NORTH SEA ECHOES - Really Good Terrible Things
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/24
Mehr über North Sea Echoes
- Genre:
- Rock / Alternative Rock / Progressive Rock
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Metal Blade Records / Sony Music
- Release:
- 23.02.2024
- Open Book
- Flowers In Decay
- Unmoved
- Throwing Stones
- Empty
- The Mission
- Where I'm From
- We Move Around The Sun
- Touch the Sky
- No Maps
Unvorhersehbar, unerwartet, und unerwartet gut!
Nicht zuletzt der Titel 'The Last Song' hat 2020 viele Fans vermuten lassen, dass "Long Day Good Night" tatsächlich der Schwanengesang der Formation sein könnte. Diverse Aussagen von Jim Matheos haben die Hoffnung auf weiteren Bestand und abermalige Studioalben unter diesem Banner nun auch nicht gerade bekräftigt. Es bleibt also nach wie vor ungewiss, ob wir jemals wieder ein Album von FATES WARNING zu hören bekommen werden.
Untätig wird der Gitarrist jedoch nach wie vor keineswegs sein, und da zuletzt auch Ray Alder mit seinem zweiten Soloalbum hat aufhorchen lassen, dürfen wir uns sicher sein, zumindest ein gewisses Methadon-Programm aus dem Lager der Band zu erhalten. Mehr noch, die beiden haben mit "Really Good Terrible Things" unerwarteterweise sogar ein Album zusammen aufgenommen, das unter dem bislang unbekannten Banner NORTH SEA ECHOES erscheint. Wie man darauf gekommen ist, wird zwar nicht mitgeteilt, Sinn macht die Tatsache, keinen der von den Protagonisten bekannten Bandnamen zu verwenden, aber auf jeden Fall. ALDER / MATHEOS wäre zudem viel zu offensichtlich, und wohl auch zu leicht zu durchschauen gewesen und hätte vorschnell an die in Fankreisen hochgeschätzten Scheiben von ARCH / MATHEOS denken lassen.
Mit jener Gangart hat Jim aktuell allerdings nicht viel am Hut. Viel mehr lässt sich das zum größten Teil entspannt intonierte, von der Atmosphäre mitunter allerdings in Richtung Melancholie tendierende Material, mit jenem von "The Blurred Horizon" vergleichen, dem 2017 von Matheos veröffentlichten Dreher unter dem Banner TUESDAY THE SKY. Ob der Saitenhexer dieses Projekt mittlerweile auf Eis gelegt hat, weiß man zwar nicht, Fakt ist jedoch, dass sich Ray und er schon während der Aufnahmen des vor vier Jahren finalisierten FATES WARNING-Drehers auf eine musikalisch deutlich unterschiedlich angelegte Kooperation geeinigt hatten. Diese wird uns nun serviert, wobei ab dem Einstieg mit 'Open Book' unmissverständlich klargestellt wird, dass die Erwartung, hier eventuell doch ein Werk zu Gehör zu bekommen, das nach der legendären US-Band klingt, definitiv nicht erfüllt wird.
Natürlich ist auf Grund der Besetzung und der unverkennbaren Stimme ein Vergleich naheliegend, die Instrumentierung, und noch viel mehr das Klangbild an sich, sind jedoch weit davon entfernt. Zwar wäre es denkbar, dass Songs wie etwa 'Empty', das von einer eleganten Gitarrenmelodie getragen wird, auch im Kontext der Prog-Metal-Ikone funktionieren würden. Eine solche Umsetzung wäre aber eher kontraproduktiv gewesen und würde diese Kooperation sogar eher in Frage stellen, als gutgeheißen zu werden. Daher sei noch einmal darauf hingewiesen, dass es auf "Really Good Terrible Things" nicht einmal ansatzweise metallisch, und über die meiste Zeit noch nicht einmal rockig zur Sache geht. Sehr wohl aber "heavy", denn die Tracks sind nicht nur fordernd und tiefgründig, sondern auch vom lyrischen Aspekt her nicht gerade als leichte Kost zu betrachten. Dass Ray derlei Stoff mit seiner Ausdruckskraft und seinem Timbre wunderbar zum Besten zu geben versteht, wird einem mit Fortdauer der Scheibe immer mehr bewusst. So gesehen erscheint es logisch, weshalb sich beiden Herren einmal mehr zusammengetan haben.
Der übergroße Schatten der Stammband der beiden Prog-Metal-Heroen sollte aber dennoch kein Problem für dieses Unternehmen darstellen, da sich die zehn Tracks als eigenständig und erfüllend herausstellen. Wer sich im Laufe der Jahre mit den ungewöhnlichen, und zum damaligen Zeitpunkt mehr als nur gewöhnungsbedürftigen Kollaborationen von Jim Matheos unter dem Banner OSI hat anfreunden können, und auch der ab und an überraschend psychedelischen Gangart von TUESDAY THE SKY etwas abgewinnen konnte, darf sich also auf eine unvorhersehbare, spannende und zugegebenermaßen unerwartet gute, musikalische Entdeckungsreise mit "Captain" Matheos und seinem aktuellen "Steuermann" Alder begeben.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Walter Scheurer