MORGANA LEFAY - Grand Materia
Mehr über Morgana Lefay
- Genre:
- Heavy / Power Metal
- Label:
- Black Mark
- Release:
- 02.05.2005
- Grand Materia
- My Funeral Is Calling
- Only Endless Time Remains
- Hollow
- Edge Of Mind
- On The Other Side
- I Roam
- Emotional Sanctuary
- Angels Deceit
- The Operations Of The Sun
- Blind
- My Task Is Done
Durch die Rückkehr zu ihrem alten Label Black Mark haben die fünf Schweden von MORGANA LEFAY nach einigen Jahren unter dem Banner LEFAY und dem darauf folgenden zwischenzeitlichen Aus der Band nun wieder das Recht erlangt, unter ihrem ursprünglichen Namen zu firmieren. Die erste Frucht der neuerlichen Zusammenarbeit trägt nun den Namen "Grand Materia" und ist ein Konzeptalbum geworden, das die im Booklet ausführlich ausgebreitete Geschichte eines Alchemisten erzählt, der den Stein der Weisen findet, welcher ihm ewige Jugend verleiht. Doch er wird verfolgt ... von der Zeit, die ihr Recht fordert. Das wie gewohnt von Kristian Wåhlin mit einem tollen Gemälde veredelte achte reguläre Studioalbum der Bollnäser erzählt diese Geschichte, über eine Stunde und zwölf Songs verteilt, sehr eindringlich und facettenreich, versäumt es dabei aber nicht, auch auf enorm starke Einzelstücke zu achten. So ist "Grand Materia" keines jener Konzeptalben, die nur als Ganzes am Stück funktionieren. Jeder einzelne Song eignet sich auch für den Einbau in das Liveset der Band, wie die kürzlich gelaufene Comebacktour eindrucksvoll bewiesen hat, bei der die vier gespielten neuen Stücke gleichermaßen abgefeiert wurden wie die Klassiker.
Den Vergleich mit den eigenen Großtaten der Vergangenheit braucht das Quintett auch überhaupt nicht zu scheuen, da es sich mit dem neuen Album weder selbst kopiert, noch auch nur ansatzweise Gefahr laufen würde, einen Stilbruch zu begehen. Zwar ist die Produktion ein wenig moderner, oder besser: zeitgemäßer als noch in den Neunzigern, und auch einige musikalische Passagen offenbaren, dass die vierjährige Pause nicht ganz spurlos an der Band vorübergegangen ist, doch ist es erfreulicherweise so, dass sich das Grundgerüst von MORGANA LEFAY nicht verändert hat. Dieses besteht nach wie vor aus teils melancholischem, teils hartem Heavy Metal mit fesselnden Melodiebögen und den unverkennbaren Hooklines von Sänger Charles Rytkönen, deren Timbre noch immer ein wenig an Jon Oliva in seiner besten Zeit erinnert, dabei aber ein wenig tiefer und rauer ist. Zu dieser Basis gesellen sich manche neue Elemente, wie ein wenig Downtuning, die eine oder andere dominante Basslinie oder ein paar heftige Stakkatoriffs, die allerdings kein bisschen deplatziert oder aufgesetzt wirken, sondern - im Gegenteil - dem Album eine Frische verleihen, die "Maleficium Part II" sicher nicht versprüht hätte.
Ihr seht schon, von mir werdet ihr nichts Schlechtes über "Grand Materia" hören, und das hat nichts damit zu tun, dass ich hier jemandem schöntun wollte, sondern ich finde schlichtweg nichts, das ich mir auf diesem Album anders wünschen würde. Bereits mit dem eröffnenden Titeltrack verzaubert die Band den Hörer mit gediegener Heaviness im Midtempo, erhabenen, aber völlig unkitschigen Chören im Refrain und sehr emotionalen Gesangslinien. 'My Funeral Is Calling' zieht die Geschwindigkeit deutlich an und haut uns im Vers heftige Stakkati um die Ohren, um im Refrain klassischen ML-Stil zu präsentieren und das Stück mit etlichen melancholischen Einschüben und fantastischen Leads anzureichern. Eine reinrassige Ballade mit starken Akustikgitarren und sehr gefühlvollem Gesang ist auch mit an Bord. Dabei ist 'Only Endless Time Remains' zum Glück nicht die hunderttausendste belanglose Power-Metal-Halbballade nach Schema F. Die Band beweist Mut und zieht das Balladenmuster konsequent durch, wobei aber auch eine Kulmination mit intensivem E-Gitarrensolo nicht fehlt.
Ein weiteres ganz großes Highlight und ein schon auf der ersten Tour zum neuen Album als künftiger Liveklassiker feststehendes Stück ist 'Hollow' mit seinem starken Shoutchorus, den sägenden Riffs und Rytkönens hier weitgehend sehr bissiger Gesangsdarbietung, die allerdings in den ruhigeren Passagen auch sehr melancholisch und düster ausfällt. 'Edge Of Mind' und auch 'Emotional Sanctuary' sind ein wenig sperriger und erinnern mich beim sehr harten und etwas hektischen Riffing und einigen Breaks ein wenig an NEVERMORE, während 'On The Other Side' für die Schweden mit leicht doomigen Elementen und erneut extrem starken Gesangslinien wieder typischer ist. Mit 'I Roam' folgt das vielleicht modernste Stück der Bandgeschichte, dessen Riffing und Sound durchaus ein wenig was von melodischem Death Metal und Neo Thrash zu haben scheinen. Durch den sehr starken Chorrefrain und Charles urtypische Vocals in den Versen ist das Lied aber trotzdem eindeutig MORGANA LEFAY zuzuordnen. Ein sehr schnelles Exponat ist 'Angel's Deceit' mit seinem überirdischen Chorus, das einen schönen Kontrast zum vielschichtigen und kompositorisch sehr anspruchsvollen 'The Operations Of The Sun' bildet; und während 'Blind' noch mal recht thrashige Töne und nach einer genialen Bridge einen sehr brutalen Refrain anschlägt, endet "Grand Materia" mit dem epischen 'My Task Is Done' sehr gefühlvoll und erhaben.
Im Falle von MORGANA LEFAY werde ich also erneut nicht in den Chor all jener einstimmen, die einen riesigen Spaß daran zu haben scheinen, Comebacks jeglicher Art schlecht zu reden, auch wenn sie es überhaupt nicht sind. Sicher mag es die eine oder andere überflüssige oder sehr durchwachsene Rückkehr geben, doch die fünf Mannen aus Bollnäs gehören definitiv nicht dazu. Genau wie ihre Landsleute von CANDLEMASS haben auch Rytkönen, Eriksson & Co. ein mehr als überzeugendes Reunionalbum im Gepäck, das nach mehreren Tagen Dauerrotation für mich durchaus auf Augenhöhe mit einem Meisterwerk wie "Maleficium" steht. Ob es jenem den Rang als mein persönliches Lieblingsalbum der Band wird ablaufen können, kann nur der Langzeiteffekt beweisen, aber einstweilen kann ich "Grand Materia" mit absolut ruhigem Gewissen weiterempfehlen. Es ist wirklich schön, dass es diese Band wieder gibt.
Anspieltipps: Grand Materia, Only Endless Time Remains, Hollow, Angel's Deceit
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle