NEW MODEL ARMY - Carnival
Mehr über New Model Army
- Genre:
- Rock
- Label:
- Attack Attack / Rough Trade
- Release:
- 05.09.2005
- Water
- BD3
- Prayer Flags
- Carlisle Road
- Red Earth
- Too Close To The Sun
- Bluebeat
- Another Imperial Day
- LS43
- Island
- Fireworks Night
Ein Volksfest mit seinen gefühlten Höhen und Tiefen: "Carnival" heißt das aktuelle Album von NEW MODEL ARMY. Auf ihrer neuen Scheibe, die beim ersten Hören ungewohnt ruhig klingen mag, präsentieren sie elf Songs, die stimmungsvoll das Lebensgefühl der Briten vermitteln. Ungerührt zuhören? Wohl kaum: Mit einer abwechslungsreichen Mischung aus eher ruhigeren und schnelleren Frequenzen beginnt schon der erste Song 'Water'.
Weiter geht es mit 'BD3' - die altbekannte Stimme von Sänger Justin Sullivan ist unverkennbar, auch wenn sein Alter an ihm nicht ohne Spuren vorübergeht. Ebenso cool hört sich sein Organ bei 'Prayer Flags' an: beschwörend, leidenschaftlich und mitreißend, aber ganz und gar nicht stürmisch. Einen Tick ruhiger wird es bei 'Carlisle Road'. Hier heißt es aufzupassen, um nicht zu sentimental zu werden beim Nachdenken. Damit das nicht passiert, gibt es dazwischen ab und zu ein kurzes Gitarrensolo. Besonders interessant wirkt 'Red Earth' durch die Verwendung der Klanghölzer. Der insgesamt eher ruhiger gehaltene Song erhält so eine Stimmung, die durch den Wechsel zu den Gitarren noch deutlich verstärkt wird; eine wahre Gefühlssteigerung, die durch die Trommeln zu einer Mäßigung findet.
Doch emotionslos geht es bei "Carnival" sicher nicht weiter. Ganz im Gegenteil, auch 'Too Close To The Sun' hat die gewohnte Tiefe - Gefühle von Traurigkeit in Verbindung mit durchsetzungsfähiger Hoffnung. Es folgt Song Nummer sieben, 'Blue Beat'. "So full in Love with" lautet ein Textausschnitt, und ja, es ist ein positives Lied; Sullivans Lieblingstrack auf der Scheibe. Wahrscheinlich kommt einem der Gedanke an ein Konzert bei all den vielen Instrumenten. Ein Abfall in der Qualität und Originalität der Songs ist auch beim nächsten - 'Another Imperial Day' - nicht zu spüren: Wenige Klangerzeuger und Sullivans Sprechgesang wirken recht experimentell. Bei 'LS43' könnte einem der Gedanke kommen, dass er hier mit einem Glas Whiskey in einer Bar sitzt und rückblickend auf etwas schaut - und doch sind Kraft und Hoffnung in dem Song zu spüren. Als Vorletztes folgt 'Island': kämpferisch, aber auf eine eher entspannte Art und Weise, die sich zum Ende hin steigert. Der letzte Track auf der aktuellen Scheibe heißt 'Fireworks Night'. Es ist wohl der persönlichste Song, wie Sullivan in einem Interview äußert, und wurde dem verstorbenem Drummer Robert Heaton gewidmet - in zwanzig Jahren Bandgeschichte passiert eben sehr viel, auch Unerfreuliches.
Doch selbst die Tragödien in der Geschichte von NEW MODEL ARMY - Sullivans fehlende Schneidezähne zeugen von wilden Storys - haben die Band nicht ihrer Kreativität beraubt. "Carnival" klingt frisch und nicht wie die seelenlose Kopie einer alten Legende - und: auch live verströmen die Jungs um Mr. Sullivan immer noch das Herzblut früherer Tage. Wie schreibt Sullivan in seinem Lieblingssong 'Bluebeat': "And there's always something new to fall in love with" - vielleicht hat er mit dieser Zeile auch alle Melodien, Stimmungen und Ideen von "Carnival" gemeint. Recht hätte er.
Anspieltipps: Water, Red Earth, Another Imperial Day
Franziska Böhl
- Redakteur:
- Gastautor