MISS BEHAVIOUR - Heart Of Midwinter
Mehr über Miss Behaviour
- Genre:
- Melodic Rock
- Label:
- Sunset Fox Records/ NL Distribution
- Release:
- 27.11.2006
- The Shine
- Precious Times
- Dreams Are Cursed
- Midwinter Sleeps
- Circles
- Make Ir Your Own Way
- Runaway Man
- One Heart In Divide
- New Horizon
Zeitreisen wären schon eine feine Sache. Man könnte in eine Epoche seiner Wahl reisen, die man noch einmal oder zum ersten Mal erleben möchte. Die vier Schweden von MISS BEHAVIOUR würden ganz bestimmt in die Zeit Ende der Achtziger - und zwar genau nach Los Angeles - reisen. Im Gepäck hätten sie die passende musikalische Untermalung in Form ihrer Debütscheibe "Heart Of Midwinter", um zwischen Dauerwellen und Spandexhosen bestehen zu können. Leider sitzen sie aber im Jahr 2006 fest, die Zeitmaschinen sind noch nicht abschließend entwickelt und kennen die glorreiche Zeit nur vom Hörensagen. So müssen sie sich mit einer ganzen Generation von Perspektivlosen und grungegeschädigten Therapiefällen herumschlagen, die ihren Retrosound nur noch müde belächeln. Dieses Unterfangen stand daher bereits von Anfang an auf sehr wackeligen Füßen, denn bisher ist der Spagat nur wirklich wenigen Bands gelungen.
Zwar haben MISS BEHAVIOUR bei ihren Idolen sehr genau hingehört, trotzdem kommt alles irgendwie nur wie ein lauer Aufguss daher. Dabei haben die Schweden sogar die einzelnen Sounds angepasst, sich aber beim Keyboard leider die falsche Referenz ausgesucht (man höre hierzu auch 'The Final Countdown' von EUROPE). Dieses auch noch sehr oft in den Vordergrund geschobene Tasteninstrument geht einem schnell auf den Zeiger und schraubt das Bauchwehlevel in schwindelerregende Höhen. Und doch wissen die Schweden durch eine gehörige Portion Dampf, die fast in allen der neun Songs zu finden ist, zunächst zu gefallen. Ab und an driftet das Quintett sogar aus der Rock-Ecke in den Melodic-Metal-Bereich, ohne sich hier aber allzu lange aufzuhalten. Handwerklich sticht vor allem Gitarrist Erik Heikne heraus, der in jedem Song fantastische Soli abliefert und für einige Ausrufezeichen sorgen kann. Gute Leistung.
Bei Sänger Mattias Wetterhall scheiden sich dann aber die Geister. Klar, der gute Mann kann singen und erinnert in seinen besten Momenten auch an Geoff Tate ('One Heart In Divide'), Tobias Sammet oder Andi Deris, aber leider spielt er diese Trumpfkarte viel zu selten aus. Vielmehr fehlt mir im Gesangsbereich die letzte Konsequenz, der letzte Biss, der letzte Rest tonaler Sicherheit. Dafür greifen er und seine Mitstreiter häufiger im kompositorischen wie lyrischen Bereich zu tief in den Klischeetopf. Es ist ein schmaler Grat, keine Frage, und MISS BEHAVIOUR sind hart an der Grenze.
Die Schweden können vor allem dann überzeugen, wenn sie den Groovehammer auspacken ('Midwinter Sleeps'), etwas schwerer im Mid-Tempo-Bereich stampfen ('The Shine') oder eben ein bisschen mehr Raum für große Melodien lassen ('One Heart In Divide', 'New Horizon'). Besonders der Abschlusssong weiß mit seinen Chören und einem sehr schönen instrumentalen Outro zu gefallen. Auch haben sie mit 'Runaway Man' einen lupenreinen Kracher für jede Glamrockparty geschrieben, der uns dann doch noch ein bisschen an der Zeitschraube drehen lässt.
Die Entwicklung der Band scheint noch lange nicht abgeschlossen zu sein, zumal "Heart Of Midwinter" den Stallgeruch einer Eigenproduktion nicht ganz ablegen kann. Ein weiterer Beleg dafür ist, dass sich Sänger Mattias Wetterhall mittlerweile verabschiedet hat, ein neuer Sangesbarde wurde aber bereits gefunden. Wer Interesse an weiterem Stoff für seine nächste Hairsprayparty hat, der sollte MISS BEHAVIOUR ruhig mal antesten. Bei Kaufinteresse schaut gleich auf der Bandhomepage vorbei, bevor ihr euch unnütz die Hacken in den Läden ablauft.
Anspieltipps: One Heart Divide, Midwinter Sleeps, New Horizon
- Redakteur:
- Chris Staubach