MINISTRY - Houses Of The Molé
Mehr über Ministry
- Genre:
- Industrial
- Label:
- Sanctuary / Rough Trade
- Release:
- 21.06.2004
- No W
- Waiting
- Worthless
- Wrong
- Warp City
- WTV
- World
- Wkyj
- Worms
Die schockierendste Nachricht des letzten Jahres war zumindest für mich der Ausstieg von Paul Barker bei den Industrialgöttern MINISTRY. Wenn sich auch vieles änderte, MINISTRY waren immer das Doppel Jourgensen/Barker, sowohl musikalisch wie auch als Produzenten. Würde es Alien Jourgensen schaffen, das Schiff alleine auf Kurs zu halten?
Zwei Dinge waren dafür entscheidend: Al ist clean, fitter als zuvor und dann gibt es da ja noch einen Texaner, der die neue Scheibe der Band wie wohl kein anderer geprägt hat. George W. Bush, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, hat der Platte unfreiwillig seinen ganz besonderen Stempel aufgedrückt. Aus seiner Verachtung und seinem Hass für und gegen den umstrittensten Regierungschef der westllichen Welt und seine Truppe von alternden Veteranen konservativer Regierungen hat Mr. Jourgensen nie einen Hehl gemacht, fast folgerichtig, dass das erste Lebenszeichen der "neuen" MINISTRY in Form von 'No W' auf dem "Rock Against Bush" stattfand.
Und ungelogen, als ich im Plattenladen den Song das erste Mal hörte, wollte ich eigentlich auf der Stelle komplett ausrasten. Am Anfang trifft 'Carmina Burana' auf Bush-Samples, bevor ein kurzer treibender Part den Hochgeschwindigkeitszug auf Touren kommen lässt. Eingängig, harsch, kalt, aggressiv, das macht "Houses Of The Molé" aus. Die Mischung aus Industrial-Boshaftigkeit mit eingängigen Elementen lässt sowohl Erinnerungen an "Psalm 69" wie auch die Spätachtziger-Phase der Band wach werden, ohne dabei die eine oder andere allzu dreist zu kopieren.
Klingt kompliziert? Naja, soll eigentlich nur bedeuten, dass sich Jourgensen auf die Vergangenheit der Band besonnen hat, ohne sie dabei zu kopieren. 'No W', übrigens als Track 23 auch in einer alternativen Version mit der US-Hymne als Einleitung auf dem Album, ist ohne Zweifel einer der besten Songs des Jahres und in der Karriere von MINISTRY. 'WTV' ist hingegen die Fortführung von 'TV II', krasses Gebretter trifft auf sphärische Zwischenparts sowie massig Samples und macht das Lied zu einem schön-nervigen Trip.
'Worms' hingegen erinnert mit seiner Relaxtheit und seinem langsamen Tempo an 'Scarecrow' von "Psalm 69", wo aber bei dem Letzteren dicke Wolken über dem Himmel hingen und die Stimmung nachtschwarz war, da sind bei 'Worms' die Wolken allenfalls grau und man kann das Blau des Himmels sogar ein Stück weit erahnen. 'Waiting' ist ein treibender Tanzflächenfeger, trotz der Aggression, der harten Riffs hat das eine verdammt lässige Attitüde.
'Warp City' ist ein konzentriertes Sperrfeuer auf die Ohren des Hörers, pausenlose Schlagzeugattacken treffen auf harte, aggressive Riffs, die an Brutalität so manche Band ganz alt aussehen lassen. In Verbindung mit den Samples ergibt sich eine weitere Weltklassenummer. 'World' ist hingegen nach dem 'Warp City'/'WTV' Doppelschlag schleppend, relaxter und zieht den Hörer mit der hypnotischen Stimmung in seinen Bann.
Alien Jourgensen hat also mehr zu bieten als nur den plakativ-effektiven Hammer direkt ins Gesicht. Das Album ist vielschichtig, abwechslungsreich und nach den gelungenen Experimenten der letzten Jahre (der doomige Wutklumpen "Filth Pig" und das abgedreht-coole "Dark Side Of The Spoon") und der Rückkehr zu alten Stärken mit "Animosititisomina" das beste Album der Band seit verdammt langer Zeit, ja vielleicht sogar das beste Album, das MINISTRY je geschrieben haben.
Auch wenn es für so ein Urteil noch etwas zu früh ist, es ist sicher, dass die Industrialikonen mit "Houses Of The Molé" eines der besten Alben des Jahres abgeliefert haben, das wirklich jeden Fan der Band glücklich auf die Knie sinken lassen sollte.
Bleibt am Ende nur eine Frage: Was passiert, wenn John F. Kerry im November die Wahl gewinnt? Wie wird dann das nächste Album klingen? Genauso gut?
Anspieltipps: No W, Warp City, Worms, World, Waiting
- Redakteur:
- Herbert Chwalek