MAYHEM - Deathcrush
Mehr über Mayhem
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Posercorpse Music
- Release:
- 16.08.1987
- Silvester Anfang
- Deathcrush
- Chainsaw Gutsfuck
- Witching Hour (VENOM-Cover)
- (Weird) Manheim
- Pure Fucking Armageddon
Die rohen, punkigen und urgewaltigen Wurzeln des Black Metals!
Manche mögen es gehört haben, aber den Wenigsten ist es wirklich bewusst: MAYHEM waren schon Mitte der Achtziger aktiv. Richtig bekannt wurde die Band ja erst im Zuge der zweiten Black-Metal-Welle, die 1991 von DARKTHRONE, BURZUM und ein paar anderen losgetreten wurde. Dabei waren Euronymous, Necrobutcher, Maniac, Messiah und Manheim an sich schon Teil der ersten Black-Metal-Welle, auch wenn sie damals nicht viel Zählbares heraus gebracht haben. Quantitativ. Qualitativ war das durchaus anders, denn das Vinyl-Debüt "Deathcrush" ist aus meiner Sicht ein Werk, das nicht nur seiner Zeit weit voraus war, sondern bis heute niemals kopiert oder in seiner rohen, abartigen Extremität übertroffen wurde.
Schon das bizarre Pauken-Elektronik-Intro des deutschen Komponisten Conrad Schnitzler (TANGERINE DREAM, CLUSTER u.a.), welches dieser speziell als Freundschaftsdienst für Euronymous geschaffen hat, erzeugt eine wahnhafte und beklemmende Stimmung, die sehr eigenwillig ist und MAYHEM noch heute als Intro zu den Konzerten dient. Mit dem folgenden Titelstück setzt ein Gitarrensound ein, der nicht von dieser Welt ist. Für manche mag das schrottig klingen, aber es passt perfekt zu den reduzierten, punkigen und doch extremen Riffs, und zu der wild knatternden Rhythmusgruppe, die man erstaunlicher Weise gut raushören kann. Den Gesang teilen sich Session-Sänger Messiah und einer der extrovertiertesten und bizarrsten Frontleute aller Zeiten: Maniac. Er übernimmt mit vier Songs den Löwenanteil und gibt der Scheibe ihr Gesicht. Seine hysterischen Screams sind aber auch ein weiterer Knackpunkt. Man kann sie fast nur lieben oder hassen.
'Chainsaw Gutsfuck' ist getragener, rhythmischer - ein richtiges Headbang-Stück; das VENOM-Cover 'Witching Hour' halbwegs objektiv betrachtet sehr schrottig, aber doch auch ein netter Wink in Richtung der Vorbilder, von denen MAYHEM mit Sicherheit die punkigen Vibes und den sympathischen Dilletantismus übernommen haben. Wie auch bei VENOM ist dies jedoch eine Art von Dilletantismus, der ob seiner Originalität und mitreißenden Kraft massive Akzente setzte. 'Necrolust' bietet kakophonisches Gedresche in Highspeed, bevor das Ambient-Instrumental 'Weird Manheim' schon früh auch diesen späteren Bezug der Black-Metal-Szene vorwegnimmt. Es dient als Einleitung zum abschließenden Smasher 'Pure Fucking Armageddon' (hier singt Messiah), der sowas von "in the face" ist, dass mehr nicht geht. Auch heute noch ein Standard der Band.
Handwerklich mag "Deathcrush" ziemlich schlecht sein, doch das war SODOMs "In The Sign Of Evil"-EP auch. Mit ihr kann man das MAYHEM-Frühwerk irgendwie vergleichen. Beide loten die Extreme aus, beide sind ihrer Zeit voraus und beide überzeugen weit mehr durch Energie und ungestüme Urgewalt als durch instrumentales Können. Für "Deathcrush" jedenfalls gilt, dass es - vermutlich ohne ein entsprechendes Bewusstsein der Band - so intensiv ausstrahlte wie kaum eine andere Extrem-Metal-EP in der zweiten Hälfte der Achtziger.
Das Original ist das 1987er-Vinyl des Labels Posercorpse, das aufgrund eines Druckfehlers in rosa erschienen ist. Die ursprünglich in einer 1000er-Auflage erschienene Version ist heute sehr rar und teuer. Als Euronymous im Zuge der neuen Black-Metal-Bewegung sein eigenes Label Deathlike Silence Productions (DSP) gründete, erschien 1993 eine Neuauflage als Vinyl und als CD, dieses mal wie beabsichtigt in Rot. Das Vinyl hiervon ist ebenfalls sehr selten. Von der Scheibe gibt es drei fast identische CD-Versionen, die nach wie vor unter dem DSP-Label vertrieben werden und sich kaum unterscheiden. Alle erschwinglich. Außerdem gibt es unzählige halb- und ganz-inoffizielle Boots und Graupressungen in allen möglichen Vinyl-Formaten; jüngst auch wieder eine schöne Version offiziell über "Back On Black"-Records als farbiges 180g-Vinyl im Gatefold.
Black-Metal-Freaks werden das alles natürlich längst wissen, aber vielleicht kommt ja doch noch jemand von euch auf den Geschmack. Ich selber habe das Mini-Album natürlich erst mit dem 1993er-Rerelease kennen gelernt, aber ich weiß noch, wie sehr mich das im nicht mehr ganz zarten Alter von 18 Jahren beeindruckt hat. Es war und ist krass, einzigartig und mitreißend. MAYHEM hat mich seither nie mehr losgelassen. Beachtlich ist auch die Entwicklung, welche diese Band über die Jahre durchgemacht hat. Vom punkigen und infernalischen Rumpelkommando zur technisch perfekten und kompositorisch völlig abgedrehten Avantgarde. Immer jedoch eines: Einzigartig! Daher auch die volle Punktzahl, die - gemessen an objektiveren Maßstäben - sicher auch einiges niedriger ausfallen könnte. Aber für mich ist diese abartige Krawallbombe einfach perfekt!
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle