MERCENARY - Metamorphosis
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2011
Mehr über Mercenary
- Genre:
- Melodic Death Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Noiseart Records (Edel)
- Release:
- 25.02.2011
- Through The Eyes Of The Devil
- The Follower
- In A River Of Madness
- Memoria
- Velvet Lies
- In Bloodred Shades
- Shades Of Grey
- On The Edge Of Sanity
- Black Brigade
Phönix aus der Asche?
Never change a winning team? Wohl kaum das passende Motto für MERCENARY. Selbst für Die-Hard-Fans ist es mittlerweile eine Herausforderung, bei der Latte an ehemaligen Mitgliedern den Überblick zu behalten. Dafür bewiesen die Dänen im Laufe der Zeit mehr als einmal das Geschick, aus den Besatzungskarusells schwindelfrei hervorzutreten. Nach "Everblack" taten sich mit dem Weggang von Drummer und Gitarrist gleich zwei Lücken im Line-up auf. Nicht nur fähigen Ersatz fanden MERCENARY, sondern gleich dazu ein neues Label: Über Century Media erblickte ihr Durchbruchs-Album "11 Dreams" das Licht der Welt. Selbst die Trennung von Gründer Kral zwei Jahre später steckten die Jungs locker weg - mehr noch, mit dem Meisterwerk "The Hours That Remain" übertrafen sie jeden bisherigen Output. Die bandinternen Turbulenzen nehmen jedoch kein Ende, im Gegenteil: 2009 steigen gleich drei Mitglieder endgültig aus. Einen so tiefen Einschnitt hat es in der Bandhistorie noch nicht gegeben, zumal diese Spaltung das Resultat langfristiger Differenzen war. Die kleinen Kurswechsel der Vergangenheit haben eine Grundsatzentscheidung aufschieben, aber nicht ersparen können: Welchen Stil weiterverfolgen? Welcher Sound ist das wahre MERCENARY? An diesen Fragen zebrach die bisherige Formation. Da ist das neue Album als Signal zu verstehen: Wir sind zurück, haben uns einmal mehr aufgerappelt, wir haben unseren Weg gewählt. Wohin dieser füht, soll "Metamorphosis" beleuchten - könnte es einen passenderen Titel geben?
Keine Umwälzung vermag am hohen Grundniveau zu rütteln: MERCENARY musizieren seit 20 Jahren, und das hört man ihnen zu jeder Sekunde an. Das Album klingt wie aus einem Guss, mit konstanter Grundstimmung und fließenden Übergängen. Souverän und harmonisch umgesetzt, tendiert der 'neue' Stil deutlich in die Richtung von "The Hours That Remain" und "Architect Of Lies", wobei der Metalcore-Anteil im Vergleich zu letzterem deutlich zurückgefahren wurde. Mit seiner melodischen Schlagseite, den modernen Synthie-Kulissen und den beinahe poppigen Refrains ordnet sich das neue Material eher bei RAUNCHY, SCAR SYMMETRY und Co denn bei SOILWORK ein. Die betonte Eingängigkeit soll es den Hörer erleichtern, ihre nunmehr vier Helden in neuem Kostüm aufzunehmen, so begegnen einem MERCENARY-Fan gerade in Riffing und Drumming viele vertraute Elementen. Auffälig sind die ausgedehnten Songlängen um die sechs Minuten, die zwar den großzügigen Kompositionen viel Luft lassen, sie dadurch aber bisweilen verwaschen. Dies fällt bei fortschreitender Albumdauer auf: Auf die Spielzeit verteilt, sind neue Ideen etwas dünn gesät, weshalb viele Passagen gerade durch das gemäßigte Tempo etwas repetitiv wirken. Hier kann die "Ganzheitlichkeit" des Albums auch als Schwäche ausgelegt werden. Wandlungen in Stil und Struktur sind selten, der Aufbau mit hymnischen Refrains, ausgedehnten Gitarrenpassagen und gelegentlich heftigen Parts weitgehend konstant. Ein Kapitel für sich ist der Gesang: Nachdem sich René Pedersen auf dem Vorgängeralbum bereits als Grunzer austoben durfte, übernimmt er nun vollständig die Vocals. Pedersens Stärke liegt eindeutig in den raueren Klängen. Zwar imitiert er recht tonsicher die hohe, klare Sangesart von Goldkehlchen Mikkael Sandager, verschenkt damit aber meines Erachtens etwas vom eigenen Potential, das sich sehr wohl in den intensiveren Momenten offenbart.
Mit den ersten Songs erobert "Metamorphosis" den Hörer im Sturm. Der Opener 'Through The Eyes Of The Devil' führt Altfans ebenso wie Neugierige eindrucksvoll die Stärken von MERCENARY vor Augen: ebenso simple wie mitreißende Melodien, rasante Übergänge, intensive Steigerungen, Duelle zwischen forschem Shouting und Klargesang; gerade der epische Refrain wird lange auf Ohrwurmorbit rotieren. In dieselbe Kerbe schlägt 'The Follower', das gerade im heavy Part an 'I Am Lies' vom Vorgängeralbum erinnert. Ebenso heftig knallt 'In A River Of Madness' aus den Boxen, die brachialen Passagen komplettiert durch einen catchy Refrain. Hiernach flacht der Mittelteil des Albums etwas ab: 'Memoria' ist ein wenig zu simpel und poppig für die Emotionen, die es zu vermitteln sucht. Bis auf einen schönen Stimmungswechsel hin zum Düster-Aggressiven fällt 'Velvet Lies' relativ belanglos aus, hier sollte das Songwriting schneller auf den Punkt kommen. Bis 'In Bloodred Shades' hat die vertraute Struktur mit den langgezogenen, poppigen Refrains sich ein wenig abgenutzt; im relativ soften 'Shades Of Grey' passen sie zumindest besser in die Gesamtkomposition. Wesentlich heftiger geht es in 'On The Edge Of Sanity' zur Sache: bis auf die vorhersehbaren clean Vocals eine heftige, stramme Nummer, noch übertroffen von dem coolen Rausschmeißer 'Black Brigade'. Hier ziehen MERCENARY nochmals alle Register und hinterlassen eine rockige Nummer mit angenehm dreckigen Vocals. Ein starker Abschluss!
Die Längen im Mittelteil des Silberlings hätten aber nicht sein müssen - die Fähigkeit, epische Songs zu schreiben, muss nicht in jedem Track unter Beweis gestellt werden. Einzeln für sich hat jeder Song starke Momente, in der Häufung fallen aber unnötige Wiederholungen auf - da ginge einiges kürzer und knackiger. Mehr Ecken und Kanten hätten "Metamorphosis" ebenfalls nicht geschadet, auch wenn es verständlich ist, dass die Kombo erstmals wieder die Hörerschaft auf ihre Seite ziehen will. Ihr volles Potential schöpfen MERCENARY hier nicht aus; im Vergleich zu Vorgängeralben vermisse ich eine gewisse Experimentierfreude und Innovation. Aber jenseits dieser utopischen Ansprüche liefert das Quartett eine solide Scheibe ab, an deren Niveau sich die skandinavische Melodic-Death-Szene erst mal messen muss.
Anspieltipps: 'The Follower', 'Black Brigade'
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Regina Löwenstein