MINOTAURUS - The Call
Mehr über Minotaurus
- Genre:
- Power Metal / Folk / Mittelalter Rock
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Limp Music
- Release:
- 14.05.2013
- Free Our Souls
- Wanna Be Your Wife
- Erlkönig
- Hinterhalt
- Love Song
- The Call
- Varus Battle
- Chains Of Captivity
- Spirit Island
- Defender's Paradise
- Father And Son
- Princess Of Destruction (2013 Version)
Power Metal trifft Folk Rock und ist weder Fisch noch Fleisch.
Der MINOTAURUS aus Aschaffenburg nimmt für sich selbst in Anspruch, Power Metal mit Elementen keltischer Folklore zu spielen. Im Gegensatz zu Bands wie SKYCLAD, MÄGO DE OZ oder auch SKILTRON funktioniert die Fusion beider Stile auf dem aktuellen Album "The Call" aber nicht ganz so gut.
Mit dem Opener 'Free Our Souls' fängt alles sehr vielversprechend an, eine schöne Leadgitarre, ein flotter Rythmus und melodischer Gesang, der zwar etwas zurückhaltend klingt, aber eine wirklich gelungene Melodiführung vorzuweisen hat. Doch, das macht durchaus Spaß, denke ich mir und freue mich auf ein Album in diesem Fahrwasser. Dass es zunächst keine traditionellen Instrumente zu hören gibt, stört mich nicht weiter, denn ein gewisser Hauch von Folk ist in den Melodien durchaus zu vernehmen.
Doch dann reibe ich mir verwundert die Ohren, denn mit 'Wanna Be Your Wife' scheint eine andere Band um meine Gunst zu spielen. Und die kann sie leider nicht erringen. Ich bekomme eine Halbballade mit Schunkeltempo und -takt zu hören, der Wechsel aus männlichem und weiblichem Gesang, der in holprigem Englisch einen Text voller DSA-Romantik vorträgt, bewegt sich in melodischen Bahnen, die nichts von der Frische des ersten Lieds haben, aber viel von der Schmierigkeit sogenannter "volkstümlicher Musik", die man in ebensolchen "Hitparaden" an senil klatschende Rentner verfüttert.
Und die bösen Brüder und Schwestern von MINOTAURUS halten meine Anlage zunächst weiter besetzt, sie setzen sogar noch einen drauf und wechseln in die deutsche Sprache. Dass der Text sprachlich exzellent ist, liegt wohl daran, dass er von Goethe stammt, es handelt sich nämlich um eine Vertonung des Erlkönigs. Nun ist diese Ballade schon oft vertont worden, mit wechselndem Erfolg und auch wenn diese Version hier bei weitem nicht die schlechteste ist, die ich je gehört habe, ist sie auch ein ganzes Stück von wirklich gelungenen Versionen entfernt. Negativ fällt vor allem der bemüht aggressive Gesang am Ende des Lieds auf, der weder zum Text noch zur Stimme des Sängers passen will.
Auch im folgenden 'Hinterhalt' spuken die bösen Geister der Band weiter auf deutsch, dieses Mal aber mit einem eigenen Text und deutlich rockigerer Instrumentierung. Diese ist recht ansprechend geraten, der Text ist leider recht holprig, gerade auch wegen des Versuchs, Reim und folkloristisches Feeling durch plastische Chirurgie an Satzbau und Wortaussprache zu erzwingen. Das geht, wie meist in solchen Fällen, gründlich schief und klingt nach Laientheater und Live-Rollenspiel. Schade um ein ansonsten ordentliches Lied, bei dem ich mir so das Lachen kaum verkneifen kann. Nachfolgend wechselt die Band wieder in die englische Sprache und produziert eine kompetent inszenierte, äußerst süßliche Ballade, was man beim Titel 'Love Song' aber auch schon erwarten durfte.
Und dann passiert, worauf ich schon fast nicht mehr hoffte: Der gute MINOTAURUS übernimmt den CD-Player und haut mit 'The Call', 'Chains Of Captivity' und 'Spirit Island' gleich drei flotte, melodische Power-Metal-Nummern heraus. Instrumentierung, die Verbindung aus männlichem und weiblichem Gesang, hier passt plötzlich alles wieder zusammen und würde mit dem ersten Song zusammen eine schlüssige Platte ergeben. Mit 'Varus Battle' gibt es zwar noch einen Rückfall zu vermelden, doch die restlichen Songs, allen voran 'Defender's Paradise', machen den schnell wieder vergessen.
Und so ergibt sich das Bild einer Band, die nicht genau weiß, ob sie lieber europäischen Power Metal spielen will, oder sich auf die Zielgruppe der Mittelalter- und LARP-Fans konzentrieren soll. Beides auf einem Album klappt leider nicht, zu groß sind die Brüche zwischen beiden Stilen im Falle von MINOTAURUS. In meinen Ohren steht der Band der metallischere Stil wesentlich besser zu Gesicht und ein Album ohne die Lieder zwei bis fünf würde in sich schlüssiger wirken und wohl häufiger den Weg in meine Anlage finden.
So bleibe ich etwas ratlos zurück, wem ich dieses Album ans Herz legen kann. Freunde des Euro Power Metals oder Fans von Mittelalter und Folk Rock könnten auf "The Call" teilweise fündig werden, sollten aber zunächst einmal Probehören, ob sie auch mit der jeweils anderen Hälfte von MINOTAURUS etwas anfangen können.
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Raphael Päbst