NOEKK - The Water Sprite
Mehr über Noekk
- Genre:
- Progressive
- Label:
- Prophecy / Soulfood
- Release:
- 30.05.2005
- The Water Sprite
- T.B.'s Notion
- Strange Mountain
- How Fortunate The Man With None
- The Fiery Flower
- Moonface Is Dead
- The Riddle Seeker
In einem der Kinderbuchklassiker aus Astrid Lindgrens Reihe zu den Kindern von Bullerbü gibt es eine Szene, wo einer der Racker sich als Wassergeist ver- bzw. ent-kleidet und dann nackt im Bach hockend auf einem Kamm bläst, um die Aufmerksamkeit der Mädels zu erlangen, schnippisch und frech.
Altrocker ACHIM REICHEL [THE RATTLES] hat auf seinem durch und durch atmosphärischen Album "Regenballade" u. a. den unheimlichen Sumpfgeist besungen.
Die folkinspirierten Düsterrocker AMORPHIS haben mit "Tales From The Thousand Lakes" einen (gar nicht mal so geheimen) Geheimtippklassiker im Metalgenre abgeliefert, der auch in dreißig Jahren noch ein Raunen durch die Reihen der Kennerschaft gehen lassen dürfte.
AUTUMNBLAZE schließlich haben mit "Bleak" eines der verstörendsten, stimmungsvollsten und expressivsten Werke nebliger Neofolkmetal-Moderklangkulissen von filigraner Schönheit kreiert.
An all das erinnerte mich "The Water Sprite" von NOEKK, deren Musik allerdings weitaus leichter zugänglich ist als die der bereits genannten Musikanten, denn sie ist sehr melodisch.
NOEKK scheuen das Pathos nicht, kleiden es aber in einen Sound, der bei allem - bisweilen auch schon mal mehr als nur angedeuteten - Hang zum Bombast stets geerdet ist und sich in seiner knödeligen Harmonieseligkeit zwischen drollig und trollig bewegt; neoromantische Waldschratmusik eben.
Hier und da zieht Funghus Baldachin am Keyboard schon mal dezent die Cembalo-, Klavier- oder Quetschkommoden-Soundregisterkarten hervor, um eine Note von Kammer- bzw. Blockhüttenmusikflair in den Klangfluss einzubringen; auch ergeht er sich in meist salbungsvollem Gesang mit fast schon sakraler Ausstrahlung, wie man sie sonst eher aus der wagnerianischen Klassik gewohnt ist. Hierzu fallen dem Rezensenten vor allem 'T.B.'s Notion' und 'How Fortunate The Man With None' ein, ein DEAD CAN DANCE-Cover, welches sich als besonders besinnlicher Ruhepol zwischen den teilweise rhythmisch etwas verstrickten Kompositionen von NOEKK ganz wunderbar einfügt und doch auch ausnimmt. Wäre es ein Jahr früher erschienen, so hätte es vielleicht gar auf dem - ohnehin wundervoll geratenen - Tributdoppelalbum "The Lotus Eaters" noch ein weiteres Glanzlicht setzen können. In 'T.B.'s Notion' beschäftigen sich NOEKK übrigens mit einem Text Tolkiens.
Erwähnte ich vorhin AMORPHIS und AUTUMNBLAZE, so will ich dies in erster Linie in Bezug auf deren Stimmungsreichtum verstanden wissen, denn "The Water Sprite" geht vom Härtegrad selten einmal über (mal ätherisch, mal sinfonisch und mal eben auch metallisch) angehauchten Progrock hinaus - etwa im tosenden Finale von 'Strange Mountain'.
'The Fiery Flower' lässt einige wohlintegrierte 'Kashmir'-Riffs in seine gelassen heranbrandende, wohlgediegene Klangflut einfließen, doch neben so lebhaften Stücken wie dem Titelsong oder 'Strange Mountain' findet sich mit 'Moonface is dead' auch eine stille, melancholische Ballade.
'The Riddle Seeker' dagegen fährt wieder die volle epische Bandbreite auf und erinnert mich so - wiederum mehr von der zugrunde liegenden Atmosphäre denn von der musikalischen Umsetzung her - mal an RICHIE BLACKMORE'S RAINBOW oder KING CRIMSON, mal an THERION und tatsächlich auch schon mal an die späteren AMORPHIS (etwa seit "Elegy") oder die eingangs erwähnten AUTUMNBLAZE.
Kaum zu glauben, dass dieses Zweimenschprojekt von Funghus Baldachin und F.F. Yugoth (zeichnet für Schlagzeug, Bass und teils für die Gitarrenarbeit verantwortlich) mit dieser ausgereiften, abwechslungsreichen und doch homogenen Scheibe gerade erst debütiert hat!
Um das Rätsel aufzulösen: Hinter den Pseudoymen Baldachin und Yugoth verbergen sich die Herren Schwadorf und Helm (EMPYRIUM), die dem ein oder anderen Leser bekannt sein dürften ...
Es bleibt zu hoffen, dass nicht nur die Neofolk-Progrock-Gemeinde von der Veröffentlichung dieses Werkes erfährt, denn "The Water Sprite" hätte durchaus das Potential, auch auf breiterer Ebene Anklang zu finden.
Für mich jedenfalls zählt NOEKKs verspieltes Wassergeistalbum zu den schönsten Entdeckungen seit der Literatur von Astrid Lindgren.
p.s.: Die Digipack-Erstauflage ist limitiert.
Anspieltipps: How Fortunate The Man With None, The Fiery Flower, The Riddle Seeker
- Redakteur:
- Eike Schmitz