MELIAH RAGE - Warrior
Auch im Soundcheck: Soundcheck 06/2014
Mehr über Meliah Rage
- Genre:
- Thrash Metal / Power Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Metal On Metal Records
- Release:
- 24.04.2014
- Warrior
- I Am The Pain
- Stranger To Your Sympathy
- A Dying Day
- These Scars
- Garden Of Evil (Instrumental)
- In Hate
Eine vor Monsterhooks nur so strotzende Lehrstunde in US Power/Thrash.
Die Bostoner Power-Thrasher von MELIAH RAGE unterzeichneten 2011 einen Vertrag mit ihrem neuen italienischen Label, veröffentlichten dort das starke Album "Dead To The World", das sie im Anschluss mit einem Festival-Auftritt beim "Headbangers Open Air" präsentieren wollten, doch dann stieg plötzlich Sänger Paul Souza aus, danach erkrankte Gitarrist Anthony Nichols und es dauerte eine ganze Weile, bis die Band wieder anpacken konnte. Doch nun ist die Zeit des Wartens für die Fans vorbei, denn mit Marc Lopes hat sich ein neuer Frontmann das Mikro geschnappt und mit "Warrior" ist auch endlich das achte reguläre Studioalbum in trockenen Tüchern, und es rockt die Bude, als gäbe es kein Morgen. Ganz ehrlich, ich hatte durchaus mit einer soliden Scheibe gerechnet, aber dass das Album mit dem tollen Klischee-Artwork mir so viel Freude bereitet, das ist dann doch eine Überraschung.
Was macht also den Reiz des Kriegers aus? Nun, ganz einfach, die Band verbiegt sich nicht, sie schwimmt nicht mit dem Strom der Zeit rückwärts in die Achtziger, wie es gerade im Thrash-Untergrund aktuell ja besonders angesagt ist. Aber sie macht auch nicht den Fehler des heftigen Mainstreams ihres Genres, indem alles mit Druck, Lautstärke und steriler Produktion zugeballert wird. Statt dessen klingt "Warrior" wie ein Kind der Neunziger, und zwar ein stählernes Kind der Neunziger. Denn egal wie schlecht dieses metallische Jahrzehnt gerne mal dargestellt wird, gerade der Thrash Metal hat in dieser Zeit etliche Perlen hervor gebracht, die zwar nicht die großen Standards ihres Genres wurden, die aber doch eine ganz besondere Klasse und ihren ureigenen Reiz hatten. So fallen mir als Referenzen, natürlich neben dem eigenen Frühwerk der Bostoner Stahlschmiede, vor allem XENTRIX, ANTHRAX' späte Belladonna-Ära oder WARGASM ein; ja, vielleicht sogar POWERMAD.
Doch es sind nicht nur die nicht gerade alltäglichen stilistischen Referenzen, die für eine hochgezogene Augenbraue sorgen. Nein, das Beste an "Warrior" ist das richtig fies häkelnde Songwriting, das so ziemlich jedem Song eine Hookline verpasst, die sich gewaschen hat und vom neuen Shouter Marc Lopes herrlich bissig und ein wenig schräg eingequäkt wird, obwohl er in seinen hellen Momenten auch zu Screams in der Lage ist, die einem Ripper Owens zur Ehre gereichen würde. Das könnt ihr beim großartigen 'When We Wake' ganz vortrefflich nachhören, und wenn der Herr Nichols dann bei 'A Dying Day' noch mit einem tollen Solo um die Ecke geschossen kommt, das in herrlich melodische Gitarrenleads mündet, dann seht ihr mich strahlen und sogar ein kleines bisschen ausflippen! Auch das eingängige, für MELIAH-RAGE-Verhältnisse beinahe balladeske 'These Scars' geht ganz tief unter die Haut und wäre (mit deutlich nöligerem Gesang, zahnloserer Instrumentalfraktion und angezogener Handbremse) bestimmt ein Highlight auf dem magnetischen Tod deutlich berühmterer Landsleute gewesen.
Ja, so macht mir US-amerikanischer Power/Thrash am meisten Spaß: "Warrior" ist rifforientiert, hat Songs mit einem satten Groove, die aber trotzdem zu keiner Zeit auf melodische Leadgitarren und harmonische Momente verzichten, und außerdem kommt fast jedes Stück mit einem Refrain um die Ecke, der sich direkt ins Hirn bohrt und sich prima mitsingen lässt, ohne dabei flach zu sein. Für mich ist es vielleicht einmal mehr auch der Überraschungseffekt, der hier aus einem rundum bärenstarken Album einen echten Volltreffer macht, so dass ich "Warrior" momentan erst einmal als einen der ganz heißen Anwärter auf die vorderen Plätze der nächsten Jahresauswertung führe.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle