MY DYING BRIDE - For Lies I Sire
Mehr über My Dying Bride
- Genre:
- Gothic Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Peaceville Records/SPV
- Release:
- 27.03.2009
- My Body, A Funeral
- Fall With Me
- For Lies I Sire
- Bring Me Victory
- Echoes From A Hollow Soul
- Shadowhaunt
- Santuarion Di Sangue
- A Chapter In Loathing
- Death Triumphant
Eine musikalische Ode an die Natur...
Licht spendet Leben, Trost und Hoffnung. Je intensiver es scheint, desto mehr steigt der Wille, sich durch den Tag zu fressen und Tiefen mit vollem Ergeiz zu meistern. Die Dunkelheit entzieht Energie, macht müde und verleitet dazu, von einem besseren Leben zu träumen. Sie lässt träumen, um die alltäglichen Schicksale und das Erlebte verarbeiten zu können. Das symbolisch Gute und Böse, Licht und Dunkelheit, sind untrennbar miteinander verbunden. Eine Allianz der Schöpfung ohne die wir Menschen durch Reizüberflutung permanent am Rand des Wahnsinns vegetieren würden. Das Dunkel hat aber noch eine andere Faszination, die sich in der Mystik des nicht greifbaren, nicht sichtbaren begründet. In der Unsicherheit und der Unkenntnis, was gerade um einen herum geschieht. Sie bietet aber auch Schutz für jene, denen das Licht zu hell, zu hoffnungsvoll und zu reizüberflutend ist. Für jene, deren Philosophie Melancholie bedeutet, deren Herzschmerz, Sehnsucht und Wehmut die wahre Erleuchtung ist.
"For Lies I Sire" stellt bereits nach Sekunden klar, was im Verlauf der neuen MY DYING BRIDE um einen herum geschehen wird und negiert somit das Unsichtbare, ist deswegen aber nicht minder erdrückend. "For Lies I Sire" manifestiert teilweise die Finsternis, pumpt die Kälte, die unsereins in den schlimmsten Momenten des Lebens in jeder Zelle frösteln lässt, durch Mark und Bein ('Santuario Di Sangue', 'A Chapter In Laughing'). Andererseits lassen MY DYING BRIDE immer wieder die Sonnenstrahlen durch die eiskalten Tiefebenen musikalischer Depression brechen, bevor auf ein Neues die notalen Eisschollen die Membrane gefrieren.
Es regieren häufig, wenn auch in urtypischen Bahnen, Chaos, Kälte und Hoffnungslosigkeit wenn MY DYING BRIDE den geneigten Hörer an ihrem Doom-Gebirge zerschellen lassen. War das bei dieser Band nicht immer so? Ist das jetzt was Neues? Ja, den so durch und durch "Dying" war die "Bride" bislang selten. Denn selten ergossen sie einen solchen Schwall beklemmender Emotionen, deren Auswirkung auf den Hörer brachialer nicht sein könnte. Man badet förmlich in einem Ozean der Melancholie wie dem Titelsong, der einfach alles ertränkt, was fröhlich zu sein glaubte...
War schon "A Line Of Deathless Kings" ein Prachtexemplar klirrender Kälte und haben MY DYING BRIDE schon viele Klassiker in ihre Karriere veröffentlicht, setzt "For Lies I Sire" partiell noch Schippen drauf. Mit teilweise erbarmungslosem Schub in den Klampfen (das schon tanzbare, PARADISE LOST-mäßige 'Bring Me Victory' – Hymne!) beweisen MY DYING BRIDE einmal mehr, dass sie es wie kaum eine andere Band des Genres verstehen, den Hörer mit sowohl harmonischen als auch disharmonischen Melodien zu elektrisieren und mit einer Musik zu konfrontieren, deren Grundessenz zum einen das Pendant zu einem gefrorenem Monolithen, zum anderen zur Sonne sein könnte, die Selbigen vor Rutschgefahren bewahrt. Das ist große Kunst, denn nur wenige Musiker schaffen es, auditive Schönheit mit Unwohlsein und Unbehaglichkeit zu paaren und so durch reine Musikalität Kopfkino entstehen zu lassen.
Symbiotisches Verschmelzen von Licht und Schatten, von Hoffnung und Trauer, von Lebenswille und Todesnähe, summiert sich zu einem gesunden Lebensfundament, das einen soliden Umgang mit sich selbst und seiner Umwelt gewährleistet. So tönt die neue Langrille von MY DYING BRIDE. Auf der einen Seite Ausweglosigkeit, Düsternis und teilweise sogar heftige Aggressivität, ja fast schon vernichtende musikalische Negativität. Auf der anderen Seite leuchtende, vertonte Hoffnung, wunderschöne und blumige Melodien, die zum träumen anregen, bevor man einmal mehr von einer Welle der Melancholie und zielgerichteter, alles verschluckender Trauer geflutet wird.
So gesehen ist "For Lies I Sire" wie eine Ode an die Natur, wie eine musikalische Momentaufnahme, deren Intensität, Ausdrucksform und Ausdruckskraft sich wie das Wetter in den unterschiedlichen Jahreszeiten verhält. Mal stürmt es, mal schneit es, mal regnet es. Doch genauso oft wärmen die Lichtstrahlen und die musikalische Sphäre verschafft uns freie Sicht auf den sternenklaren Nachthimmel.
Anspieltipps: 'Fall With Me', 'Bring Me Victory', 'Death Triumphant'
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Alex Straka