MOGWAI - Rave Tapes
Mehr über Mogwai
- Genre:
- Post Rock/ Ambient/ Electro/ Blues
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Rock Action
- Release:
- 17.01.2014
- Heard About You Last Night
- Simon Ferocious
- Remurdered
- Hexon Bogon
- Repelish
- Master Card
- Deesh
- Blues Hour
- No Medicine For Regret
- The Lord Is Out Of Control
Jenseits der gängigen Kriterien.
Ich brauche genau 37 Sekunden und bin wieder eingefangen. Von dieser Wundermusik. Von den Schotten. Von den Glasgowern. Von der Postrock-Band überhaupt. Bei 0:56 setzt das prägnanteste Schlagzeug in der Geschichte der Langsammusik ein, bei 1:58 erheben die schönsten Instrumentalklänge des noch jungen Jahres den Anspruch, erhört zu werden, bei 2:32 gibt es die modernste Monotonie, die augenverschließendste Motivwiederholung. Das sanftest gestrichenste Gitärrchen, das wir an MOGWAI so lieben. Ab 3:36 unterhält sich das gänzlich unpeinlichste Kling Klang der Welt mit dem aufgeregten Rest der Welt. 'Heard About You Last Night' ist Wundermusik.
Und wieder bleibt der Eindruck: MOGWAI's Elemente sind konzentriert, aufeinander eingestellt, eine unfassbar in sich ruhende Einheit als Band. Wie bei 4:24 die aufkeimende hellere Stimmung wiederum gemeinsam abgedunkelt wird: so könnte die Analyse weiter und weitergehen... Wer sich auf die Diskussion einlassen möchte, dass der zugenommene Electro-Anteil der Musik von MOGWAI irgendwo negativ beeinflusst oder nicht – der soll sie führen. Wir hingegen lauschen indes gespannt weiter: 'Simon Ferocious' brummt auf eben einem so modernst verstärkten Bassteppich daher, ohne wirklich aufzuregen. Wenn die Schotten unter Braithwaite demnächst über ihre Unabhängigkeit abstimmen, werden diese fünf Musiker die ersten Lords sein. Und sie werden gefragt werden, ob sie die offizielle Hymne des zänkischen Bergvolks entwerfen wollen. Und Europa wird staunen.
Denn während sich in Dänemark gerade in bunten Hallen riesenhafte Europäer beherzt verharzte Handbälle um die Ohren werfen, trimmen wir den Ton des TV ins Nichts und schauen den Werfern zu, während 'Remurdered' dahinklimpert. Event gegen Innerlichkeit – das funktioniert immer. Die vier Schotten sind da sehr anfällig, haben sie doch schon 2006 den Soundtrack für das filmische Sportportrait des Überfranzosen Zinedine Zidane oder erst 2013 die französische Untoten-Serie "Les Revenants" vertont. Die raren Gesänge auf MOGWAI-Alben haben Tradition, auch hier singt zunächst niemand, nur zurückhaltendes Gerede – einzig 'Repelish' wird sprechend moderiert.
Da ist gerade 'Hexon Bogon' als klassischer MOGWAI-Gitarrenschwarm vorbeigezogen. 'Master Card' hat sich mit einem frechen Einfachst-Anschlag über seine Zeit gerettet. Als hätte sich die erste Grundidee des Songs im weiteren prozess nie vertreiben lassen. Idee, Bauchgefühl, Intuition gegen das Technikdiktat - funktioniert selten. Eigentlich nur hier. 'Deesh' blubbert ausufernd, 'Blues Hour' verbindet ein simples Piano mit dem entspanntesten Schlagzeugstreicheln der Neuzeit - ein ganz starkes Stück. Das stärkste, beste auf "Rave Tapes", habe ich mich wiederholt entschieden. Und hier wieder mit einem Hauch von Gesang.
Es ist immer noch da, dieses MOGWAI-Gefühl. Das achte offizielle Album in der Sammlung des Quintetts ist spätestens jetzt wieder da angekommen, wo dessen jegliche Erscheinungen landen: jenseits gängiger Bewertungskriterien. 'No Medicine For Regret' ist genauso innerlich-erinnerlich wie das wellenumwogte Abschlussstück 'The Lord Is Out Of Control'. Zerrgesang schwebt in einer unendlich scheinenden Atmosphäre. Es ist wieder da, dieses MOGWAI-Gefühl.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben