OBITUARY - Back From The Dead
Back From The Dead
Mehr über Obituary
- Genre:
- Death Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Roadrunner Records
- Release:
- 22.04.1997
- Threatening Skies
- By the Light
- Inverted
- Platonic Disease
- Download
- Rewind
- Feed on the Weak
- Lockdown
- Pressure Point
- Back from the Dead
- Bullituary (Remix)
21.11.2013 | 13:07
Wie doch das Hören einer Scheibe in einem neuen Kontexts ihre Beurteilung beeinflussen kann.
Ein Review über ein Album zu verfassen, dessen Veröffentlichung schon mehr als 15 Jahre zurückliegt, ist schwere Kost. Ich habe nämlich zwei verschiedene Blickwinkel auf ein und dieselbe Platte, weil sich die äußeren Umstände, in denen ich den Klängen von OBITUARYs "Back From The Dead" (1997) lauschen konnte, geändert haben. In meinen Jugendtagen, die leider erst nach der Auflösung von Obituary (1998) begonnen haben, bin ich mit der "Cause Of Death" (1990), der "Slowly We Rot" (1989) und der "The End Complete" (1992) aufgewachsen. Als dann 2004 alle Zeichen auf eine OBITUARY-Reunion standen, habe ich mir schließlich auch die "Back From The Dead" zugelegt. Das waren also die hermeneutischen Ausgangsbedingungen meiner ersten Begegnung mit diesem Werk.
Normalerweise misst man nun eine aktuelle Platte an ihren Vorgängern und an aktuellen Releases gleichen Genres. Dies führte zumindest in meinem Fall beim ersten Hören zu einer negativen Bewertung des Silberlings. Schließlich kann eine etwas rockigere Platte wie die "Back From The Dead", die 1997 das letzte Aufbäumen einer längst totgeglaubten Band darstellte, natürlich nicht an Meilensteine wie "The End Complete" und "Cause Of Death", die sich bis heute ins kulturelle Gedächtnis der Szene eingebrannt haben, heranreichen. Zumal sie ja zum ersten Mal nicht von Kultproduzent Scott Burns im Morrisound-Studio produziert wurde, komplette Texte anstatt Wortfetzen enthielt und sogar mit dem gerappten 'Bullituary' experimentelle Züge trug. "Back From The Dead" wurde deshalb etwas vorschnell mit dem Vorwurf konfrontiert, noch kommerzieller als ihr Vorgänger "Word Demise" ausgerichtet zu sein. Was folgte war das Aus von OBITUARY (1998).
Als dann 2004 die Reunion kam und die Fans voller Erwartung das Aufleben alter Glanzzeiten erhofften, verschärften sich kritische Stimmen und die ablehnende Haltung gegenüber der Scheibe nahm zumindest in dem kleinen Ausschnitt der Szene, den ich damals wahrnehmen konnte, zu. Ich kann mich noch gut an das Getuschel unter den Fans auf der 2004er Reunion-Tour im Münchner Titanic City erinnern. "...egal was sie spielen, Hauptsache es kommt nicht viel von der "Back From The Dead"!" Dem stimmte ich damals zwar etwas unreflektiert, aber dennoch ziemlich vollmundig zu, denn der Silberling wurde in meinem jugendlichen Leichtsinn als Kommerzprodukt in die berühmte Schublade gesteckt, abgestempelt und voreingenommen verurteilt.
Doch die Vorzeichen haben sich in den letzten zehn Jahren geändert. Die Veröffentlichungen nach OBITUARYs Reunion haben nur spärlich das gehalten, was sich viele versprochen haben. Der Gesang von John Tardy auf der etwas zu kurz geratenen "Frozen In Time" hatte deutlich zu viel Hall und auch die Songs erweckten den Anschein, nur halbherzige Restprodukte zu sein, die es 1997 nicht mehr auf die Langrille geschafft haben. Das Video zu 'Insane' konnte hier leider auch nichts mehr ausgleichen. Der traurige Abstieg von Allen West und der folgende Einstieg von Ralph Santolla führten schließlich zu etwas melodiösen Soli auf "Xecutioner’s Return". Dazu kamen ein paar ziemlich müde Auftritte auf deutschen Bühnen im Jahr 2007, und OBITUARYs Ruf als Livegrananten begann zumindest in meinen Augen zu bröckeln. Auch wenn sich "Darkest Day" zwei Jahre später wieder verstärkt an "Slowly We Rot" und "Cause Of Death" orientierten sollte, reichte das neue Material leider nicht aus, um bei mir für den berühmten Aha-Effekt zu sorgen. Die Höchstform von OBITUARY schien für mich also schon lange verblichen zu sein. Eine logische Marketingkonsequenz war deshalb in meinen Augen auch die 2012er Tour mit dem "Special Old School"-Set, denn eigentlich ist das ja ein implizites Statement über die Qualität der neuen Schaffensperiode.
