NAGLFAR - Pariah
Mehr über Naglfar
- Genre:
- Black / Death Metal
- Label:
- Century Media / SPV
- Release:
- 20.06.2005
- Proclamation
- A Swarm Of Plagues
- Spoken Words Of Venom
- The Murder Manifesto
- Revelations Carved In Flesh
- None Shall Be Spared
- And The World Shall Be Your Grave
- The Perpetual Horrors
- Carnal Scorn & Spiritual Malice
Spätestens seit sich der einstige Genrekönig DISSECTION ins kriminelle Abseits manövriert hat und über Jahre hinaus stillgelegt war, sind die Jungs aus dem nordschwedischen Umeå die absolute Speerspitze des melodischen aber dennoch extrem harten schwedischen Black Metal. Nachdem jedoch bereits das Debütalbum "Vittra" aus dem Jahre 1995 aus dem Stand heraus für euphorische Reaktionen gesorgt hatte und sofort als Klassiker gefeiert wurde, musste sich das Quintett stets an diesem Album messen lassen und erreichte dieses Niveau mit dem Nachfolger "Diabolical" auch nicht ganz. "Sheol" war dann wieder ganz große Klasse, doch insgesamt etwas weniger melodisch ausgerichtet als das Referenzwerk. Als es dann Anfang 2005 bekannt wurde, dass Gründungsmitglied und Sänger Jens Rydén die Band verlassen habe, um sich auf den Abschluss seines Studiums zu konzentrieren, sahen nicht wenige die Hoffnung schwinden, dass NAGLFAR noch mal würden an ihre Glanztaten anknüpfen können.
Doch weit gefehlt! "Pariah" ist nämlich ein wirklich gigantisches Werk, das hundertprozentig nach den NAGLFAR klingt, die ich hören will. Der Wechsel am Mikro, das nun Bassist Kristoffer W. Olivius übernommen hat, steht dem auch überhaupt nicht im Wege. Er klingt natürlich schon ein kleines bisschen anders als Jens, der Unterschied ist aber so gering, dass sich der Charakter der Band nicht wesentlich ändert. Außerdem hat Kristoffer jahrelange Erfahrung als Frontmann von SETHERIAL, und so gibt es am Gesang nichts, aber auch gar nichts, was man hätte besser machen können. Das wirklich Entscheidende ist aber, dass auch das Songwriting von allererster Güte ist, und es den nun zum Quartett geschrumpften NAGLFAR gelingt, in ihr aggressives Geknüppel dermaßen geniale Melodielinien einzubauen, wie man sie in derart extremen Musikbereichen nur ganz selten findet. Nach dem kurzen Intro mit industriellen Samples und einer dämonischen Beschwörungsformel, legen die Schweden bereits mit dem Opener 'A Swarm Of Plagues' ein Monster von einem Song vor, das ich zum Besten zähle, was uns der schwedische Black Metal jemals aufgetischt hat. Die überirdischen Leads, das infernalische Doublebass-Gewitter und der unvergessliche Refrain stellen das Stück in eine Reihe mit schwarzmetallischen Gassenhauern wie 'Open The Gates' oder 'Night's Blood'.
Stellt sich die Frage, ob NAGLFAR dieses Niveau über die gesamte Spielzeit werden halten können. Doch keine Sorge, sie können, und zwar mit Leichtigkeit. Während sie das Aggressionslevel und die Geschwindigkeit für 'Spoken Words Of Venom' noch ein wenig mehr steigern, kommt bei 'The Murder Manifesto' das volle Kontrastprogramm. Hier wird das Tempo ganz gezielt gedrosselt, einige Riffs sind gar fast doomig aber dennoch scharf wie ein Skalpell. Dazu gesellt sich ein stampfender Groove, der zugleich für Abwechslung und hymnische Momente sorgt. Da sich NAGLFAR aber im Grunde der Höchstgeschwindigkeit verschrieben haben, läuft der Schrittmacher bei 'Revelations Carved In Flesh' wieder auf Hochtouren. Daneben glänzt das Stück mit einigen extremen Breaks und gesanglichen Einschüben, die ein bisschen an die moderneren DIMMU BORGIR erinnern. Ein kurzes Intro auf dem Piano kündigt 'None Shall Be Spared' an, bevor uns ein prägnanter Pickslide ins nächste Doublebass-Inferno stürzt, das ein paar sehr bemerkenswerte epischere Parts und Basspassagen auflockern. Matthias Grahns Schlagzeugspiel mit all den Rhythmuswechseln und punktgenauen Breaks ist dabei schlicht umwerfend. Das thrashigste Stück des Albums folgt mit 'And The World Shall Be Your Grave' und ist natürlich ebenfalls am obersten Rand des Tachometers angesiedelt. Dafür gönnt uns das großartige 'The Perpetual Horrors' wieder eine kleine Verschnaufpause, wobei das mystische Element hier erneut in eine etwas modernere Richtung weist und die Sologitarren ganz große Melodien hervorzaubern. Bessere Gitarrenharmonien, Leads und Soli hat man im Black Metal kaum gehört. Zum Abschluss zaubern die Polarkreisbewohner noch mal einen echten Knüppel aus dem Sack und beenden ein großartiges Album mit 'Carnal Scorn ...' ebenso stark, wie sie es begonnen haben.
NAGLFAR läuten also den Sommer des Jahres 2005 mit ihrem für mich definitiv besten Album seit "Vittra", ja vielleicht sogar mit ihrem besten Album überhaupt ein. Sie schaffen es, trotz des einschneidenden Besetzungswechsels ganz oben und vor allem sich selbst treu zu bleiben, denn besser kann man diese Art von Musik meiner bescheidenen Meinung nach nicht machen. Da müssen sich DISSECTION und DARK FUNERAL in der näheren Zukunft schon gewaltig strecken, um weiter auf diesem Level mitspielen zu können. Für Fans einer der genannten Bands ist "Pariah" meines Erachtens ein absoluter Pflichtkauf, denn diesen hohen Standard halten nur ganz wenige Bands.
Anspieltipps: A Swarm Of Plagues, The Perpetual Horrors, None Shall Be Spared
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle