NOVEMBRE - The Blue
Mehr über Novembre
- Genre:
- Doom/Metal
- Label:
- Peaceville Records
- Release:
- 09.11.2007
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November. Das ist Himmelsblei und Kälte, die in die Krägen kriecht. Das ist Grau und keine Fiesta. Die Römer NOVEMBRE wagen es trotzdem, der Tristesse ein "blaues" Album entgegenzustellen. Oder gerade, um die Melancholie des Jahres in Agonie zu fördern? Bands, die versuchen, bedrückende Gefühle in Jahreszeiten schon im Monatsnamen zu transportieren, gibt es genügend: die Schweden LAST DAYS OF APRIL oder JANUARY aus Kalifornien wählten nicht umsonst gerade diese Namen. Auch die Doom-Ernstlinge aus Italien stellen da keine Ausnahme dar. Hier hat der Name Programm.
Kälte, Morbidität. Dunkle Schönheit. Blau. Kaum Lachen. Eine Atmosphäre, als wäre man gerade ersoffen und schwebe dem Meeresboden entgegen. Wie die Signora auf dem Cover. Was man von oben mitbringt, ist die Musik, die nachhallt und den Zerfall besingt. Den menschlichen. Die verschiedensten Anzeichen dafür werden hier beschrieen und beheult, bekeift und beschworen. Kaum einmal, dass sich beruhigender Gesang einstellt. Eher Extreme, hier Weinen, dort Schreien.
Das Ganze erinnert unweigerlich an die Gewalttätigkeiten der italienischen Renaissance. An dieses eigentlich so fortschrittliche und doch so dunkle Kapitel. Vom Zerfall geprägt, die gesamte Zeit hindurch. Die gewissenlosen Herzöge dieser Zeit, unter deren Anspruch des "reinen Machterhalts um jeden Preis", wir heute mehr denn je zu leiden haben, hätten Künstlern wie NOVEMBRE den Degen vor die Kehle gehalten: "Spielt für uns! - denn das ist unsere Musik!" Und durch die dunklen Hallen schwillt die Musik, bis zur Fäulnis da unten in die Verliese, wo die Abgeschworenen und Abgestoßenen bedächtig aufgegeben lauschen.
Die einzelnen Parts kreisen jeweils um ein Wort. Konzeptionell, wie es sich auch für die Peaceville-Ahnenreihe anbietet, ist Canzone um Canzone ein geschlossenes Etwas, in sich Stimmiges. Schwere und Absolutheit läuten aus den Noten. Überfrachtungen inbegriffen. Es erschlägt zuweilen die Mehrheit der Themen und Motive, die sich in jeweils etwa sechs Minuten ineinander drängen. Kurze akustische Zwischenspiele werden nicht in eigenen Stücken, sondern in die Monolithe mit eingeflochten. Schluchzende männliche Stimmen gehören spätestens seit MY DYING BRIDE zur Hörgewohnheit, hier geht das an einigen Flecken dann doch zu weinerlich in den Keller.
Die Reihe melodiöser Schwergemüter wie KATATONIA, ANATHEMA u. ä. hat hier eindeutig Patenfunktion. NOVEMBRE aber ist selbst schon eine Weile in unseren Nächten unterwegs. Melodiös und technisch wird der Hörer in "The Blue" verwöhnt und auf hohem Niveau umworben. Wenn es etwas zu kritteln gibt, dann ist es das durchscheinende Zu-Viel-Auf-Einmal. Es besteht die Gefahr, sich an der Scheibe platt zu hören, sich zu verausgaben. Weniger ist dann wohl mehr.
NOVEMBRE wird mit "The Blue" die doomdurchtränkte Renaissance-Nische besetzt halten - für eine ganze Weile. Kraftvolle und unheilvolle Platte. Hervorhebungen sind hier Herausmeißelarbeit, denn der Brocken muss komplett beklettert werden!
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben