MOONSPELL - 1755
Auch im Soundcheck: Soundcheck 11/2017
Mehr über Moonspell
- Genre:
- Gothic Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 03.11.2017
- Em Nome Do Medo
- 1755
- In Tremor Dei
- Desastre
- Abanao
- Evento
- 1 De Novembro
- Ruinas
- Todos Os Santos
- Lanterna Dos Afogados
Vertonte Geschichtsstunde
Nicht falsch verstehen, denn MOONSPELL steht seit jeher für hochklassige Düstermucke, ging auf den vergangenen Scheiben aber auch etwas zu sehr auf Nummer sicher. Dies haben sich die sympathischen Portugiesen zuletzt zu Herzen genommen und auf "1755", Album Nummer zwölf, ihre Ausrichtung an einigen Stellen etwas feingetunt.
Die ungewöhnlichste Neuerung, die dem geneigten Hörer auffällt, ist die Tatsache, dass Frontmann Fernando Ribeiro sämtliche Lyrics auf Portugiesisch vorträgt. Leider entziehen sich dadurch dem gemeinen Fan die genauen Textinhalte - 1755 ereilte Lissabon eine Naturkatastrophe historischen Ausmaßes, bei der einem vernichtenden Tsunami zwischen 30.000 und 100.000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Dadurch verleiht der Sänger den zehn Songs (inklusive des Coversongs 'Lanterna Dos Afogados') eine unglaubliche Intensität.
Für ein weiteres Novum auf der Jubiläumsscheibe zum 25-jährigen Bandbestehen sorgt ebenfalls der Sänger. Nutzte Ribeiro in der Vergangenheit stets seine hervorragende aggressive und seine einzigartige Singstimme, kommt letztgenannte auf "1755" kein einziges Mal vor. So sehr ich den Bariton auch vermisse, so essenziell ist der heterogene Gesang. Warum? Das Wechselspiel aus Standard-Rock-Combo (Gitarren, Bass, Schlagzeug) und Orchester-Arrangements samt fetten Chören erfordert einer roten Linie, um trotz der vielschichtigen Instrumentierung catchy zu bleiben. Vereinfacht ausgedrückt: Ribeiro opfert quasi seine melodische Stimme, um die Songs zusammenzuhalten.
Dabei klingt Ribeiro auf "1755" viel mehr als Teil des Ganzen, was sicherlich auch der Produktion gutgeschrieben werden kann. Der Gesang ist im Gegensatz zu den Vorgängern besser im Gesamtsound eingebettet, was die Scheibe weniger als "Sänger-Werk", sondern als das Produkt der fünf Musiker erscheinen lässt. Die Songs sind wie eingangs angesprochen auch auf dem aktuellen Silberling größtenteils über jeden Zweifel erhaben. Das Intro 'En Nome Do Medo' geht fast schon als eigener Song durch, in dem Ribeiro sich inmitten eines Orchesters austoben kann. Klingt anfangs ungewöhnlich, erweist sich nach mehrmaligem Durchhörern aber als idealer Anfangspunkt der knapp 48 Minuten.
Highlights sind für mich zweifellos 'Ruínas' (mit dem majestätischen Stampf-Rhythmus und einer genialen Wendung ab der Hälfte des Songs), '1 De Novembro' (war MOONSPELL je schneller unterwegs?) und die geniale Coverversion 'Lanterna Dos Afogados' der brasilianischen Pop-Band OS PARALALMAS DO SUCESSO, die mich stellenweise an TYPE O NEGATIVEs 'The Haunted' erinnert: Übrigens ist es ausgerechnet eine Fremdkomposition, bei der Ribeiro auch einmal clean singt - Ausnahmen bestätigen die Regel.
Unter dem Strich stehen somit acht Zähler für die vertonte Geschichtsstunde, die so manch einer so nicht auf dem Schirm gehabt hatte - ich genauso wenig. Danke dafür, MOONSPELL!
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Haris Durakovic