OCEAN, THE - Phanerozoic II: Mesozoic | Cenozoic
Auch im Soundcheck: Soundcheck 09/2020
Mehr über Ocean, The
- Genre:
- Post Metal / Sludge
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Metal Blade
- Release:
- 25.09.2020
- Triassic
- Jurassic | Cretaceous
- Palaeocene
- Eocene
- Oligocene
- Miocene | Pliocene
- Pleistocene
- Holocene
Zweimal stark, Rest nur ziemlich gut.
THE OCEAN dürfte schon seit einiger Zeit der wichtigste und bekannteste Post-Metal-/Prog-Export aus Deutschland sein. Grund dafür sind der markante Wiedererkennungswert im Sound sowie die konstant hohe musikalische Qualität des Künstlerkollektives aus Berlin, mit der die Formation um Robin Staps längst internationale Aufmerksamkeit und Relevanz erlangt hat. 2020 steht nun das bereits zehnte Studioalbum in den Regalen, mit dem sperrigen Titel "Phanerozoic II: Mesozoic | Cenozoic", welches das vor zwei Jahren veröffentlichte "Phanerozoic I: Palaeozoic" komplettieren soll. Es sei hier nur kurz erläutert, dass der Titel sich auf das Phanerozoikum, das jüngste Äon der Erdgeschichte bezieht: Während der Vorgänger das Paläozoikum, also das Erdaltertum behandelte, geht es diesmal um das Mesozoikum (mit den bekannteren Untergliederungen in Trias, Jura und Kreide) und die darauffolgende Erdneuzeit, das sogenannte Känozoikum.
Natürlich lässt sich THE OCEAN auch ohne tieferes Wissen in Sachen Geologie genießen, aber wie gehabt wecken die gewichtig klingenden Titel entsprechende Erwartungen und Assoziationen. Allerdings wird es auf dem zweiten Teil des "Phanerozoic"-Kapitels nur zu Beginn wirklich episch: 'Triassic' eröffnet den neuen Langspieler zurückgenommen, melancholisch, mit leicht verzerrten Gitarrenakkorden, ehe die Rhythmusfraktion beginnt, für Unruhe zu sorgen, schließlich Schlagzeug und Bass einsetzen und eine durch den Synthesizer entrückte Gesangsstimme hinzukommt. Erst nach drei Minuten setzen die harschen, bekannten Sludge-Gitarrenwände ein und sorgen für die THE OCEAN-typische, kontrastierende Zuspitzung. Die Wiederholung derselben Akkorde und ein und derselben Gesangslinie, die brutal malmende verzerrte Gitarrenfraktion, die wüste Schreistimme Loïc Rosettis, all das sorgt gleich zu Beginn des Albums für einen geradezu hypnotisierenden Sog: THE OCEAN at its best! Dabei ist der achteinhalb minütige Opener nur Wegbereiter für das folgende, dreizehnminütige Albumhighlight 'Jurassic | Cretaceous': Mathematisch anspruchsvolles Riffing und Blechbläser erinnern an die französischen Djent-Progger GRORR, der atmosphärisch stimmige Aufbau mit klarem Gesang und hintergründig brodelnden Stahlsaitern führt hin zu einem bissigen, aber dennoch eingängigen Refrain; zur Songmitte hin nehmen sich die Musiker eine Spur zurück, A PERFECT CIRCE-ähnlich introvertiert, ehe im letzten Drittel schließlich doch noch die epische Zuspitzung erfolgt. Geniales Teil; in Sachen ausuferndem Prog-/Post-Metal macht THE OCEAN weiterhin niemand etwas vor!
Leider, muss ich sagen, folgen anschließend sechs deutlich kürzere Titel, in denen die THE OCEAN-Stärken nur noch vereinzelt ausgespielt werden können. 'Palaeocene' ist eine knackige Sludge-Bestie mit starker Hardcore-Schlagseite geworden, 'Eocene' ein unverzerrtes, atmosphärisches Interlude, 'Oligocene' gänzlich instrumentale Unterwassermusik - ziellos, aber auch irgendwie geil. Mit 'Miocene | Pliocene' folgt eines jener CULT OF LUNA-Geschwisterstücke, auf die man bei THE OCEAN ja doch immer irgendwie wartet, fällt mit unter fünf Minuten Länge aber etwas zu kurz aus, um Wirkung zu entfalten. 'Pleistocene' beginnt leicht groovig-jazzig und packt erst gegen Ende die Sludge-Keule aus; 'Holocene' als Abschluss führt noch einmal mit tief vibrierenden Klängen in die Anfänge der gegenwärtigen Menschheitsepoche und schließt am Ende mit den Gesangszeilen des Openers den Kreis.
Die Fragmentierung des Albums durch die sechs kürzeren Stücke, die den beiden ausufernden Brechern zu Beginn gegenüberstehen, stört den Fluss auf "Phanerozoic II: Mesozoic | Cenozoic" in meinen Ohren deutlich. Die musikalische Gesamtqualität ist auch diesmal über jeden Zweifel erhaben, nur folgt auf die beiden großen Nummern 'Triassic' und 'Jurassic | Cretaceos' etwas zu viel ziellose Zerstreuung. Zweimal großes Kino also, danach viel ordentliches Füllmaterial.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Timon Krause