MORBID ANGEL - Kingdoms Disdained
Auch im Soundcheck: Soundcheck 12/2017
Mehr über Morbid Angel
- Genre:
- Death Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Netinfect
- Release:
- 01.12.2017
- Piles Of Little Arms
- D.E.A.D.
- Garden Of Disdain
- The Righteous Voice
- Architect And Iconoclast
- Paradigms Warped
- The Pillars Crumbling
- For No Master
- Declaring New Law
- From The Hand Of Kings
- The Fall Of Idols
Wieder 100% MORBID ANGEL
Alle mal die Hände hoch, die den Vorgänger "Illud Divinum Insanus" öfter als fünf Mal gehört haben und diese Scheibe zu den Highlights der MORBID ANGEL-Diskographie zählen. Dürften nicht allzu viele sein, bei den meisten wird die Scheibe wohl eher unter einer dicken Staubschicht im Regal verrotten. Und dabei schürte das vorher bereits live gespielte 'Nevermore' damals riesige Erwartungen, die sich direkt nach Veröffentlichung der Scheibe in Luft auflösten. Was also lernen wir daraus? Traue niemals einem Vorabsong, sondern bleibe lieber skeptisch!
Auch für "Kingdoms Disdained" gab es mit dem echt großartigen 'Piles Of Little Arms' (hier als Opener fungierend) erstmals neues Material zu hören. Und auch das kurz vor Release veröffentlichte 'For My Master' haute famos ins Brett und klang zudem wieder wie MORBID ANGEL zur Jahrtausendwende. Nun stellt sich die Frage: muss der Fan sich ein weiteres Mal eine EP brennen/auf den Stick ziehen, auf dem die besten (und einzigen) Death Metal-Songs des Albums enthalten sind? War vielleicht David Vincent damals schuld an allem? Ist "Kingdoms Disdained" eine Überraschung und kann an die alten Werke anknüpfen? Nun, über Schuld oder Unschuld eines David V. kann natürlich nur spekuliert werden, aber Tatsache ist, dass der streitbare Ex-Fronter keine Berührungsängste gegenüber "seltsamer" Musik hat und dies tatsächlich auf den Vorgänger abgefärbt haben könnte. Denn Tatsache ist auch, dass das neue Album ein absolutes Brett geworden ist und Neu-/Wieder-Sänger Steve Tucker seine Sache super macht. Klar hatte Vincents Gesang ein Alleinstellungsmerkmal und wird wohl auch immer eng mit dem Namen MORBID ANGEL verbunden sein. Allerdings ist auch Tucker kein 0815-Sänger und kann den Songs zu jeder Zeit seinen Stempel aufdrücken.
Und genau diese Songs haben es allesamt so dermaßen in sich. Was Trey, dieser kleine lockige Jimmy Hendrix des Death Metal mal wieder aus seiner Gitarre zaubert, ist einfach komplett over the top. Statt Skalenreiterei und Hochgeschwindigkeitsabfahrten auf dem Griffbrett gibt es dauernd diese einzigartige Verrücktheit in seinem Gitarrenspiel zu bewundern. Und dazu Arrangements, die wie von einem anderen Planeten anmuten, die Platte aber auch zu einem der "unzugänglichsten" Alben in der Karriere der Morbiden Engel machen. Unzugänglich soll an dieser Stelle bedeuten, dass es einige Durchläufe braucht, um die Songs in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Wer Eingängigkeit und Easy Listening bevorzugt, ist mit den ersten Scheiben besser bedient und könnte mit "Kingdoms Disdained" ein paar Schwierigkeiten bekommen.
Allerdings bleibt das Werk selbst nach 10-15 Durchgängen immer noch hochspannend, weil man immer noch nicht alle Facetten des Songwritings erfasst hat und dauernd neue, zuvor nicht bemerkte Wendungen und Twists entdeckt. Dabei klingt natürlich alles zu 100 Prozent nach MORBID ANGEL, heißt: man wechselt spielerisch zwschen alles zermalmenden SloMo-Passagen und brachialer Geschwindigkeit, geizt nicht mit den für Trey einzigartigen Riffs (man höre nur mal diese typische Gitarrenmelodie bei 'D.E.A.D.') und erreicht relativ spielend das Niveau einer "Formulas Fatal To The Flesh", zeigt aber auch das ein oder andere Mal in Richtung ganz alter Zeiten ('The Righteous Voice' hätte auch einem der ersten drei Alben eine gute Figur gemacht).
Ob das Album zu den ersten drei Klassikern aufschließen kann, muss dagegen der Langzeittest zeigen. Tatsache ist aber, dass "Kingdoms Disdained" endlich wieder ein reinrassiges, großartiges MORBID ANGEL-Album ist, das für "Illud Divinum Insanus" entschädigt, auf der rechten Spur am für mich unterbewerteten, von vielen aber als schwach betrachteten "Heretic" vorbeizieht und die Band endlich wieder dahin katapultiert, wo sie immer hingehörte: an die Spitze! Hätte CANNIBAL CORPSE nicht gerade ein Wahnsinnsteil vorgelegt (das mich noch ein klitzekleines bisschen mehr abgeholt hat), hätten wir es hier mit dem US-Death-Metal-Album des Jahres zu tun
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Michael Meyer