MAYHEM - Grand Declaration Of War
Mehr über Mayhem
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Season Of Mist / Soulfood
- Release:
- 29.04.2000
- A Grand Declaration Of War
- In The Lies Where Upon You Lay
- A Time To Die
- View From Nihil
- A Bloodsword And A Colder Sun
- Crystalized Pain In Deconstruction
- Completion In Science Of Agony
- To Daimonion
Das nach wie vor innovativste und mutigste Metalalbum des dritten Jahrtausends.
Rückblende: Die Jahrtausendwende liegt knapp hinter uns. MAYHEM sind noch immer Legende, oder wieder? In jedem Fall eine auferstandene Legende. Heerscharen an wahrhaftigen Schwarzheimern warten ungeduldig auf das erste vollständige Studioalbum seit über sechs Jahren. Was vorher wenige ahnen: Das Album wird ein Wendepunkt sein, das scharfe Messer, welches die Fangemeinde zerteilen wird, der Keil, der das Black-Metal-Lager spalten soll. Waren sie früher ein charismatisches Rumpelkommando, präsentieren sich MAYHEM anno 2000 als Perfektionisten erster Ordnung, besonders Drummer Hellhammer ist ein Meister seines Fachs geworden. Kaum eine Metal-Platte kann ein derart vielseitiges und komplexes Drumming aufweisen. Das Zusammenspiel ist tight wie nie zuvor und die Songstrukturen sind an Abwechslung kaum zu überbieten. Der Titelsong bietet stampfenden Metal mit vielen Breaks, militärisch anmutender Snaredrum, Stakkato-Riffs und bedrohlich heiserem Gesang, während 'In The Lies Where Upon You Lay' urwüchsiger wirkt, man lehnt sich in puncto Gitarren teilweise stärker am Black Metal an, geht dafür aber extrem abwechslungsreich zu Werke: Tempowechsel, klarer, fast gesprochener Gesang mit viel Pathos wechselt mit typischem Maniac-Gekeife und geht mit diesem auch ein Duett ein. 'A Time To Die' bietet dann endlich auch was für die Anhänger der "De Mysteriis"-Phase, allerdings wurde auch hier das Grundgerüst in Form traditionellen nordischen Metals mit neuen Elementen angereichert: Durch Breaks und kurze Soloeinlagen mit dem Schlagzeug entsteht ein kraftvoller Mix, der die Wurzeln der Band klar erkennen lässt.
Sodann folgt mit 'View From Nihil' ein weiteres Highlight: Aus dem anfänglich leicht angezerrten Gesang Maniacs spricht der pure Wahnsinn, der dunkle Horden zu metallischer Marschmusik in die letzte Schlacht führt, die dann infernalisch im Stile der "Wolf's Lair Abyss"-MLP über uns hereinbricht. Nach dieser Schlacht samt atomarem Vernichtungsschlag beginn eine neue Zeit in Form des vierteiligen 'Il Principe', das von einer finstren Vision eingeleitet wird, die in 'A Bloodsword And A Colder Sun' mündet, ein gewollt steriles und eiskaltes "Techno"-Experiment mit geflüsterten Vocals. Sehr passend, wenn auch überhaupt kein bisschen Black Metal. Dafür lässt es das Wiedererwachen der Welt in einer trostlosen, postapokalyptischen Welt sehr greifbar werden.
Danach wird's aber wieder hart und metallisch, die wiederum wechselnden Gesangsstile bieten old-school Maniac und 'ne ganz dezente Prise Hardcore. Mit 'Completion In Science And Agony' enthält die LP auch ein fast zehnminütiges, unglaublich doomiges Epos, das vom düstren Flair her etwas an SAINT VITUS gemahnt. Gesanglich erhielt man Unterstützung von Øyvind Hægeland (SPIRAL ARCHITECT), was diesen Eindruck noch verstärkt - auch dezente CANDLEMASS-Reminiszenzen sind mit etwas Fantasie wahrnehmbar. Doch natürlich wird hier nicht zehn Minuten lang einfach nur guter Doom Metal geboten, diverse Einschübe, Soli, und Samples sorgen für Abwechslung, und Wutausbrüche mit Maniacs Gesang und schnellem Double-Bass drücken auch diesem Song einen unverkennbaren MAYHEM-Stempel auf. Zum Schluss leitet ein Outro (das zudem noch das genialste Gitarren-Intermezzo enthält, seit es Black Metal gibt) mit Gesang der Marke BATHORY-Chöre treffen auf IMMORTALs Abbath in das finale 'To Daimonion' über. Dieses bietet dann noch mal einen Querschnitt dessen, was Mayhem 2000 ausmacht: Black Metal mit ganz dezenten Industrial-Einflüssen, jeder Menge Aggression, die auf morbiden Pathos trifft, gesangliche Variabilität und einen Drummer der nicht von dieser Welt zu sein scheint. Mit "Grand Declaration Of War" widerlegten MAYHEM eindrucksvoll ihren oft belasteten Ruf, schlechte Musiker zu sein und machen den anderen Soundtüftlern im Black-Metal-Bereich mächtig Dampf. Nur logisch die Konsequenz daraus: MAYHEM werden von der einen Hälfte der Basis als die Erneuerer der BM-Bewegung aufgefasst und noch mehr verehrt als zuvor, von der anderen Hälfte werden sie als Verräter beschimpft und fortan geschmäht. Damit dürften die Musiker aber bereits im Vorfeld gerechnet haben, also ist das halb so schlimm.
Zurück in die Gegenwart: Auch nunmehr sechs Jahre nach seinem Erscheinen ist dieses Album für mich ein absolut empfehlenswertes, ja, im Endeffekt sogar ein völlig unverzichtbares Album, das allerdings schwer verdaulich ist - strotz es doch nur so vor Progressivität und Innovation, was natürlich auf Kosten eingängiger Hass-Hymnen geht. Hat man den Zugang aber erst mal gefunden, lässt einen diese Kriegserklärung nicht mehr los. Besonders das Drumming... aber das hatten wir ja schon.
Anspieltipps: A Grand Declaration Of War, In The Lies Where Upon You Lay, View From Nihil, To Daimonion
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle