MARS VOLTA, THE - Frances The Mute
Mehr über Mars Volta, The
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- Universal/Universal
- Release:
- 21.02.2005
- Cygnus ... Vismund Cygnus
- The Widow
- L'via L'viaquez
- Miranda That Ghost Just Isn't Holy Anymore
- Cassandra Gemini
Kann man einen Geniestreich wiederholen? THE MARS VOLTA beweisen es mit ihrem zweiten Album eindrucksvoll, ohne sich selbst zu kopieren. Progressiver Konzeptrock mit Kunstanspruch in Vollendung.
"Frances The Mute" ist ein verstörendes psychedelisches Puzzle aus Ideen, Stilen, Ländern, Formen, Farben möchte man fast hinzufügen, das mittels fünf Songs, jeweils unterteilt in Einzelparts, schon vor dem ersten Hören klar macht: Das hier wird nicht einfach. Das hier ist ein Konzeptalbum. Das hier hat den unbedingten Anspruch, Kunst zu sein.
Und tatsächlich steigen THE MARS VOLTA, wie könnte es anders sein, mit dem zerfahrensten Stück ein, das diese Platte zu bieten hat: 'Cygnus ... Vismund Cygnus', dreizehn Minuten Verwirrung nach einem zerfließenden Akustik-Intro, wechselnde, überschaubare Stakkato-Rhythmik, dann ruhige Zwischentöne, gefolgt von einem fiebrigen, schnellen Solo, der Trip hat begonnen. Man merkt schnell, dass auf dieser Platte die Zugangswege nicht verschlossen, sondern eher zugemauert wurden, zugesponnen von klebrig-desorientierenden Gitarrenfäden, die aus allen Ecken und Ende kriechen. Man kann dagegen ankämpfen und sich ausichtslos darin verlieren – oder sich mit Genuss darin verirren und treiben lassen.
THE MARS VOLTA spalten diesesmal endgültig, und wollen eben dies hörbar auch. "Frances The Mute" ist gewissermaßen ihr persönliches "Kid A", verstörte Toncollagen in Massen inbegriffen. Ob das nun Artrock pur oder akustisch-zufällige Langeweile ist, muss jeder Hörer für sich entscheiden, das Konzept in sich ist allerdings hermetisch abgeschlossen. Es sind aber nicht die Intermezzos: Wo die Songs auf "De-Loused In The Comatorium" noch eine wenigstens partielle Bodenhaftung, klebend an klassischen Progressive-Rock-Mustern, hatten, gähnt jetzt nur noch ein leerer, psychotisch anmutender Abgrund: 'Miranda, That Ghost Isn't Holy Anymore', der Song mit den viel zitierten Froschgezwitscher-Sounds im Intro, das wohl am leichtesten zu unterschätzende Stück dieser Platte, gibt mitreißend und doch vergleichsweise sanft die Innovationsrichtung vor; der unglaublich intensive 30-Minüter 'Cassandra Gemini' zeigt in erstaunlich geschlossener Form, wie das Ganze in formvollendeter Perfektion klingt und 'The Widow' beweist in (für Mars Volta-Verhältnisse) kurzen sechs Minuten, wie sich die Band anhören könnte, wenn sie einen Bezug zur konventionelleren Ecke ihres Genres herstellen wollte. Wobei die Begriffe "Konvention" und "Genre" hier sehr relativ zu sehen sind, denn im Grunde sind THE MARS VOLTA die Antithese dessen, was man als Rockmusik im Allgemeinen kennt.
Man höre das alles in sich vereinigende 'L'Via L'Viaquez'. Man staune über den Song, der die Stimmung der Platte am besten zusammenfasst, der sämtliche Latino-Elemente zusammenfließen lässt und in offener, genialer Form wiedergibt. Ein zweites 'Drunkship Of Lanterns' oder 'Televators' haben THE MARS VOLTA auf "Frances The Mute" nicht geschrieben. Wofür auch? Dieses Mal zählt die ganze Platte als Einheit. Und die ist fast noch visionärer als beim letzten Mal.
Erster klarer Anwärter auf den Titel der Platte des Jahres.
Anspieltipp: The Widow
- Redakteur:
- Sebastian Baumer