
Mehr über Manowar
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Magic Circle Entertainment / Alive
- Release:
- 29.03.2019
- March Of The Heroes Into Valhalla
- Blood And Steel
- Sword Of The Highlands
- You Shall Die Before I Die
Sie sind zurück: Cineastischer, breitwandiger und überhaupt...?
Mittlerweile wissen wir ja, dass die seit gut zwei Jahren laufende MANOWAR-Tour allein aus dem Grunde unter dem Motto "The Final Battle" läuft, dass das neue Album eben diesen Titel trägt. Wenn ihr gedacht haben solltet, dass es sich hierbei um eine Abschiedstour handle, dann seid ihr einfach Narren. Hat doch niemals jemand behauptet, oder Joey? Wie war das noch gleich, mit der Tour, und mit dem neuen Album? Vier neue Songs? Klar, mehr Material in dieser bestechenden Qualität hättet ihr der Welt auf einmal nicht zumuten können, und daher ist es verständlich, dass das neue Album auf drei EPs verteilt werden musste, denn wer will die Fans schon überfordern? So liegt sie nun also vor uns, diese neue, vermeintlich alles überragende EP namens "The Final Battle I", wie üblich geziert von einem sehr schönen Ken-Kelly-Artwork, das allen Feinden der Band direkt die Wirbelsäule aus dem Leib zieht. Die vier enthaltenen Stücke sind, grob zusammengefasst, ein orchestrales Intro, ein für die Band typischer Midtempo-Stampfer, eine epische Powerballade mit ansehnlichem Kitschfaktor und ein düster-zäher, experimenteller, schleppender Song zum Schluss, bei dem Joey DeMaio erstmals für einen kompletten Longtrack die alleinigen Leadvocals übernimmt. Wenn euch diese Rahmendaten bereits ausreichen, das Scheibchen abzuhaken und MANOWAR zu attestieren, sich erneut unterboten und demontiert zu haben, dann lest nicht weiter. Falls es indes euer Interesse doch noch wecken sollte, dann geht mit mir mal ein wenig tiefer in die einzelnen Tracks hinein:
Eröffnet wird der erste Akt der letzen Schlacht von 'March Of The Heroes Into Valhalla', einem gut zweieinhalbminütigen instrumentalen Stück mit massiger Orchestrierung, das sich stilistisch an den Soundtrack zu "Pirates Of The Caribbean" anzulehnen scheint und ganz getreu dem uralten DeMaio'schen Fetisch ein paar Inspirationen von Wagners "Holländer" bezogen haben dürfte. Jedenfalls spürt man förmlich die Gischt sprühen, während das Schlachtschiff schwer und sturmgepeitscht über die Wellen reitet. Das Stück ist sehr dynamisch und baut ordentlich Dramatik auf, so dass es sich auch ganz hervorragend als neues Tourintro eignet, was die laufende Tour bereits bewiesen hat. Die Orchester- und Chorarrangements dürften zwar wie gewohnt zur Gänze aus der Konserve sein, doch klingen sie weitaus weniger künstlich, dafür lebendiger und druckvoller als vergleichbare Interludien auf "Warriors Of The World" und "Gods Of War", so dass man MANOWAR wenigstens im Punkt des Klangs der Orchestrierungen schon mal einen großen Fortschritt attestieren kann.
Der erste richtige Song ist dann 'Blood And Steel', ein ganz klassischer MANOWAR-Rocker mit anfangs entspanntem Midtempo-Drive und finaler Steigerung in der Machart von 'Number One', 'Hand Of Doom' oder 'Manowarriors'. Bridge und Refrain haben starke Hooks und Eric singt ganz hervorragend, inklusive einiger Screams, die er so extrem nicht mehr allzu häufig bringt. Was nach dem Orchesterintro nun auch die regulären Songs beweisen, das ist, dass sich die Band in Sachen Produktion gegenüber dem Vorgängeralbum und der "Gods Of War"-Phase wirklich deutlich gesteigert hat. Der Sound der Nummer ist nicht mehr so massiv basslastig, der Mix ist homogener, und der ganz große Bonuspunkt ist meines Erachtens, dass E. V. Martels Gitarre viel prominenter abgemischt ist als zuletzt jene von Karl Logan. Das weiß der junge Brasilianer auch gut zu nutzen, denn die Riffs und Leads sind ein echter Bonus und lassen den Song natürlicher wirken und besser atmen als dies auf den letzen beiden Studioalben der Fall war. In meinen unvollkommenen Ohren gilt dies auch für das Schlagzeug von Anders Johansson. Joey DeMaios Homerecording-Fähigkeiten und Kompetenzen als Produzent der eigenen Musik scheinen also noch im Wachsen begriffen.
