MOJO BLIZZARD - Lost In Space II
Mehr über Mojo Blizzard
- Genre:
- Doom Metal / Stoner Rock / Heavy Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Blue Bird Records
- Release:
- 20.03.2020
- Mojo Blizzard
- Doomsday
- All Troubles Down
- Status Unknown
- Draw The Line
- Your Role
- Lost In Space
Kreative, erdige, handgemachte Heaviness mit tollem, vielseitigem Gesang.
MOJO BLIZZARD ist ein verdammt lässiger Bandname, suggeriert er doch in gewisser Weise, dass dich hier eine magische Voodoo-Coolness wie ein Wirbelsturm mitreißen wird. Diese Dynamik bereits des Namens, kombiniert mit der im Promoblatt genannten Genrebeschreibung Stoner Rock und dem raunend-beschwörenden Gesangsintro, lassen zudem auf eine leicht trippige Note des Anhörungsobjektes schließen, und wenn wir uns hernach auch noch "Lost In Space" finden sollten, dann kann HAWKWIND nicht weit sein, oder? Nun, wer mit dieser Erwartungshaltung an das erste Minialbum des deutschen Quintetts heran geht, der wird sich auf jeden Fall erst einmal etwas überrascht die Ohren reiben, denn der schmucke Sechstracker mit einem sehr gelungenen Artwork von Timon Kokott, ist meiner Meinung nach weit mehr als einfach nur Stoner Rock von der Stange, sondern eine richtig begeisternde, Genregrenzen sprengende Wundertüte.
Klar, eine stilistische Basis im Stoner-Rock-Bereich lässt sich auf jeden Fall feststellen, und für diese zeichnet vor allem Gitarrist Denis Keller verantwortlich, der auf einige Erfahrung in diesem Genre zurück blickt. Diese Wurzeln sind auch ganz gewiss ein Pluspunkt für MOJO BLIZZARD, gerade weil das Album live im Studio eingespielt wurde, und dadurch ein wahnsinnig warmes, lebendiges, erdiges Feeling mitbringt; vom Gitarrentuning bis zum natürlichen Drumsound und zum präsenten Bass. Darauf legt die Stoner-Rock-Szene großen Wert legt, oftmals mehr als es viele Metalbands tun, und das ist eine Stärke dieser Nische, denn mit all den heute gängigen Overdubs, Samples, Sequenzern, programmierten Drums und technisch hingezogenen Gesangspassagen, würde diese basisch, direkt und schnörkellos auf die Zwölf rockende Musik einfach nicht funktionieren, sondern sich ihres eigenen Spirits berauben.
So weit, so gut, mag man sich erst einmal denken, doch die Gretchenfrage im Spannungsfeld zwischen Stoner Rock, Hard'n'Heavy und Doom Metal ist eine andere: Schafft es die Band heraus, aus der Schublade der Generik? Denn ich verrate euch kein großes Geheimnis, wenn ich euch sage, dass viele Hardrocker und Metalheads den traditionellen Stoner Rock gerne mal als allzu staubig und dröge empfinden, dass ihnen die Epik, das theatralische Element fehlen und sie sich eingelullt fühlen. Doch ich kann euch beruhigen, denn gegen all diese Probleme hat der MOJO BLIZZARD neben einer bereits tadellosen instrumentalen Performance und pointiertem, knackigem, markantem Songwriting - an dem sich alle Mitglieder ausgiebig beteiligen - noch einen weiteren Joker im Ärmel, und dieser Joker hat auch einen Namen: Nicolaj Ruhnow - einige von euch werden den Sänger bereits von Bands wie DOMAIN, IRONY, TOKYO BLADE und NICK HELLFORT kennen - schwingt bei der Band das Mikro, und nicht zuletzt seine sehr vielseitige Stimme sorgt dafür, dass die Band eine Zielgruppe ansprechen kann, die weit über die Stoner-Rock-Homebase hinausgeht.
Wer Nick mit seinen früheren Bands kennen lernen durfte, der weiß sicherlich noch, was ihn erwartet, denn der Mann hat richtig was drauf, und zwar in allerlei Hinsicht. Das macht an sich schon der tolle, druckvolle und flotte Opener 'Mojo Blizzard' unmissverständlich klar, den uns Nicolaj mit dem Biss eines Bruce Dickinson der Jahre 1989-1992 serviert. Er bedient zudem auch das theatralische Falsett im Stile des jungen Rob Halford zu Zeiten der ersten beiden JUDAS PRIEST-Alben ebenso wie die mystische Magie eines David Byron im ersten Jahrzehnt der großen Karriere von URIAH HEEP, oder eines Bernie Shaw in deren nicht minder toller Spätphase. Letzteres spürt man besonders deutlich bei 'Doomsday', bei dem auch die Leadgitarrenarbeit der Axemen Denis Keller und Frank Hallok eine klassische Hardrock-Schlagseite hat, aber auch ein paar Schlenker gen IRON MAIDEN mitbringt. 'All Troubles Down' ist ein ganz besonderes Stück, bei dem sich die Rhythmusgruppe mit Bassist Nino Hoffmann und Drummer Mauro Welfens einige hübsch funkige Episoden gönnt, die einen so eigenwilligen wie am Ende doch passenden Kontrast mit der Gesangsperformance Nicolaj Ruhnows herstellt, der sich hier nochmal in besonderem Maße vor Rob Halfords Stil auf "Rocka Rolla" und "Sad Wings Of Destiny" verneigt.
Bei 'Status Unknown' übernimmt dann die doomige Schlagseite, und der geneigte Hörer hat viel Spaß am knackigen Bass mit etlichen Geezer-Butler-Vibes, zu denen auch das fuzzy Flanger/Faser-Solo perfekt passt. Wer glaubt, sich in einer wilden Session zwischen 70er-Iommi, 90er-Edling und QUEENS OF THE STONE AGE zurecht finden zu können, der dürfte mit diesem Song goldrichtig liegen. Im Anschluss bei 'Draw The Line' gehen die NWoBHM-Roots, möglicherweise auch Nicks Erfahrungen mit TOKYO BLADE und eine neuerliche kleine Falsett-Verbeugung vor Halford eine spannende Ehe mit nun in der Tat etwas trippigen Anklängen an HAWKWIND und vielleicht auch an DEEP PURPLE oder Roger-Glover-Solowerke ein, während der wilde und flotte (offizielle) Nausschmeißer 'Your Role' nochmal alle Rockigkeit und allen Drive, allen Biss und alle mitreißenden Elemente des Bandsounds vereint.
Ja, was soll ich sagen? MOJO BLIZZARD ist eine phänomenal gute Debüt-MCD gelungen, die mich so sehr überzeugt, weil sie eben nicht nur Doom, nur Stoner Rock oder nur klassischer Hard Rock und Heavy Metal von der Stange ist, sondern weil sie jeweils einiges vom Besten aus diesen Genres so eigenwillig wie stimmig und schlüssig vereint. Da trifft ganz viel 70er-PRIEST auf 70er-SABBATH und 90er-KYUSS, dafür aber auch HEEP und PURPLE auf CANDLEMASS und IRON MAIDEN, und das alles wird durch diesen wunderbar echten, warmen, doomigen Sound zusammen gehalten, den der titelgebende Hidden Track am Ende noch einmal richtig fein auf den Punkt bringt. Wer auf kreative, erdige, handgemachte Heaviness mit tollem, vielseitigem Gesang steht, möge dieser Band bitte unbedingt eine Chance geben!
Anspieltipps:
'Status Unknown' -
'Your Role' -
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle