MONO INC. - Head Under Water
Mehr über Mono Inc.
- Genre:
- Dark Rock
- Label:
- NoCut
- Release:
- 27.09.2004
- Burn
- The Last Waltz
- The Hole
- Superman
- Pain Machine
- Euthanasia
- My Sorrow
- Flies
- Grown
- Looking Back
- Saving You
- Not Like Me
Wer hat denn da wieder vom HIM-beerkuchen genascht?! Jungs aus deutschen Landen sind’s, die offensichtlich hoffen, mit solchem Diebstahl in den Star-HIMmel zu kommen. Na, der Clubeinsatz in gotischen und crossovernden Lokalitäten dürfte ihnen mit ihrem melodisch-straighten Dark Rock im HIM-Stil wohl sicher sein. Die Gitarren braten dabei ein wenig mehr als bei dem finnischen Mädchenschwarm. Außerdem scheinen deutliche Remineszenzen an den Electro Rock à la CASSANDRA COMPLEX durch, die dem Sound etwas irgendwie typisch Deutsches geben. Manchmal erinnert das Ganze auch an die letzten Werke von SECRET DISCOVERY.
Insofern ist die Musik kein reiner Abklatsch, sondern hat ihre eigenen Ecken und Kanten. Wettbewerbe um Orginalität werden die Jungs trotzdem immer verlieren, denn dafür klingt einfach vieles zu bekannt. Oft habe ich das Gefühl, den einen oder anderen Melodiebogen schon mal irgendwo gehört zu haben. Dabei kann Sänger Miky Mono durchaus mit einer charismatischen Stimme aufwarten, die mal etwas heller, meist aber gemäßigt dunkel tönt, ohne je in die Tiefenlagen der SISTERS/FIELDS-Schiene zu gehen. Um die Band wird derzeit ein großer Promotionrummel veranstaltet, und da ich "Rummelplatzlärm" nicht leiden kann, klingen mir Übertreibungen wie "Die Stimme ist der absolute Wahnsinn" (Presseinfo) ziemlich misstönig in den Ohren. Die Stimme ist nix Wahnsinn, nix der Hammer, nix das Supermegaaufblasding – sie ist einfach nur gut, Punkt, keinen Deut mehr!
Angeleiert wurde die Hamburger Band wohl durch Drummer Martin Engler, wobei man sich damals noch WILD THING nannte. Martin Engler ist mir noch von seinem kurzlebigen Electro-Projekt COLOURBLIND her und als Studiotechniker in Erinnerung. Er dürfte denn auch für die treibenden elektronischen Sequenzen verantwortlich zeichnen. Die Band tourte vor kurzem mit TANZWUT durch in- und ausländische Gefilde. Die Legende der Gruppe will, dass Sänger Miky Mono nach einem Unfall mit seinem Motor-Gleitschirm(!) operativ eine Eisenplatte in die Kehle eingesetzt werden musste und sein stimmlicher "Wahnsinn" nun die Folge davon ist. Entsprechend hart und machomäßig gibt sich die Band auf dem Cover: Lederlook, Cyperpunk-Frisuren und Stahlblick – fertig ist der Terminator. Mir terminiert solcherlei Firlefanz eher die Geschmacksnerven, aber das bleibt wohl Ansichtssache ... Vielleicht fällt mancher weibliche Teenager bei so viel Männlichkeit noch kreischend in Ohnmacht.
Das Drumherum um die Band nervt also ein bisserl, aber die Musik lässt sich recht gut hören und sollte von Fans der oben genannten Bands mal angecheckt werden. Der große Pluspunkt von MONO INC. sind die fett produzierten Gitarren und Bässe sowie ein gewisser Drive und Groove in der Musik, der einen recht professionellen Eindruck macht. Der große Minuspunkt sind das unoriginelle Songwriting und damit die auf wackligen Füßen stehende Eigenständigkeit. Da "Head Under Water" ein Debüt darstellt, erledigt sich Letzteres vielleicht mit dem nächsten Album.
Der Opener 'Burn' kracht dann gleich ordentlich aus den Boxen mit rockiger Frische und Eingängigkeit, die jedoch noch deutlich einen Gothic-Kurs hält und nicht zu sehr in Richtung Mainstream abdriftet. Das kann man von den folgenden vier Songs allerdings kaum behaupten. Insbesondere die Refrainmelodien poppen, was das Zeug hält und streifen teils den Rand zum Schnulzigen, besonders bei 'Superman', oder wirken einfach zu aufdringlich wie bei 'Pain Machine'. Instrumental bleibt dagegen alles im grünen Bereich, wofür ganz klar der knallige Sound sorgt, mit dem sich vielen Schwächen wieder wettmachen lassen.
Neben 'Burn' gehört 'Euthanasia' zu den besten Songs von MONO INC. Die Melodie kann zwar auch keine Erstmaligkeit für sich in Anspruch nehmen, verbreitet aber eine angenehm melancholische Stimmung. In Verbindung mit dem todessehnsüchtigen Text lösen MONO INC. allerdings erstmalig ein bisschen Gänsehaut bei mir aus. 'My Sorrow' rockt dann wieder mit angezogener Geschwindigkeit nach vorne los, während sich 'Flies' als eine Ballade mit weiblichem Backgroundgesang entpuppt. 'Grown' weist ähnlich wie 'Euthanasia' eine fließende Melodieführung mit ruhigem Pathos auf, die gut ins Ohr geht. Erwähnenswert ist noch 'Looking Back', das seine Dynamik aus dem Gegensatz von ruhigem Strophengesang über elektronischem Gerüst und rhythmisch einfallenden lauten Gitarren entwickelt. Etwas obskur wirkt der dazwischen geschobene Rap eines Hip-Hoppers namens DB Hammer, der gleichzeitig klar macht, dass MONO INC. eben nicht in der Tradition des alten Gothic Rocks, sondern in der des modernen Crossovers stehen.
Auf "Head Under Water" halten sich Licht und Schatten in etwa die Waage, teilweise sogar innerhalb der einzelnen Songs. Was für den Hörer dabei die Priorität hat, muss er selbst entscheiden. Wer modernen crossovrigen Dark Rock im knalligen Soundgewand über alles liebt, wird sich mit den Hamburgern eine neue Dröhnung in die neogotische Stube holen. Für alle anderen bleibt es höchstens bei einem "kleinen Frühstück für zwischendurch". Potenzial kann man der Band allerdings nicht absprechen und möglicherweise langt es ja mit einer der nächsten Veröffentlichungen zu einem "Gourmethappen".
Anspieltipps: Burn, Euthanasia, My Sorrow, Grown, Looking Back
- Redakteur:
- Jörg Scholz