MAYHEM - Daemonic Rites
Mehr über Mayhem
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Century Media Records
- Release:
- 15.09.2023
- Intro
- Falsified And Hated
- To Daimonion
- Malum
- Bad Blood
- My Death
- Symbols Of Bloodswords
- Voces Ab Alta
- Freezing Moon
- Pagan Fears
- Life Eternal
- Buried By Time And Dust
- Silvester Anfang
- Deathcrush
- Chainsaw Gutsfuck
- Carnage
- Pure Fucking Armageddon
Auch live eine absolute Macht!
In den fast vierzig Jahren, in denen MAYHEM jetzt schon besteht, veröffentlichte man nicht gerade wenig Material. Obwohl sechs Studioalben in dieser Zeit nicht allzu viel sind, gibt es darüberhinaus eine Vielzahl von Demos, Rehearsals, Compilations, EPs und natürlich Livealben von der Band. Bekannt sind die Norweger natürlich für "Live in Leipzig", das wohl in der Geschichte des Black Metals als wichtigstes Livealbum gelten darf, zumal es auch eine der professionellsten Aufnahmen mit Dead am Mikro und Euronymus an der Gitarre ist. Übrig von diesem legendäre Line-up, das 1990 die berüchtigte Tour durch Ostdeutschland mit Stationen in Leipzig, Zeitz und Annaberg-Buchholz, und auch später in der Türkei beging, sind heute auch noch zwei Mitglieder, die das ganze Chaos der Anfangstage der zweiten Welle irgendwie gut überstanden haben und bis heute die Grundpfeiler der MAYHEMschen Soundwand sind: Hellhammer, der wohl zu den begnadetsten Schlagzeugern des Genres gehört und das nicht, weil er unbedingt der Allerschnellste wäre. Nein, weil sein vom Jazz beeinflusstes Spiel nur so von Spielgefühl und Spielwitz strotz und Necrobutcher, der den Tieftöner bedienen darf und wie sich im Verlauf von "Daemonic Rites" zeigen wird, eine absolut wichtige Rolle im Klang der Norweger spielt.
Neben den Gitarren, die von Teloch und Ghul eingespielt werden, die beide vor elf bzw. zwölf Jahren zur Band gestoßen sind, ist Attila Csihar nach wie vor das absolute Alleinstellungsmerkmal, der als Zeremonienmeister agiert und immer noch variabel die philosophisch-okkulten Aussprüche herauskeift und so der ganzen Verrücktheit der Musik mit seiner Vokalleistung die Krone aufsetzt. Und in dem Sinne ist "Daemonic Rites" eine sinnvolle Addition zur reichhaltigen Diskographie der Band, um zeigen, wie man in der x-ten Inkarnation der Besetzung denn aufeinander eingespielt ist, agiert und alte Klassiker, die jeder Fan des Genres im Schlaf können muss, heutzutage interpretiert. Natürlich besteht das aktuelle Livealbum nicht nur aus Klassikern, denn das letzte derartige Livewerk zu "De Mysteriis Dom. Sathanas" liegt nicht weit zurück, bei dem das komplette Debüt live eingespielt wurde. Und so finden sich heuer nur vier Songs, die man in diesem Fünfergespann schon von den Norwegern auf Platte gehört hat, auf diesem Album. Natürlich dabei ist der wahrscheinlich größte Hit der Band 'Freezing Moon', der von den ebenso superben 'Pagan Fears', 'Life Eternal' und 'Buried By Time And Dust' unterstützt wird. Dabei zeigt sich wie vorhin angesprochen in 'Life Eternal' die ganze Klasse Necrobutchers, der zu den Riffs der Gitarre mit dem Bass eine gegenläufige Melodie spielt, welche die melancholisch-mantrische Seite des Debüts, die für mich dort ganz klar vorhanden war, aufzeigt.
Abgesehen davon und von den Songs der "Daemon"-Scheibe findet man auf "Daemonic Rites" nur Songs, die man in dieser Konstellation noch nicht gehört hat, wobei es vielen in dieser Sache wohl um Attilas Stimme auf Songs, die im Original von Maniac eingesungen wurden, geht. Besonders spannend sind dabei Songs wie 'To Daimonion' und 'Symbols Of Bloodswords', in denen Maniac auch Klargesang verwendet, die dann von Attila halt auf seine Weise interpretiert werden, was aber dieses Livealbum zu einer spannenden Sache macht. Denn dadurch, dass die Band über die Zeit und in vielen Besetzungen derartige Formate herausbrachte, hat man als Fan oder jemand, der sich intensiver mit der Band beschäftigen will, ziemlich viele spannende Veröffentlichungen und Quellen, die über die typischen hinausgehen. In dieser Weise sang auch Maniac auf der "Live In Marseille 2000" Songs, die für Attila bestimmt waren, während Dead auf der "Live In Leipzig" Songs sang, bei denen später auf der "De Mysteriis Dom Sathanas" die Stimme von Attila zu hören ist.
Auf "Daemonic Rites" wird dabei gekonnt durch verschiedene Schaffensphasen der Band geführt, indem auch das Konzert so gesehen, in verschiedene Parts eingeteilt ist. Die Tracks 2-8 sind allesamt nach dem Debüt erschienen, während Tracks 9-12 von eben jenem sind und man mit den letzten fünf Tracks die ersten Songs der Bandgeschichte zum Besten gibt. Diese Aufteilung lässt die Entwicklungen, welche die Band gemacht hat, gut erkennbar werden, wobei man sich gerade im ersten Teil vor allem auf die (leider noch immer) aktuelle “Daemon” konzentriert, aber auch "Chimera", "Grand Declaration Of War" und "Wolf’s Lair Abyss" mit jeweils einem Song streift. Leider wurden gerade die beiden ziemlich verrückten Werke "Ordo Ad Chao" und "Esoteric Warfare" komplett außen vor gelassen, was ich etwas schade finde, da man gerade auf zweiterer auch Songs hat, die in der Vergangenheit die Gunst des Publikums gefunden haben. Ich sag nur 'Psywar'.
Da wir schon bei Kritik sind, muss auch erwähnt werden, dass "Daemonic Rites" nicht aus einem zusammenhängenden Konzert besteht, sondern vielmehr aus Aufnahmen besteht, die auf der "Daemon"-Tour mitgeschnitten wurden, was einerseits möglicherweise die beste Performance pro Song ermöglicht, meiner Meinung nach aber die Konzertatmosphäre irgendwie abhanden kommen lässt, obwohl natürlich letztendlich das Ganze so geschnitten ist, dass man die knapp 80 Minuten denkt, es handele sich um ein einziges Konzert, würde man nicht auf die Ansagen zwischendurch, die sich auf die jeweiligen Städte beziehen, achten. Wie gesagt, wenn man nicht daran denkt, stört es einen nicht wirklich, aber ich finde diese fehlende Ortsgebundenheit irgendwie als zumindest ein wenig störend, zumal das unter den acht (oder je nach Zählweise neun) Livealben das erste dieser Art sein wird.
Abgesehen von diesen beiden Kritikpunkten, wovon einer wohl ein eher schwächerer ist, da die Setlist in dieser Ausführung ziemlich gut passt und auch die Songs in sinniger Reihenfolge auf dem Album zu finden sind, entsteht ein guter Fluss, der die achtzig Minuten Spielzeit ziemlich kurz werden lässt. Darüberhinaus war, zumindest für mich, gerade der letzte Part immer wieder das größte Highlight, bei dem sich der Energiespiegel nochmal erhöht, wenn Songs wie 'Carnage' oder 'Chainsaw Gutsfuck' ertönen. Dass dann diese Machtdemonstration mit einem der Kultsongs der Band schlechthin auf einem Hoch endet, lässt mich dann doch recht versöhnlich auf "Daemonic Rites" zurückblicken, das dem Trend, einzelne mitgeschnittene Songs zu einem Album zusammenzufügen (siehe CRADLE OF FILTH) geschuldet, wohl nicht den Status anderer Livealben der Band erreichen wird, jedoch zeigt, dass MAYHEM auch 2023 noch angriffslustig unterwegs und eine absolute Macht ist, wenn es darum geht, Songs, die im Studio brilliant funktionieren, auch auf den Bühnen der Welt angemessen und voller Energie zu interpretieren.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Kenneth Thiessen