Jedenfalls führte der Einbruch der Ikonen aus Florida zu neuen Voraussetzungen für meine persönliche Bewertung alter "Klassiker". Als ich vor kurzem die "Frozen In Time" zufällig im CD-Regal entdeckte und nach einem etwas enttäuschendem Durchzappen zurück an ihren etwas staubigen Platz stellte, kam mir die Idee, als Seelenbalsam die Releases der guten alten 90er mal wieder aufzulegen. Komischerweise griff ich zuerst zur "Back From The Dead"!
... Und ich traute meinen Ohren nicht. John Tardys Gesang ist wesentlich tighter als auf "Frozen In Time" und die Riffs sind Güteklasse "Allen West" pur. OBITUARYs Einbruch in den letzten Jahren sorgte plötzlich für ein komplett neues Hörvergnügen. Vor dem Hintergrund neuerer Scheiben erscheint der 97er Release in einem völlig neuen Licht. Das letzte Lebenszeichen der Band in den ausklingenden 90ern wurde schnell wieder aus der Schublade geholt und der "Abgestempelt"-Stempel abgewischt, denn bereits der Opener 'Threatening Skies' hat mich in eine vertraute OBITUARY-Stimmung versetzt. Mit seinem energiegeladenen Riff steht er 'Back To The One' ("The End Complete") in nichts nach. Auch das groovige 'By The Light' ist gemessen an dem lieblosen Instrumentalversuch 'Redneck Stomp' ("Frozen In Time") eine gewaltige Brechstange. Sicherlich kann "Back From The Dead" nicht am Kultstatus von "Slowly We Rot" kratzen, aber Songs wie 'Feed On The Weak', 'Download' und der doomige Titeltrack lassen die seltsam anmutenden, neueren Releases blass und fahl erscheinen. Wie doch das Hören einer Scheibe in einem neuen Kontext ihre Beurteilung beeinflussen kann. Dieses Disclosure-Erlebnis ist mir 8,5 Punkte wert, denn "Back From The Dead" wird bei mir ab jetzt sicher öfters laufen.
Normalerweise misst man nun eine aktuelle Platte an ihren Vorgängern und an aktuellen Releases gleichen Genres. Dies führte zumindest in meinem Fall beim ersten Hören zu einer negativen Bewertung des Silberlings. Schließlich kann eine etwas rockigere Platte wie die "Back From The Dead", die 1997 das letzte Aufbäumen einer längst totgeglaubten Band darstellte, natürlich nicht an Meilensteine wie "The End Complete" und "Cause Of Death", die sich bis heute ins kulturelle Gedächtnis der Szene eingebrannt haben, heranreichen. Zumal sie ja zum ersten Mal nicht von Kultproduzent Scott Burns im Morrisound-Studio produziert wurde, komplette Texte anstatt Wortfetzen enthielt und sogar mit dem gerappten 'Bullituary' experimentelle Züge trug. "Back From The Dead" wurde deshalb etwas vorschnell mit dem Vorwurf konfrontiert, noch kommerzieller als ihr Vorgänger "Word Demise" ausgerichtet zu sein. Was folgte war das Aus von OBITUARY (1998).
Als dann 2004 die Reunion kam und die Fans voller Erwartung das Aufleben alter Glanzzeiten erhofften, verschärften sich kritische Stimmen und die ablehnende Haltung gegenüber der Scheibe nahm zumindest in dem kleinen Ausschnitt der Szene, den ich damals wahrnehmen konnte, zu. Ich kann mich noch gut an das Getuschel unter den Fans auf der 2004er Reunion-Tour im Münchner Titanic City erinnern. "...egal was sie spielen, Hauptsache es kommt nicht viel von der "Back From The Dead"!" Dem stimmte ich damals zwar etwas unreflektiert, aber dennoch ziemlich vollmundig zu, denn der Silberling wurde in meinem jugendlichen Leichtsinn als Kommerzprodukt in die berühmte Schublade gesteckt, abgestempelt und voreingenommen verurteilt.
Doch die Vorzeichen haben sich in den letzten zehn Jahren geändert. Die Veröffentlichungen nach OBITUARYs Reunion haben nur spärlich das gehalten, was sich viele versprochen haben. Der Gesang von John Tardy auf der etwas zu kurz geratenen "Frozen In Time" hatte deutlich zu viel Hall und auch die Songs erweckten den Anschein, nur halbherzige Restprodukte zu sein, die es 1997 nicht mehr auf die Langrille geschafft haben. Das Video zu 'Insane' konnte hier leider auch nichts mehr ausgleichen. Der traurige Abstieg von Allen West und der folgende Einstieg von Ralph Santolla führten schließlich zu etwas melodiösen Soli auf "Xecutioner’s Return". Dazu kamen ein paar ziemlich müde Auftritte auf deutschen Bühnen im Jahr 2007, und OBITUARYs Ruf als Livegrananten begann zumindest in meinen Augen zu bröckeln. Auch wenn sich "Darkest Day" zwei Jahre später wieder verstärkt an "Slowly We Rot" und "Cause Of Death" orientierten sollte, reichte das neue Material leider nicht aus, um bei mir für den berühmten Aha-Effekt zu sorgen. Die Höchstform von OBITUARY schien für mich also schon lange verblichen zu sein. Eine logische Marketingkonsequenz war deshalb in meinen Augen auch die 2012er Tour mit dem "Special Old School"-Set, denn eigentlich ist das ja ein implizites Statement über die Qualität der neuen Schaffensperiode.
Jedenfalls führte der Einbruch der Ikonen aus Florida zu neuen Voraussetzungen für meine persönliche Bewertung alter "Klassiker". Als ich vor kurzem die "Frozen In Time" zufällig im CD-Regal entdeckte und nach einem etwas enttäuschendem Durchzappen zurück an ihren etwas staubigen Platz stellte, kam mir die Idee, als Seelenbalsam die Releases der guten alten 90er mal wieder aufzulegen. Komischerweise griff ich zuerst zur "Back From The Dead"!
... Und ich traute meinen Ohren nicht. John Tardys Gesang ist wesentlich tighter als auf "Frozen In Time" und die Riffs sind Güteklasse "Allen West" pur. OBITUARYs Einbruch in den letzten Jahren sorgte plötzlich für ein komplett neues Hörvergnügen. Vor dem Hintergrund neuerer Scheiben erscheint der 97er Release in einem völlig neuen Licht. Das letzte Lebenszeichen der Band in den ausklingenden 90ern wurde schnell wieder aus der Schublade geholt und der "Abgestempelt"-Stempel abgewischt, denn bereits der Opener 'Threatening Skies' hat mich in eine vertraute OBITUARY-Stimmung versetzt. Mit seinem energiegeladenen Riff steht er 'Back To The One' ("The End Complete") in nichts nach. Auch das groovige 'By The Light' ist gemessen an dem lieblosen Instrumentalversuch 'Redneck Stomp' ("Frozen In Time") eine gewaltige Brechstange. Sicherlich kann "Back From The Dead" nicht am Kultstatus von "Slowly We Rot" kratzen, aber Songs wie 'Feed On The Weak', 'Download' und der doomige Titeltrack lassen die seltsam anmutenden, neueren Releases blass und fahl erscheinen. Wie doch das Hören einer Scheibe in einem neuen Kontext ihre Beurteilung beeinflussen kann. Dieses Disclosure-Erlebnis ist mir 8,5 Punkte wert, denn "Back From The Dead" wird bei mir ab jetzt sicher öfters laufen.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Michael Sommer