MOTOROWL - Atlas
Auch im Soundcheck: Soundcheck 07/2018
Mehr über Motorowl
- Genre:
- Psychedelic Doom Rock
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Century Media
- Release:
- 27.07.2018
- Infinite Logbook
- The Man Who Rules The World
- Atlas
- To Give
- To Take
- Cargo
- Norma Jean
Mit "Atlas" werden keine Eulen nach Athen getragen, sondern herrlicher Psychedelic Doom kredenzt.
Schon als ich den Bandnamen das erste Mal irgendwo las, war ich entzückt: Kurz, prägnant und hübsche Bilder im Kopf hervorrufend, denn was zum Henker ist eigentlich eine Motoreule? Eine Band, die sich so nennt, kann eigentlich nur gut sein.
Mit so viel Sympathie-Vorschuss wurde in das Debütalbum "Om Generator" (2016) gelauscht und das Gehörte konnte vom Fleck weg überzeugen. So viele starke Songs, die sich ins Hirn brennen. So eine lässige, gediegene Atmosphäre, die das gesamte Album durchzieht. Der zweite Streich schlägt nun in die selbe Kerbe - ein bisschen ungezügelter war das Debüt sicherlich, aber dafür packt der wohlig-warme Sound nun noch unmittelbarer. Die Band erinnert mich damit nun noch stärker an BLACK MOUNTAIN (vor allem wegen der sehr präsenten orgeligen Synthies), was nicht die schlechteste Adresse im Psychedelic Rock ist.
"Atlas" ist aber nicht einfach nur ein weiteres Album voller Retrorock. Wie es an allen Ecken und Enden wabert, flirrt und trotzdem wunderbar auf den Punkt und mit tollen Melodien daher kommt - das ist schon etwas Besonderes. Vielleicht ist es mit Stilistik und Songstrukturen nicht hinreichend zu erklären, aber die Atmosphäre, die auf dieser Scheibe allgegenwärtig ist, hat etwas Hypnotisches und zugleich ungemein Leichtes, dem man sich nur schwer entziehen kann. Allein dadurch hat die Band schon etwas erreicht, was den Rundling wie von selbst zum Dauerbrenner werden lässt. War, was mich betrifft, bei "Om Generator" übrigens auch schon so.
"Atlas" muss keine Härterekorde aufstellen, um einprägsam und mitreißend zu sein. Dennoch können die Thüringer natürlich auch straight losrocken wie im wilden Ritt, den der Titeltrack aufbietet. Außerdem blitzt immer wieder Doomiges im psychedelischen Reigen durch. Der Doom-Song schlechthin steht allerdings ganz am Ende. Das schleppende Riff von 'Norma Jean' rumpelt und knarzt nicht, ist aber dennoch so monströs wie ein Vierzigtonner.
Mit einer gewissen Theatralik fügt man dem psychedelischen Element noch etwas düstere Epik hinzu - man höre nur mal den Beginn von 'To Take'. Unvermittelt bricht diese mächtige Wand über den Hörer herein - einer der besten Momente auf der Platte. Dann nimmt man sich kurz zurück, bevor der Rock in den Song zurückkehrt. Wie MOTOROWL mit diesen Elementen und Stimmungen spielt, das ist schon große Klasse. Dabei sind das nicht mal viele Facetten und Wendungen, die sich damit vollführen lassen, denn sonderlich abwechslungsreich ist das Ganze nicht. Aber es wird genau richtig in Szene gesetzt und natürlich ist es - wie so oft - von Vorteil, wenn man sich Zeit lässt und die Musik behutsam aufbaut, was allerdings auch voraussetzt, dass der Hörer sich darauf einlässt und nicht nur mit halbem Ohr einen Mitsingrefrain aufzuschnappen versucht. Dieses Album funktioniert anders: nämlich am Stück, am besten mit Kopfhörer darin eintauchen und anschließend wundern, wie schnell die Dreiviertelstunde Spielzeit verflogen ist.
Der Gesang könnte stellenweise sogar noch etwas charismatischer sein, ganz groß sind die Vocals allerdings beim bereits erwähnten 'To Take' - Epik liegt dem Mann einfach! Aber es wäre sicher auch cool, ihn in den richtigen Momenten auch mal losbrüllen zu hören, wie am Ende von 'Norma Jean' oder auch auf "Om Generator" bereits geschehen.
Fazit: Es ist ein bemerkenswert flüssiges und schlüssiges Album für diese junge Truppe. Ob MOTOROWL nun genauso abgefeiert werden wird, wie andere junge Emporkömmlinge, die "old stuff" machen - gemeint ist VINTAGE CARAVAN - wird sich zeigen. Ich persönlich habe es ja lieber eine Nummer kleiner. Außer Frage steht aber: Hier wächst auf jeden Fall etwas heran.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer