NECRONOMIDOL - Voidhymn
Mehr über Necronomidol
- Genre:
- Idol Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Specific Recordings
- Release:
- 24.04.2019
- Dawnslayer
- Thanatogenesis
- In Black
- Samhain
- Innsmouth
- Psychopomp
- Strange Aeons
- Les Ténèbres Sans Visage
- Kadath
- Skulls In The Stars
BABYMETAL für Erwachsene
Idol Metal? Was sollen denn das sein? Ich lerne, dass Idol Metal, auch genannt Kawaii Metal oder gar Cute Metal aus Japan stammt und diverse Elemente des Heavy Metal mit japanischem Pop (J-Pop) kreuzt. Idol-Metal-Bands bestehen in der Regel nur aus jungen, hübschen, meist austauschbaren Sängerinnen, die sich von bekannten Produzenten Lieder auf den Leib schneidern lassen.
Ich höre schon den Aufschrei der armen Traditionalisten, was müssen sie nicht alles erdulden, wenn sie sehen, was da so ihren geliebten alten Metal als Vehikel benutzt, um untruee Musik zu verbreiten. BABYMETAL, den hierzulande bekanntesten Vertreter des Idol-Metal hat man schon verachtet, doch jetzt kommen so langsam immer mehr solcher Acts nach Europa. Einer davon ist NECRONIMIDOL. Und zu allem Überfluss finde ich "Voidhymn", die dritte Scheibe der Japanerinnen, auch noch richtig gut!
Ohne mich nun tiefgründig mit BABYMETAL (den Namen finde ich schon bescheuert) beschäftigt zu haben, meine ich einen Unterschied zwischen den Schreihälsen und NECRONOMIDOL zu hören. Zwar gibt es bei Letzterem auch einen Lauf durch verschiedene Metal-Stile, doch man setzt lang nicht so sehr auf "fetten" Sound und den Freak-Charakter der Protagonisten. NECRONOMIDOLs Sound ist erstmal recht seltsam und gewöhnungsbedürftig, denn bei 'Dawnslayer' wuseln Melodic-Speed-Metal-Riffs und relativ leise, schnelle Drums im Hintergrund. Darüber liegen ungewöhnlich laut und vom Rest losgelöst die schillernden weiblichen Vocals von Risaki, Rei, Himari, Hina und Sari, die ich bei bestem Willen nicht zu unterscheiden fähig bin. Die allermeisten Lyrics sind japanisch und liegen mir nach ein paar Eingewöhnungs-Drehungen erstaunlich gut im Ohr. Der extremste Track ist gleich der zweite, 'Thanatogenesis', das mich fast ein wenig an SIGH erinnert, denn die Instrumente zelebrieren fast blackmetallisch zu nennende Raserei, während die Mädels im Vordergrund stoisch ihre süß-einfühlsamen Melodien singen. Irre. Sehr japanisch in der Tat. Das Album bleibt auch danach spannend, nein, wird sogar immer stärker. Der Pendel schlägt musikalisch jetzt zunächst weg vom Metallischen und schwingt in Richtung fetzigem 80er-Synthpop, der einen im Auto bei großer Lautstärke so richtig wegbeamt. Strange and beautiful. Bei 'Samhein' regieren dann schnelle, extrem tanzbare Ska-Rhythmen mit weiteren Melodien zum Wegfliegen, 'Innsmouth' ist ein recht düsterer, aber auch wieder fantastisch arrangierter Dark-Wave-Feger mit Überraschungsmomenten (nie im Leben würde ich nach den Strophen so einen Refrain erwarten, immer wieder finde ich genau dieses Tatsache aber total super). Und mit 'Psychopomp' kommt dann eine Nummer, die so weit es nur geht weg von dem ist, was Leute möglicherweise mit Idol-Metal assoziieren. Es ist eine Art Progressive-Black-Metal-Nummer, die einmal mehr ein wenig an SIGH, aber auch an poppige Passagen von BENT KNEE-Songs erinnert. Dies sind aus meinem Munde höchste Weihen.
Leider gibt es nach 'Psychopomp' einen Bruch. Die letzten vier Songs sind auf einmal weitgehend straighte, simple Pop-Metal-Nümmerchen mit teilweise wirklich dämlichen Refrains, vor allem 'Les Ténèbres Sans Visages'. Hat man hier etwa Songs für den europäischen Party-Metal-Markt geschrieben? Wo ist denn hier auf einmal die Kreativität hingeflogen? Sind das wirklich dieselben Songwriter, die ein solch wunderbares Avantgarde-Pop-Stück wie 'In Black' geschrieben haben? Am Ende muss ich dies wohl als weitere Japaner-Schrägheit und als einen weiteren Aspekt eines Albums verbuchen, das mich insgesamt gesehen oftmals verblüfft und in den meisten Fällen sehr positiv überrascht hat.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Thomas Becker