NUGENT, TED - Detroit Muscle
Auch im Soundcheck: Soundcheck 04/2022
Mehr über Nugent, Ted
- Genre:
- Hard Rock / Heavy Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Pavement Music
- Release:
- 29.04.2022
- Detroit Muscle
- Come And Take It
- American Campfire
- Drivin' Blind
- Just Leave Me Alone
- Alaska
- WinterSpring SummerFall
- Leave The Lights On
- Feedback GrindFIRE
- Star Spangled Banner
The battle is raging, choose your side!
Dass der Motor City Madman in unserem Soundcheck nach hinten durchgereicht wird, hat mich irgendwie nicht allzu sehr überrascht, wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob neben seinem doch eher althergebrachten, stark bluesig geprägten Hard-Rock-Stil und der plakativen Kompositionsweise nicht auch seine inhärente "Full Bluntal Nugity" ihren Teil dazu beigetragen haben könnte, dass die Herren Kollegen dem guten Onkel Ted ein wenig kritischer gegenüber stehen, als dessen Stil- und Altersgenossen wie etwa Alice Cooper. Um ehrlich mit euch zu sein, bin ich mir aber auch nicht ganz sicher, ob es bei mir selbst nicht gerade diese drei Komponenten sind, die mich The Nuge gegenüber etwas unkritischer machen. Da haben wir es: Wenn Ted Nugent antritt, ist es selbst hierzulande schwer, so richtig neutral zu sein, und das neue Werk "Detroit Muscle" schreit daher auch ganz laut und frei nach MANOWAR: "The battle is raging, choose your side!"
Seitenwahl also im Hause POWERMETAL.de, und der Verfasser dieser Zeilen stellt sich wenig überraschend hinter den Mann, der als Waffe seiner Wahl entweder die Glock 20 zieht, oder die Gibson Byrdland in Anschlag bringt. Hier und heute ist es zum Glück die Sechsseitige und nicht die Zehnmillimetrige, und was dem Hörer um die Ohren fliegt, sind keine Bleigeschosse, sondern mit viel Stahl umschlossene Chuck-Berry-Style-Riffs, bluesige Leads und vor allem eine Menge wilden Guitar-Shreds mit den typischen Feedback-Experimenten. Würde Ted Nugent nicht ein so dermaßen wildes und, mit Verlaub, spielerisch grandioses Gitarrenfeuerwerk abfackeln, welches das Griffbrett seiner Klampfe qualmen lässt, dann könnte man durchaus auf die Idee kommen, er würde es mit seinen durchwegs zwei- bis vierminütigen Stücken dabei belassen, seinen Fans simple, lockere Rocksongs zu servieren. Dazu kommt, dass jene erwartbar zum größeren Teil noch eine eher überschaubar tiefgründige Message haben. Natürlich geht es auch auf "Detroit Muscle" zum drölfzigsten Mal darum, das sakrosankte Motto "Molon Labe" zu feiern und sich selbst als den Leonidas des US-Waffenkults zu feiern, sowie darum, ganz allgemein dem "Home of the Brave" ('The Star Spangled Banner'), seinen Städten ('Detroit Muscle', 'Born In The MotorCity'), seinen allseits beliebten Lagerfeuern und Barbeques ('American Campfire') und dem einen oder anderen Landstrich ('Alaska') zu huldigen.
Am Ende feiert Herr Nugent aber dann doch vor allem sich selbst und seinen Way of Life, denn was, wenn nicht sein bratender Gitarrensound ist bei 'Detroit Muscle' die Kraft seiner Heimatstadt, in der - natürlich - er selbst 1948 geboren wurde? Er ist es selbstredend auch, der die Leute bei 'Come And Take It!' dazu auffordert, ihm doch die Waffen wegzunehmen, wenn sie sich trauen. Er lädt seine Freunde nach der Jagd zum 'American Campfire', und er kehrt am Ende mit 'Coming Home' wieder zurück nach Hause, wo er für die Fans seiner selbst und des guten Geschmacks die Nationalhymne zockt. Ganz so, wie es eben auch der Bayerische Rundfunk bis heute um Mitternacht tut. Und genau diese so simple wie ehrliche Message ist es in meinen Augen schließlich, die dieses und fast jedes andere Album von Ted Nugent so echt, so in den Eingeweiden spürbar und so intensiv macht, dass ich vor Freude immer mal wieder ein Tränchen wegdrücken kann: Man nimmt ihm ab, dass er jede Zeile des Sermons lebt, die er hier so absondert, und man spürt, wie sehr er eins mit seiner Gitarre und seinen musikalischen Wurzeln ist, wenn er diese kurzen, knackigen, eingängigen, plakativen Hits für uns abfackelt, und dabei über die komplette Spielzeit schlicht und ergreifend so etwas ist, wie der rockende Cartoon-Superheld der amerikanischen Konservativen. Durch und durch drüber, vollendet over the top, und verrückt bis zum Anschlag. Muss man lieben, oder eben hassen. Ich entscheide mich mit ganzem Herzen für die erstere Option.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle