NIGHTWRAITH - Divergence
Mehr über Nightwraith
- Genre:
- Black Metal / Prog Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Eigenproduktion / Eigenvertrieb
- Release:
- 13.09.2024
- Fruitless
- Perpetual Night
- One Flower
- Whispers Of Dragonflies
- Invocation
- Fallen Kings And Queens
- Nothing Left To Lose
- Divergence
- Us And Them (PINK FLOYD-Cover)
Spannender Mix extrem verschiedener musikalischer Pole.
Die Amerikaner NIGHTWRAITH sind schon irgendwie eine eigentümliche und eigenartige Band. So bewirbt sie selbst ihr neuestes Album "Divergence" als Melodic Death Metal, schaut man sich aber in der bisherigen Diskografie um, die "Offering" aus dem Jahr 2022 und das selbstbetitelte Debüt aus dem Jahr 2018 umfasst, dann tauchen dort auch Einordnungen wie Doom Metal oder Black Metal auf. Die wichtigste Frage angesichts der neun frischen Kompositionen, die sich für potentielle Hörer und Hörerinnen stellen dürfte, ist also wohl, wo man denn nun den Fünfer korrekterweise in Sachen Genre einordnen würde.
Ohne euch spoilern zu wollen, verrate ich eingangs schon einmal, dass auch ich nach mehreren Durchläufen von "Divergence" keine endgültige Antwort auf die Frage nach der musikalischen Schublade habe. Das muss aber nicht als Kritik aufgefasst werden, sondern ist eher eine Stärke der Truppe aus Denver, die sich nie so richtig auf einen Stil festnageln lässt. Nehmen wir uns etwa einmal den Opener 'Fruitless' als Beispiel, um das breite Stil-Büffet auseinanzunehmen. Der episch angehauchte, dennoch raue Beginn und vor allem die harschen Screams von Fronter Ben Pitts lassen dabei zumindest bei mir sofort Gedanken an Black-Metaller wie SATYRICON aufkommen. Gleichzeitig tritt der Songs zur Mitte hin aber auch mächtig auf die Bremse und findet sich plötzlich in ruhigeren Gefilden wieder, bei denen die durchaus verspielten Gitarrenleads sogar Parellelen zu Prog-Metallern wie DREAM THEATER aufblitzen lassen. Spätestens wenn das Keyboard schlussendlich im Breakdown mit einem extrem prägnanten Synthesizer-Sound in Erscheinung tritt, liegt letztendlich sogar der Gedanke an Prog-Legenden wie GENESIS irgendwie auf der Hand, denn mit gediegenerer Hintergrundmusik könnte die Keyboard-Melodie auch durchaus aus der Feder von Tony Banks stammen.
Zwischen diesen beiden extrem gegensätzlichen Polen spielt sich dann auch der Rest von "Divergence" ab, wobei sich zwischendrin durchaus einmal ein paar Post-Rock-Züge mit einmischen. Insgesamt ist NIGHTWRAITH dabei aber vor allem immer der melodische Aspekte der Musik besonders wichtig, was dazu führt, dass sich viele Kompositionen schnell ins Gedächtnis graben und insgesamt für den doch recht anspruchsvollen und eigentümlichen Stilmix sehr eingängig und leicht zugänglich ausgefallen sind. Als Anspieltipps möchte ich euch dabei vor allem das eher finstere 'Perpetual Night', das von wahnsinnig tollen Lead-Gitarren getragene 'One Flower' und 'Whsipers Of Dragonflies' ans Herz legen. Beim letztgenannten Track geben sich die Amerikaner vollständig ihrer Verehrung für 70s-Progger hin und schlagen für metallische Ohren vielleicht sehr ungewöhnliche Töne an, die teils sogar in Richtung Jazz blicken. Dass die Platte vom PINK FLOYD-Cover 'Us And Them' beendet wird, das der Fünfer in eine messerscharfe Black-Metal-Nummer umgemünzt hat, bei der teils nur Text und Gesangsmetrum ans Original erinnern, passt da ins durchaus ungewohnte musikalische Gesamtbild.
Solltet ihr euch also schon immer einmal gefragt haben, wie es klingen könnte, wenn sich die Mitglieder von GENESIS, PINK FLOYD und SATYRICON versehentlich im Proberaum treffen und ohne große Vorrede ihre Songs zu einem gemeinsamen Cocktail vermengen würden, dann liefert euch "Divergence" zumindest einen ziemlich guten Anhaltspunkt. Von der auf den ersten Blick kruden Mixtur solltet ihr euch aber nicht abschrecken lassen, denn die auf den ersten Blick nicht mischbaren Zutaten passen am Ende doch irgendwie wunderbar zusammen und machen diesen Silberling zu einer eigenständigen, unterhaltsamen und teils wahrlich fesselnden Angelegenheit.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Tobias Dahs