NIGHT FLIGHT ORCHESTRA, THE - Give Us The Moon
Auch im Soundcheck: Soundcheck 01/25
Mehr über Night Flight Orchestra, The
- Genre:
- AOR / Classic Rock
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 31.01.2025
- Final Call (Intro)
- Stratus
- Shooting Velvet
- Like The Beating Of A Heart
- Melbourne, May I?
- Miraculous
- Paloma
- Cosmic Tide
- Give Us The Moon
- A Paris Point Of View
- Runaways
- Way To Spend The Night
- Stewardess, Empress, Hot Mess (And The Captain Of Pain)
Ein absoluter AOR-Hammer eröffnet das Jahr!
Es kommt zum großen Machtkampf um die zeitgemäße AOR-Krone, denn die langjährigen Platzhirsche von THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA haben in den letzten Jahren erstaunlicherweise relativ gleichwertige Konkurrenz bekommen, und zwar ebenfalls aus Schweden. Euch ist sicher klar, dass ich von NESTOR rede, und die Landsmänner des Orchesters sind auch live ähnlich stark. "Teenage Rebel" hat mich jedenfalls total mitgerissen, aber das galt ja auch für nahezu jedes Werk unserer hier rezensierten Truppe bisher.
"Give Us The Moon" ist tatsächlich Studioalbum Nummer 7! Meine Güte, die Jungs haben sich echt etabliert. 2015 hatten sie mich mit "Skyline Whispers" abgeholt, eine völlige Überraschung für mich. Mit "Amber Galactic" und "Sometimes The World Ain't Enough" übernahmen sie die AOR-Weltherrschaft. Nach dem starken, aber nicht völlig überragenden "Aeromantic"-Doppelpack folgte eine längere, nachvollziehbare Pause. Der Tod von Gitarrist David Andersson im Alter von nur 47 Jahren war ein Schock. Ich muss zugeben: Ich hatte mit dem Aus der Band gerechnet.
Doch es kam anders, es kam "Give Us The Moon"! Das neue Album ist ein absolutes Breitwand-Scheibchen vom Sound her geworden. Ein fetter Klang, der dabei nie überproduziert modern wirkt, holt mich als Zuhörer ab und setzt mich an Bord des Fliegers. Sebastian Forslund als Gitarrist hat auch als Produzent ganze Arbeit geleistet. Nach einem Intro geht es mit 'Stratus' los, und man könnte meinen, dass die Band nie weg war. Ein schönes Gitarrensolo und hohe, aber sehr melodische Screams von Björn Strid können begeistern. 'Shooting Velvet' führt dann in ein Klangbild, das mich sehr an die aeromantischen Scheiben erinnert. Das liegt auch an den allzeit präsenten Keys. Eine schöne Nummer. 'Like The Beating Of A Heart' ist dann ein stampfiger Achtziger-Rocker, der für mich minimal unspektakulärer ist - wobei das Gitarrensolo schon sehr schön ist. Dann geht es nach Australien. 'Melbourne, May I?' ist nicht der erste regional orientierte Song der Truppe. Die mehrstimmigen Gesänge, die ruhig noch präsenter sein dürften, sind stark, ebenso die Synth-Klänge und die warme Gitarre. Der Song wäre auch auf den "Amber Galactic" ein Highlight gewesen. Mega!
'Miraculous' beginnt mit ABBA-verdächtigen Keys und dürfte live richtig Spaß machen. Beim Party-Faktor ist das Nachtflugorchester aber eh ganz vorne mit dabei. Ich sehe jedenfalls tanzende Fans in der Halle. Mit 'Paloma' folgt kein Schlagercover, aber die Synth-Pop-Klänge sind für manche SOILWORK-Fans (Björn ist da ja weiterhin der Sänger) sicher schwer zu ertragen. Ich finde es großartig, auch der schöne Schlagzeug-Klang ist super abgemischt. Ein sehr schönes Lied, ganz einfühlsam, eine klasse Ballade. Das können sie auch. 'Cosmic Tide' erinnert mich mehr als ein Mal an die AOR-Könige TOTO, und zwar gerade an das Debüt, was mit der Rhythmik zu tun hat. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es auf den ersten Alben von THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA noch eine amtliche Prog-Note gab. Wer sich einen Mix aus TOTO und GENESIS mit dem typischen Sound der Schweden vorstellen kann, der wird verstehen, dass diese Nummer nun wirklich kein Party-Hit, dafür aber ein musikalisches Schmankerl ist.
Es folgt der Titeltrack, und da war die Band ja oft völlig überragend. Auch 'Give Us The Moon' ist ein guter Track, kommt aber nicht an 'Sometimes The World Ain't Enough' oder 'Aeromantic' ran. Für dieses Album ist es sogar einer der schwächsten Tracks. 'Paris Point Of View' ist zum Beispiel wieder klar stärker, auch hier gibt es übrigens interessante ABBA-Vibes. 'Runaways' wäre vom Stil her auf den Teenie-Parties einer guten Schulfreundin gelaufen, so zwischen CYNDI LAUPER und Tracks aus "Grease". Das ist auch nicht despektierlich gemeint, sondern zeigt, dass die Schweden es draufhaben, die Klangwelt und das Hitgefüge der späten Siebziger und Achtziger zu kopieren - und trotzdem nicht altbacken zu klingen. Auch hier gibt es wieder ein klasse Gitarrensolo, und der Refrain ist wirklich ein Ohrwurm. Dafür liebe ich diese Band! Die Band ist ein guter 'Way To Spend The Night'. Hach, den Wortwitz haben sie sicher provoziert. Aber über das Lied brauchen wir nicht zu viele Worte zu verlieren. Sie schließen tatsächlich mit einem Longtrack. 'Stewardess, Empress, Hot Mess (And The Captain Of Pain)' hat eine Spielzeit von fast acht Minuten - das ist der längste Song der Band seit 2018, und der drittlängste überhaupt. Auf "Aeromantic II" hatte man nicht mal fünf Minuten erreicht und sich völlig auf Radiolänge eingestellt. Der Longtrack ist aber keine Prog-Nummer, sondern einfach ein sehr ausführlicher, starker AOR-Rocker.
Ihr merkt wahrscheinlich, dass ich begeistert bin! NESTOR hat letztes Jahr einen Hammer ausgepackt, aber THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA hält mit. Der Kampf um den AOR-Thron ist offen. Und das darf gerne so bleiben!
Anspieltipps: Stratus; Melbourne, May I?; Cosmic Tide
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Jonathan Walzer