NOCTE OBDUCTA - Mogontiacum (Nachdem die Nacht herabgesunken...)
Auch im Soundcheck: Soundcheck 07/2016
Mehr über Nocte Obducta
- Genre:
- Psychedelic Black Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- MDD Records/Alive
- Release:
- 08.07.2016
- Am Ende des Sommers
- Glückliche Kinder
- Ein Ouzo auf den Nordwind
- Lethe, Stein und See – Teil I
- Löschkommando Walpurgisnacht
- Desihra Mogontiacum
- Die Pfähler
- Am Waldrand
- Lethe, Stein und See – Teil II
- Im Dunst am ewigen Grab der Sonne
Pflanzlicher Zuckersaft auf Uranos.
Eines kann man NOCTE OBDUCTA sicherlich nicht vorwerfen und das ist mangelnde Eigenständigkeit. Ich habe die Band erst spät mit "Umbriel - Das Schweigen zwischen den Sternen" kennengelernt, und ich kenne bis heute nichts, das sonst so klingt. "Avantgarde in seiner vollsten Pracht" schrieb unser Marcel damals, und dieser pechschwarze Psychedelic-Goth-Art-Rock hat mir schon etliche schaurig-schöne Nachmittage mit Edgar beschert. "Mogontiacum (Nachdem die Nacht herabgesunken)" zwingt den Neu-Hörer nun zur Beschäftigung mit der Bandgeschichte. Dort stößt man auf Namen und Begriffe wie Desîhra, Lethe, Taverne und Nektar, auf black-metallische Garstigkeiten, verworrene Konzepte und sehr lange Songs. Der Fan dieser Phase wird sich demnach sicher freuen, wenn ich verkünde, dass all diese Elemente nun auch wieder zu finden sind. Es heisst, das Album sei eine konzeptionelle Fortführung der "Nektar"-Phase und tatsächlich erkenne ich das eine oder andere Motiv bei meiner pflichtbewussten Zeitreise ins Reich der pflanzlichen Zuckersäfte auch wieder (z.B. beim 'Ouzo auf den Nordwind')
Zunächst wird mit dem stimmungsvollen Instrumental 'Am Ende des Sommers' aber der Freund des schmackhaften Uranos-Dinners zum Hören eingeladen. Ganz gechillt bereitet die Band die Ohren auf das Kommende vor und das kann bisweilen ganz schön garstig werden, vor allem im Gesangsbereich. Anfangs rebelliert hier das Weichei in mir, aber von Drehung zu Drehung komme ich besser mit NOCTE OBDUCTAs komplexen Kompositionen klar. Im Gegensatz zu "Umbriel" passiert in den Songs unheimlich viel und nicht immer bleibt da alles hängen. "Umbriel" war ein Album, auf dem man sich mit voller Seele in den wunderbaren, spacigen, gleitenden Sound legen konnte, hier muss man jedoch stets auf der Hut sein, dass man nicht an einem Stachel hängenbleibt und der konzeptionelle Zug nach einem der zahllosen Wechsel nicht ohne einen abfährt.
Aufpassen und zuhören ist also angesagt. Das gilt ganz besonders für den zwanzigminütigen Titelsong, der von rasendem Blast-Geschredder bis zur abgepfiffenen Schwurbedelia alles bietet, was ein NOCTE OBDUCTA-Fan gut finden kann. Wer damit nicht klar kommt, kann das aber auch hassen, was eine logische Konsequenz ist für Bands, die kompromisslos ihr Ding durchziehen. Mit meinem Faible für solch skurrile Musikanten kann ich jedoch kaum anders als NOCTE OBDUCTA zu mögen. Der Sound ist wieder klasse, man kann sich gut vorstellen, wie die Band das alles live im Proberaum zockt; und dennoch steckt die Musik auch voller Gimmicks, die mir ein mehrfaches Hören versüßen. Die Band hat eine interessante Geschichte, ein fortlaufendes Konzept, eine Vision und eine Essenz, die mehr ist als die Summe sechs einzelner Musiker, und das macht sie für mich unheimlich spannend. Auch wenn ich das verträumtere "Umbriel" insgesamt noch einen guten Tick knuffiger fand, könnte "Mogontiacum" im Laufe der Zeit noch an Tiefe gewinnen, weil ganz einfach durch die Rückkehr von Black- aber auch Doom-Metal und entsprechenden Vocals noch ein paar Schichten mehr geboten werden.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Thomas Becker