NITZER EBB - Industrial Complex
Mehr über Nitzer Ebb
- Genre:
- EBM/Industrial
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Major Records / Alive!
- Release:
- 22.01.2010
- Promises
- Once You Say
- Never Known
- Going Away
- Hit You Back
- Payroll
- On Your Knees
- I Dont`t Know You
- My Door Is Open
- I`m Undone
- Kiss Kiss Bang Bang
- Travelling
Toller Geniestreich nach 15 Jahren Abstinenz.
Jedes Musikgenre hat seine Helden und Wegebreiter, egal ob sie heute noch aktiv sind oder nicht - sie sind immer präsent. Für die Sparte EBM gehört der Name NITZER EBB auf jeden Fall dazu. Was das Duo in den Achtziger und Neunziger Jahren von Stapel ließ, ist immer noch aktuell und gilt nach wie vor für viele Bands als Vorbild. Nun liegen gut 15 Jahre zwischen der Trennung des Duos und der letzten Platte. Aber so richtig ohne einander können die beiden Musiker irgendwie nicht und nach einigen Auftritten im Jahre 2006 ging es ins Studio, um an neuen Songs zu werkeln. Logischerweise standen die beiden unter einem hohen Erwartungsdruck. Den alten Fans wäre sicherlich ein Werk am Liebsten, was überwiegend harte und treibende Nummern beinhaltet, genauso wie es früher war. Wie jede andere Band auch, haben sich die beiden natürlich weiterentwickelt und bieten neben dem gewohnten Sound neue, teilweise ungewohnte Töne an. Aber keine Angst, die neuen Songs klingen nach wie vor nach NITZER EBB, aber auch melodischer und nicht immer so derb. Damit kann den Jungs zu Beginn gleich mal bescheinigt werden, mit diesem Album alles richtig gemacht zu haben.
Gestartet wird mit 'Promises', was typisch nach dem Duo klingt. Doch ab und an bemerkt man kleine Details in Form von melodischen Sequenzen und klarem Gesang, die nicht unbedingt ein Markenzeichen sind. Irgendwie beinhaltet dieser Song ein wenig von allem, was danach kommt. 'Kiss Kiss Bang Bang' ist wohl der Song des Albums, der am meisten nach der Vergangenheit klingt. Eindringlicher und einfacher Sound, gepaart mit den gewohnten Schrei-Vocals und fertig ist ein simples aber geniales Stück, das locker vom letzten Album stammen könnte und sich erbarmungslos in den Gehörgängen festsetzt. 'My Door Is Open Open' haut genauso in diese Kerbe, nur eben mit klarem Gesang. 'I Dont`t You Know' erinnert ebenfalls an die alten Zeiten, wenngleich es ein wenig gemächlicher zugeht. Dass es auch derb ohne das gewohnte Soundschema zugehen kann, beweisen die beiden mit 'Payroll', was übrigens zum Soundtrack von "SAW IV" zu hören war. Gesanglich macht Mr. McCarthy einen kleinen Ausflug zu den Kollegen RED HOT CHILI PEPPERS und deren Sprechgesang. Dabei ballert er dem Hörer immer wieder das Wort "Payroll" um die Ohren, das einem schwindelig wird. Es ist einfach ein genialer, sperriger Song, der genauso abgefahren ist, wie der Film. Herrlich!
In den für NITZER EBB ungewohnten Soundgilden schlagen sich die zwei überaus gut durch. 'I'm Undone' sticht dabei besonders heraus. Es wird auf der einen Seite zwar mit ruhigen Tönen gearbeitet, doch das Stück strahlt eine düstere, bisweilen bedrohliche Stimmung aus. Oder einfach gesagt: Es ist das ruhige Pedant zu 'Payroll'. Wesentlich eingängiger und flüssiger präsentieren sich 'Once You Say' oder 'Going Away'. Beide Songs erinnern ein wenig an DEPECHE MODE und in der Tat hatten die Musiker ihre Finger im Spiel. Während Martin Gore zu 'Once You Say' die Backingvocals liefert, wurde 'Going Away' von Alan Wilder (Ex-DEPECHE MODE) produziert. Natürlich sind beide Stücke keine plumpen Kopien, das würde den beiden auch nicht ähnlich sehen. Es wurden vielmehr musikalische Anleihen mit dem eigenen Sound kombiniert, was man wohl als zeitgemäß bezeichnen kann. Beendet wird das Album mit 'Travelling', einem heiter-beschwingten Song, der richtig gute Laune verbreitet und damit am ungewöhnlichsten zum bisherigen Schaffen der Band klingt.
Alles in allem gesehen, ist "Industrial Complex" absolut gelungen. Das Duo hat perfekt den Spagat zwischen seiner musikalischen Vergangenheit und der Gegenwart geschafft. Sicher wird es einige geben, denen ein Album lieber gewesen wäre, dass "mehr wie früher" klingt. Doch mal ehrlich, wäre das wirklich das gewesen, was die Hörer wollen? Wohl eher nicht, denn irgendwie würde dann jeder wieder meckern, und ihnen Stillstand in ihrer Entwicklung vorwerfen. Wer sich vom Album ein Bild machen möchte, kann das übrigens auf der Myspace-Seite der Band tun, denn dort ist das gesamte Album zu hören.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Swen Reuter