NAPALM DEATH - Apex Predator - Easy Meat
Auch im Soundcheck: Soundcheck 01/2015
Mehr über Napalm Death
- Genre:
- Grindcore
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Century Media (Universal)
- Release:
- 23.01.2015
- Apex Predator - Easy Meat
- Smash A Single Digit
- Metaphorically Screw You
- How The Years Condemn
- Stubborn Stains
- Timeless Flogging
- Dear Slum Landlord…
- Cesspits
- Bloodless Coup
- Beyond The Pale
- Stunt Your Growth
- Hierarchies
- One-Eyed
- Adversarial / Copulating Snakes
Salzsäure in klaffende Wunden.
Der Titelsong, gleichzeitig Opener von "Apex Predator – Easy Meat", geht 3:46 Minuten. Ich kann mir extrem gut vorstellen, dass sehr viele Leute, wohlgemerkt Metalfans, dann bereits keinen Bock mehr auf den neuen Wutbatzen von NAPALM DEATH haben. Diese 226 Sekunden sind derartig verstörend, penetrant und haben überhaupt nichts mehr mit irgendwelchen musikalischen Konventionen gemein. Barney zieht – abseits seines üblichen Gebrülls – eine so fantastische Show schiefsten, ultrabösen Gekeifes ab, dass vor meinem geistigen Auge Bilder ablaufen, wie er Heerscharen von gefühlskalten, nicht näher definierbaren Wesen soeben den Auftrag zur Vernichtung jeglichen Lebens auf der Erde erteilt. Egal, was man nun genau dabei empfindet: Kalt lässt einen so ein derbes Stück gleich zu Beginn niemals. Ich kann gut verstehen, wenn man es aus tiefsten Herzen abartig findet – und dann lieber abschaltet.
Wer es bis zum zweiten Stück geschafft hat, der hält auch den Rest der Platte durch, der nicht mehr ganz so aufwirbelnd eher in Richtung des typischen NAPALM DEATH-Karawalls geht. Ein Track wie 'Metaphorically Screw You' offenbart dabei mal wieder alle Stärken der Birminghamer Legende: Erbarmungsloses Geballer für den ADHS-Modus auf der einen, bangbare Grooves für das minimal kontrollierte Steilgehen auf der anderen Seite. Barneys Gebrüll bleibt zudem unerreicht: Klangfarbe, Volumen und Ausdruck dieses wahnsinnigen Sängers sind einmalig und lassen andere Gurgel-Kollegen wie einen Knabenchor erscheinen. Zudem baut NAPALM DEATH wie immer einen ganzen Haufen schräge Melodien, Harmonien und auch Rhythmen ein, die jedoch bemerkenswerterweise niemals den Songfluss stören, sondern die Musik schlicht und ergreifend auch auf Dauer spannend und vor allem intensiv gestalten ('Beyond The Pale'). Die schrägen Elemente waren für mein Empfinden auf dem Vorgänger "Utilitarian" sogar etwas stärker ausgeprägt, eine triviale Platte braucht deshalb aber nun niemand erwarten.
Die politische Band legt auf "Apex Predaor – Easy Meat" lyrisch den Finger in eine unangenehme Wunde. Ach was: NAPALM DEATH kippt gleich ein ganzes Salzsäurefass hinein – die unmenschlichen Arbeitsbedingungen insbesondere in Asien sind hier Thema. Dafür liefert die Musik den passenden Soundtrack. Manche Meinungen müssen eben kanalisiert herausgeschrien werden. Das funktioniert mit geradlinigen Nummern ('Timeless Flogging') genau so wie mit getrageneren ('Dear Slum Landlord...'). Jedes Mal gibt es auf die Fresse, jedes Mal passiert etwas mit mir. Das ist kein Geprügel für nebenbei; entweder konzentriert hinhören oder live erleben. Dann kann man für NAPALM DEATH-Verhältnisse sogar ungewöhnliches vernehmen: In 'Hierarchies' gibt es gar ein Solo und Sprech- bzw. cleanen Gesang zu bestaunen! Das ist allerdings nur ein kleiner, heller Farbtupfer in der ansonsten schwarz-blutroten Landschaft, die von kontrolliert-unkontrollierten Blastbeats, Nackenbrecher-Grooves und harmonischen Disharmonien durchzogen ist.
"Apex Predator – Easy Meat" ist (aufgrund der Abwesenheit einzelner richtig großer Songs) vielleicht nicht das allerstärkste, aber mit Sicherheit eines der intensivsten Alben von NAPALM DEATH. Die Vorherrschaftsfrage in Sachen Grindcore und unmittelbarem Umfeld stellt sich schon lange nicht mehr. Die Band ist nun ein Vierteljahrhundert dabei, und ich würde jede Wette eingehen, dass sie auch nach weiteren 25 Jahren noch immer mächtig angepisste Platten aufnimmt. Gut so. Einmalige Band, hochklassige Scheibe.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Oliver Paßgang