MORBUS DOWN - Zündholz
Mehr über Morbus Down
- Genre:
- Hardcore / Punk
- ∅-Note:
- 6.00
- Label:
- Coast Rock
- Release:
- 17.12.2012
- Irgendwo
- Anders
- Rockshow
- Das geht dich gar nichts an
- Fauler Nerz
- Koks & Nutten
- Fremd für mich
Oldschool-Hardcore wie ihn die Welt hasst und die Szene liebt
Das Millennium liegt in weiter Ferne, von Britney Spears hat noch niemand einen Mucks gehört, Helmut Kohl bleibt auf ewig Bundeskanzler, und Lothar Matthäus ist ein Weltklasse-Libero und kein hämisch verlachter C-Promi des deutschen Boulevard. Während all dem liefern die Kieler Hardcore-Rocker von MORBUS DOWN mit "Zündholz" den passenden Anti-Soundtrack gegen den scheinheiligen Wiedereinzug des Spießertums: Roh wie ein kaltes, blutiges Steak, ungestüm und ungebremst knallt einem Oldschool-Hardcore der ureigensten Sorte ins Gesicht wie ein biergetränkter Barhocker. Okay, aktuelle Themen wie Investmentbanking und Facebook haben in die Texte des Quartetts Einzug gehalten, aber davon abgesehen wähnt man sich ganz selbstverständlich im lärmenden Sound des 80er-Jahre-Hardcorepunks. Fröhlich gegrölte Gesesellschaftskritik in durchaus einfallsreichen Texten, 4-Akkorde-Geschrubbel, ein 7-Tracker, der es nur dank der achtminütigen Pause vor einem akustischen Bonustrack auf 27 Minuten Gesamtlaufzeit schafft – alte Schule wie sie authentischer nicht sein könnte. Wer will das heute noch hören? Darauf gibt es exakt zwei richtige Antworten.
Die musikalischen Entwicklungen, die auch und gerade Punk-/Hardcorebands und ihre Nachfolger in den letzten 20 Jahren durch- und mitgemacht haben, sind spurlos an MORBUS DOWN vorübergegangen. Man kann das begrüßen oder kritisieren. Man kann HATEBREED als kommerzgeil verschreien oder SUICIDAL TENDENCIES als harmlosen Festivalgag abkanzeln. Fakt ist, dass dogmatische Hardcore-Anhänger Abwandlungen ihres ureigenen Sounds immer schon als Verrat gebrandmarkt haben. Dabei kann ein wenig Abwechslung durchaus auch gut tun – denn so wie "Zündholz" ist es schon zahllosen anderen Genreveröffentlichungen ergangen: Live setzt es Prügel, Schweiß und Blut, im Plattenregal angesichts chronischer Abwechslungsarmut jedoch Staub an. Ein klitzekleines bisschen Mut zur Innovation wäre jedoch wohl schon (zu) viel verlangt.
Als eingefleischter Oldschool-Hardcorler hat man an fiesen, tanzbaren Auf-die-Fresse-Nummern wie 'Koks & Nutten' selbstverständlich seine helle Freude. Keine Frage. Auch Sänger Semmel hat im Übrigen deutlich mehr drauf als die meisten Brüllwürfel, die man an so manch hellem Festivalnachmittag von der Nebenbühne krächzen hört. Aber so positiv man die Resistenz der Band gegen die Einflüsse musikalischer Trends auch werten mag – Absicht oder nicht, der Sound dieser Ultrakurz-Platte ist dermaßen schrottig und lärmend dass es einem bei den ersten Tönen schmerzhaft in die Glieder fährt. Naja, wie heißt es im Promozettel der Band? "Musik die nicht schön ist aber ehrlich und direkt." Ich für meinen Teil bin voll und ganz überzeugt, dass die Jungs genau wissen was sie tun.
Anspieltipps: Fremd für mich, Koks & Nutten
- Note:
- 6.00
- Redakteur:
- Timon Krause