Die Powerballade 'Sword Of The Highlands' zeigt ebenfalls eine altbekannte Facette von MANOWAR, die manche für die stärkste, andere für die problematischste Seite der Band halten, und wenn ich ehrlich bin, dann ist beides nachvollziehbar, denn kaum eine Band greift so tief in den Topf mit Pathos und Kitsch, wenn es ans Intonieren anrührender Heldenballaden geht, wie Eric, Joey & Co seit 1987. Das ist auch dieses Mal kein Stück weit anders, wenn uns die Band in die schottischen Highlands entführt, mit einer Leadmelodie und einem Intro mit Hornpipe, das nicht wenige an wahlweise Loreena McKennitt oder das Auenland-Thema aus dem Soundtrack zu "Der Herr der Ringe" erinnert. Hier indes von Abkupferei zu sprechen, ginge mir deutlich zu weit, eine gewisse Inspiration scheint aber durchaus vorhanden zu sein. Das ist auch in Ordnung, denn es passt hervorragend zur intendierten Stimmung und Thematik des Stückes, das einen sehr ähnlichen Charakter hat wie einst 'Courage' oder 'Swords In The Wind' und von mir einen ganz besonderen Bonuspunkt dafür bekommt, das legendäre Charlton-Heston-Zitat "from my cold dead hands" in den Refrain eingearbeitet zu haben. Was des einen erhabener Pathos ist, das ist des anderen schunkeliger Schmalztopf, und das ist auch gut so. Mir gefällt's, und zwar verdammt gut, und es ist tatsächlich einfach typisch MANOWAR, wie man die Band seit mindestens 30 Jahren kennt.
Kommen wir damit zum letzten Stück, dem gefürchteten 'You Shall Die Before I Die', denn Joey DeMaio hat uns schließlich damit gedroht, es selbst zu singen, was er nun auch getan hat: selbst und allein. Mit einem Anflug von 'Carmina Burana' und "The Omen"-Soundtrack in den Orchstrierungen und Chören serviert uns das Quartett hier ein Stück, das in die angeschwärzte Reihe der diabolischen Doomnummern der Band gehört, die einst Stücke wie 'Dark Avenger', 'Hatred', 'Bridge Of Death' oder 'Burning' hervorgebracht hat und die erst kürzlich mit 'Black List' wieder aufgegriffen wurde. Der neue Song ist ein weiteres Exponat dieser Art, und es ist natürlich gewöhnungsbedürftig, sechs Minuten lang keinen Eric Adams zu hören, sondern nur den guten alten Joey und seinen grugelnden Stimmverzerrer in halb rezitativen, halb sprechgesungenen Passagen voller Grimmigkeit und Abscheu. DeMaios Dank an den Black Metal, dass er sich mehr von ihm inspirieren hat lassen, als die meisten glauben? Vielleicht. Das Stück hätte für meinen Geschmack noch deutlich gewinnen können, wenn Joey nicht komplett allein gesungen hätte, sondern als Kontrastpunkt auch Erics Stimme mit eingebunden hätte. Eric Adams ist einfach zu gut, als dass man die Chance verschenken könnte, ihn bei jedem Song einzusetzen. Dennoch weiß 'You Shall Die Before I Die' zu gefallen, die dunklen Riffs und Akkordfolgen sowie die hypnotischen Bassläufe passen gut zu den zerstörerischen Gesangselementen und werden auch variiert, weshalb es gar nicht so stark ins Gewicht fällt, dass zum Ende hin im Prinzip nur noch der Songtitel wiederholt wird. Hier wird ähnlich agiert wie vor einigen Jahren bei 'Black List' und es wird trotz einer gewissen Perseveration nicht langweilig. Für mich ist es eine kleine Referenz an jenen Black Metal, der seinerseits von MANOWARs finsteren Perlen beeinflusst war, wie etwa NECROMANTIA oder HADES (ALMIGHTY). Das wird Joey DeMaio nicht so beabsichtigt haben, dennoch wirkt es so.
Was bleibt am Ende, wenn sich der Rauch verzogen hat? Nun, einfach, dass es einmal mehr schön ist, dass es diese Band noch gibt, und dass sie noch kreativ ist. Schon allein, weil sie die Szene und die eigene (ex-)Fangemeinde wie keine zweite zu spalten vermag. Natürlich ist "The Final Battle I" nicht diese Supernova, die Joey aus ihr macht, und vermutlich hätte die Welt sogar auch dann weiter existiert, wenn die Band mit zehn Songs auf einmal aus dem Kreuz gekommen wäre. Die neue EP zeigt allerdings auch ohne rosa Brille und pelzige Fellfanunterhose, auf jeden Fall eine in Sachen Sound gegenüber den letzten drei Releases mehr als deutlich verbesserte Band, die uns endlich wieder mehr Gitarre gibt und uns ansonsten halt ein Bombast-Intro serviert, dazu zwei für die Zeit ab 1996 archetypische MANOWAR-Songs unterschiedlicher Machart, die kompositorisch und musikalisch nicht nach oben, aber auch ganz und gar nicht nach unten ausreißen, und ein ungewöhnliches Stück zum Ende, das sicher die Geister scheiden wird, mehr noch als Vieles, was die Band sonst so tut.
Andere mögen es hassen und MANOWAR attestieren, sich erneut unterboten zu haben. So vorhersehbar wie unvermeidbar. Mir macht es dafür riesige Freude: Die Single läuft innerhalb einer Woche bestimmt bald zum fünfzigsten Mal, bei konstanter Begeisterung, weshalb ich inständig zu den Göttern des Stahls bete, dass auch "The Final Battle II" und "The Final Battle III" alsbald das Licht der Welt erblicken werden: Joey, wir werden das überstehen. Ehrlich!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle