MILLENIUM (PL) - Jericho
Mehr über Millenium (PL)
- Genre:
- Melodic Metal
- Label:
- Metal Heaven
- Release:
- 19.07.2004
- My Saving Grace
- Heaven Awaits
- My War
- Heresy
- Morning Star
- Above This World
- Enemy Of The Sun
- Wheel Of Fortune
- Let There Be Light
- Burning Again
Eine satte Portion melodischer Gitarrenpower schallt dem überraschten Hörer entgegen, der den hervorragenden Vorgänger "Hourglass" der amerikanischen Band MILLENIUM kennt. Waren auf diesem noch die Keyboards des Gastmusikers Don Airey (u.a. RAINBOW, OZZY OSBOURNE, WHITESNAKE) zu hören, so hat man diesmal nur noch wenige synthetische Parts eingebaut und stattdessen ganz auf die doppelte Klampfenwucht gesetzt. MILLENIUM sind auf ihrer vierten Veröffentlichung also einen ganzen Zahn härter geworden.
Das Besetzungkarussell hat sich bei den Melodic-Metallern mal wieder gedreht, was allerdings nichts Neues darstellt. Auf dem aktuellen Album ist der ehemalige Vokalist Todd Plant wieder mit von der Partie, der bereits die ersten beiden Alben eingesungen hatte. Kern der Band sind mittlerweile die beiden Gitarristen: "MILLENIUM-Veteran der ersten Stunde" Ralph Santolla, der bei keinen Geringeren als ICED EARTH seine Hauptbeschäftigung gefunden hat, sowie Shane French (TEER, seit dem zweiten Album "Angelfire" mit dabei), der inzwischen bei CIRCLE II CIRCLE gelandet ist. Auch die Bassisten agieren im Doppelpack: Steve McKenna von TEN und Tere Bertke von BLACKHAWK. Für die mächtige Rhythmik von "Jericho" brauchte es einen fähigen Schlagzeuger, den man in Mark Prator (ICED EARTH, DEMONS AND WIZARDS) gefunden hat. So weht zumindest ein bescheidener Hauch von "Melodic-Metal-All-Star-Group" über diesem Silberling.
Trotz des hochgeschraubten Härtegrades steuern MILLENIUM in den selben Gewässern, die sie von Anfang an befahren haben. Und das bleibt eben dieser spezifische epische Melodic Metal und Hardrock, der im Sound von RAINBOW oder UHRIAH HEEP wurzelt und über DIO, BLACK SABBATH (zu "Heaven and Hell"- und "Headless Cross"-Zeiten), MALMSTEEN bis hin zu AT VANCE und MOB RULES reicht. Stampfende Gitarren, ruhig und machtvoll voranschreitende Rhythmik, viel Bass, epische Melodielinien, die jedoch selten in überschwenglichen Bombast verfallen, ein Sänger zwischen "Engelszunge" und "Dämonenreibeisen" (beides aber gemäßigt) sowie diese typische Drachentöter- und Magierstimmung, die "aus alter Zeit sagt". Ein Blick auf das Cover genügt schon, um klar zu machen, was gemeint ist.
Das Reizvollste an der Musik sind die prachtvollen Gitarrenhooks. Gleich der Opener 'My Saving Grace' markiert den ersten Höhepunkt. Nach einigen Pianoklängen und einer herrlich "blubbernden" Basslinie walzt sich ein fettes Riff in den Gehörgang, das von einem Solo umspielt wird. Im Mittelpart setzen einige schöne Gitarrenideen zusätzliche Akzente. Das rauh-melodiöse Organ von Sänger Todd Plant sorgt für einprägsame Melodien, die jedoch nie zu eingängig wirken. MILLENIUM verzichten überhaupt auf einen großen "Hit". Mitsingtauglich sind am ehesten noch 'Enemy Of The Sun' und 'Wheel Of Fortune' mit ihren für Hardrock typischen Refrains. Die meisten Songs entwickeln sich eher langsam und bleiben mit der Zeit im Ohr haften. Ein schönes Beispiel dafür ist 'Heresy': Eine leicht groovige Rhythmik trifft auf hämmerndes Riffing und einen kraftvollen Refrain, bevor ein virtuoser Akustikpart das Stück ausklingen lässt.
'My War' spielt sich "in the soul of a warrior" ab: Soli und Rhythmusgitarren ergänzen einander zu einem wirkungsvollen Klangbild, das dem Thema entsprechend hochgestimmten Pathos verbreitet. Das ist übrigens ein typische Merkmal für die Musik der Band: Die sich organisch mit den Rhythmusgitarren verbindenden Soli scheinen bei MILLENIUM die nur spärlich eingesetzten Keyboardtöne zu ersetzen.
Der 'Morning Star' geht in einer recht gewittrigen Morgendämmerung am Himmel auf. Der Track beginnt nämlich mit einem finsteren in die Tiefe gestimmten Riff, das jedem BLACK-SABBATH-Jünger die Freudentränen in die Augen treiben sollte. In den Strophen hält sich die Gitarre etwas im Hintergrund, während die verkündenden Worte des Gesangs ein mystisches Flair verbreiten. Danach gibt es wieder dieses geile Monsterriff! Den Mittelpart nutzen die Musiker für einige Taktwechsel und ein markantes einminütiges Solo. Solche feinen Details kann ich viele auf der CD entdecken – z.B. auch das tolle Gitarrenspiel nach dem orchestralen Part bei 'Wheel Of Fortune'.
Von einer gewissen Feierlichkeit wird der wohl epischste Track des Albums, 'Burning Again', geprägt. Die elektrische Gitarren werden durch akustische Klänge untermalt. Pianotöne und ein weit ausschwingender Bass bringen Raum in die Musik. Die pathetische Gesangsmelodie wird zeitweise von einem mystischen Chor begleitet. Mit einem knackigen, schleppenden Riff fahren mir MILLENIUM dann wieder voll unter die Haut. Ja, der getragene Rhythmus - das ist wohl ganz das Ding der Jungs. In ein schnelleres Tempo, wie etwa bei 'Heaven Awaits', verfallen sie nur selten.
Der fett produzierte harte Melodic Metal von MILLENIUM wirkt nicht unbedingt auf einen Schlag. Es braucht ein wenig Zeit, um die Musik so richtig schätzen zu lernen. Der Stahl wird eher langsam auf dem Amboss bearbeitet, aber er behält auch länger seine Form. Wenn man sich die eingängigen Mitsing-Hymnen in seiner Sammlung schon längst überhört haben wird, dann kann man die Alben von MILLENIUM wieder rauskramen, die immer noch wirken werden. Und das macht diese Musik so sympathisch...
Anspieltipps: My Saving Grace, Heresy, Morning Star, Wheel Of Fortune, Burning Again
- Redakteur:
- Jörg Scholz