MERCURY TREE, THE - Countenance
Mehr über Mercury Tree, The
- Genre:
- Progressive Rock / Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Eigen/Just For Kicks
- Release:
- 30.01.2015
- Pitchless Tone
- Vestigial
- Otoliths
- Mazz Jathy
- To Serve Man
- The Ellsberg Cycle
- False Meaning
- Artifracture
- Jazz Hands of Doom
- Rappel
Wuselprog der allerersten Güteklasse!
MERCURY TREE ist eine Progressive-Rock-Band aus Portland, Oregon, USA, die mir mit den ersten beiden Tracks gleich wohlige Assoziationen mit einer anderen, diesmal franko-kanadischen Prog-Hoffnung namens HAMADRYAD hervorruft. Da HAMADRYAD aber selbst im tiefsten Nerdistan des Proggertums eher unbekannt sein dürfte, sollte ich wohl anfangen, die Musik zu beschreiben. Damn, das ist aber tatsächlich sauschwer.
Sagen wir mal so, MERCURY TREE spielt Musik wie sie sein sollte, wenn sie das Attribut "proggy" zugeordnet bekommen möchte: Experimentell, verspielt, unkonventionell, verschroben, kreativ, Grenzen auslotend und bisweilen überschreitend, dabei instrumental hoch versiert. Das alles gilt für MERCURY TREE, und dazu gehört auch, dass Freunde des song-fokussierten Arrangierens hier eventuell etwas kauen müssen. Was nicht heisst, dass MERCURY TREE keine tollen Melodien und ohrenschmeichelnde Passagen bietet. Aber man muss schon mit vertrackter und manchmal fast Schwindel verursachender Rhythmik klarkommen, über der oft mehrstimmige YES-artige Gesänge schweben. Abrupte Wechsel, unorthodoxe Akkorde und schräge Dissonanzen tragen auch nicht gerade zum relaxten Musikgenuss bei. Aber den genauen Hinhörenden bringt so ein Track wie 'Vestigial' eine Art drogenberauschte Karusell-Fahrt mit jeder Menge Freifall-Zonen. Dinge, die damals eben auch Bands wie PSYCHOTIC WALTZ, PAYNE’S GRAY oder eben - bitte aufschreiben - HAMADRYAD aus dem Eff-Eff beherrschten. Doch auch diese Bandvergleiche sind Fallgruben. MERCURY TREE macht nämlich eher harten Prog als Prog Metal. Da darf man bei 'Otoliths' schon black-metallisch kreischen, als gäbe es kein Morgen mehr, aber nicht zu wüsten Riffs sondern eher zu ameisenwuselnden, mit multi-dimensionalen Rhythmen durchzogenen Klanglabyrinthen. Dies geschieht allerdings erst im zweiten Teil dieses Tracks, der alle Aspekte progressiver Musik von zärtlich-einfühlsam bis vollkommen aus dieser Welt entglitten durchläuft. Das ist eine musikalische Demonstration. Genial. Und was könnte es passenderes zu einer solchen Musik geben als hin und wieder mal ein bischen Jazz? Hier geben die beiden instrumentalen Tracks 'Mazz Jathy' (Name ist hier vollkommen Programm) und 'Jazz Hands Of Doom' (Name nur teilweise Programm) Vollgas. Faszinierend.
Leider hat das Album auch ein paar kleine Schwächen, oder sagen wir mal so, Experimente, deren Zielsetzung mir fremd erscheint. Diese seltsamen Ih-Ih-Ih-Gesänge bei 'To Serve A Man’' sind irgendwie übergeschnappt und gegen Ende hin gibt es doch den einen oder anderen unschlüssigeren Moment bei den ruhigeren Passagen. Aber auch hier überwiegen die prickelnd-anregenden bis aufwühlend-furiosen Momente ('Artifacture'!), so dass ich am Ende nur wenig abziehe von einer Platte, die der Prog-Freak sicher sehr oft hören wird. Sollte. Muss.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Thomas Becker