MY DYING BRIDE - A Line Of Deathless Kings
Mehr über My Dying Bride
- Genre:
- Doom / Death Metal
- Label:
- Peaceville / SPV
- Release:
- 13.10.2006
- To Remain Tombless
- L'Amour Detruit
- I Cannot Be Loved
- And I Walk With Them
- Thy Raven Wings
- Loves Intolerable Pain
- One Of Beauty's Daughters
- Deeper Down
- The Blood, The Wine, The Roses
Obwohl ich seit jeher ein großer Doom-Fan bin, war diese britische Institution des Trauersounds mir immer ein wenig fremd geblieben. Nicht weil ich sie nicht gemocht hätte. Ganz im Gegenteil, ich war schon immer vom Schaffen der Band beeindruckt, aber irgendwie hab ich nie die Kurve gekriegt, mich richtig in ihr Material zu vertiefen, und das ist eben nötig, damit sich Musik von dieser Tiefe und Vielschichtigkeit vollends entfalten kann. Erstaunlich, dass es mir nun ausgerechnet mit dem neunten Studioalbum von MY DYING BRIDE gelungen ist, den Zugang zu finden und langsam aber sicher zum MDB-Fan zu mutieren. Dies ist deshalb bemerkenswert, weil zumindest meinem Eindruck nach "A Line Of Deathless Kings" eigentlich noch komplexer und vielschichtiger ist als ein Großteil des früheren Schaffens der Band. Somit sollte es sich doch auch noch schwerer erschließen, möchte man meinen.
Nun, kann sein, aber hat man diesen Zugung mal gefunden, tut sich dem Hörer eine verzaubernde Klangwelt auf, die wahrlich nicht so ganz von dieser Welt zu sein scheint. In neun ausufernden Kompositionen, deren Spielzeiten sich allesamt zwischen knappen sechs und guten neun Minuten bewegen, zeigen die Briten eindrucksvoll, warum sie von manchen teils höhnisch, oft aber auch bewundernd als Trauerweiden bezeichnet werden. Hört euch den spacigen Anfang des Openers 'To Remain Tombless' an, die sphärischen Effekte, die klagenden Leadmelodien und den fragilen, klaren Gesang, und ihr seht vor dem inneren Auge förmlich wie der Herbstnebel fahlgrau heraufzieht und die kahlen Zweige eben jenes Baumes sich im kalten Wind wiegen. Doch es ist nicht nur entrückte Melancholie, welche MY DYING BRIDE hier verbreiten, es gibt auch überraschend harte Riffs mit erneut elektronischen Effekten, die intensive Kontrastpunkte setzen, bevor ergreifende Harmonien eine doomige Auflösung bewirken, welche dieser harte und schwer verdauliche Brocken am Anfang auch nötig hat.
Mit 'L'Amour Detruit' geht es klassischer weiter, mit Aaron Stainthorpes sanftem, beschwörendem Gesang vor schwermütigen teils gedoppelten Leads und tonnenschweren Riffs. Dazu gibt es sphärisch-psychedelische Einschübe mit interessanten Bassfiguren und im Mittelstück eine fast schwarzmetallische Riffkaskade. Mehr vom Zusammenspiel zwischen doomigen Riffs und elegischem Piano ist 'I Cannot Be Loved' geprägt, während sich 'And I Walk With Them' streckenweise in etwas angezogenem Tempo und vor allem mit sehr metallischen Riffs präsentiert. Hier ist der 70er-Doom-Einfluss doch recht präsent in die bandtypische Atmosphäre integriert, was auch der ausgedehnte Instrumentalteil im Mittelstück schön untermauert. Toll ist auch der bedeutungsschwere Spoken-Word-Teil gegen Ende. Das eher kurze 'Thy Raven Wings' begeistert vor allem durch die überragende Gesangsleistung von Aaron und die Chöre gegen Ende des Mittelstücks. Ein gewisses CELTIC FROST-Feeling stellt sich beim stoisch riffigen 'Loves Intolerable Pain' ein, das auch durch den kalt und emotionslos gesprochenen Stimmeinsatz in diese Richtung gedrückt wird, in der zweiten Hälfte jedoch mit anderen Stimmungen und dem Wechsel zwischen Klargesang und schwarzmetallischem Keifen überrascht, bevor verträumte akustische Gitarren und ein erneuter Spoken-Word-Part das intensive Ende einleiten, das den "frostigen" Sound des Anfangs wieder aufnimmt. Sodann folgt das sehr mantrisch angelegte 'One Of Beauty's Daughters', das mit vielen Stimm- und Soundeffekten aufwarten kann, das dynamische und doch gebremste 'Deeper Down', das auch mit interessanten Doublebass-Elementen um die Ecke kommt, und zu guter Letzt das epische Finale in Gestalt von 'The Blood, The Wine, The Roses', bei dem MY DYING BRIDE noch mal alle Register ziehen, die ihnen zur Verfügung stehen: Erst ein kurzes A-Cappella-Intro, dann dynamisches Riffing, leicht verfremdeter Gesang, orientalische Melodiebögen und vieles mehr, inklusive derber Überraschung am Ende.
Was MY DYING BRIDE meilenweit aus dem Ozean an soliden bis guten Funeral-Doom- und Gothic-Metal-Bands heraushebt, ist die unfassbare Musikalität, mit welcher die Engländer zu Werke gehen. Sie bauen nicht nur eine dichte und tieftraurige Stimmung auf und ziehen diese eine Stunde lang durch, sondern sie spielen so gekonnt mit Feinheiten, Stimmungen, Finessen in den Arrangements und mit verzaubernden instrumentalen und kompositorischen Details, dass man nur staunen kann. Die Band ist zu Recht eine der absoluten Referenzbands des Genres, und diesen Ruf zementiert sie mit "A Line Of Deathless Kings" mehr als eindrucksvoll. Bleibt mir nur der Rat an die Doomliebhaber unter euch, diese Scheibe zu verhaften, präsentiert sie doch noch immer sehr authentisch die klassisch britische Funeral-Doom-Schule wie heute keine zweite Band mehr.
Anspieltipps: L'Amour Detruit, And I Walk With Them, Loves Intolerable Pain, Thy Raven Wings, The Blood...
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle