OF MICE & MEN - Tether
Mehr über Of Mice & Men
- Genre:
- Metalcore / Alternative Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- SharpTone Records
- Release:
- 06.10.2023
- Integration
- Warpaint
- Shiver
- Eternal Pessimist
- Into The Sun
- Enraptured
- Castaway
- Tether
- Indigo
- Zephyros
Solider Metalcore-Brocken mit zu wenigen echten Hits.
Ich bin ganz ehrlich: Seit dem grandiosen "Defy" aus dem Jahr 2018 haben mich die Amerikaner OF MICE & MEN musikalisch zuletzt wieder überzeugt, nachdem "Cold World" für mich eine kleine musikalische Katastrophe war. "Earthandsky" setzte dabei den eingeschlagenen Weg nach Austin Carliles Ausstieg konsequent fort, während "Echo" vielleicht auch dank der ungewohnten Arbeitsweise während der Corona-Pandemie geschuldet trotz solider Songs nicht so recht zünden wollte. Als positiver Nebeneffekt der Aufnahmen zum letzten Album blieb aber die Erkenntnis zurück, dass sich der Vierer nicht mehr auf Produzenten verlassen muss, sondern für das siebte Album der Bandgeschichte die Zügel auch selbst in die Hand nehmen konnte.
Der Opener 'Integration' lässt an dieser Entscheidung aber erst einmal zweifeln. Angelegt irgendwo im Alternative Rock und mit reichlich Keyboards garniert, setzt die Nummer nämlich direkt beim zwei Jahre alten Vorgänger an und läuft prompt komplett an mir vorbei. Mir schwant also schon wieder Böses für die kommenden neun Tracks, doch glücklicherweise präsentiert schon das folgende 'Warpaint' eine deutlich härtere Kante. Die tiefergestimmten Gitarren wildern hier sogar munter im Djent-Territorium und wenn sich Aaron Pauleys Klargesänge im Refrain aufschwingen, gibt's zur knüppelharten und flott peitschenden Nummer auch noch eine ordentliche Hookline. Dabei ist die Nummer ein recht guter Gradmesser für die übrige Spielzeit, denn OF MICE & MEN scheint anno 2023 wieder deutlich wündender und wilder unterwegs zu sein als auf "Echo".
Trotz dieser durchaus positiven Erkenntnis sind wir aber noch meilenweit von der Klasse des von mir so geliebten "Defy" entfernt. Klar, die Metalcore-Trademarks werden weiterhin bewusst abgehakt und insgesamt klingt das frische Material für mich wieder deutlich energiegelandener, doch irgendwie fehlen mir trotz aller Bemühungen von Fronter Aaron immer wieder die ganz großen Hooklines, die sofort im Ohr bleiben würden. Entsprechend läuft ein großer Teil von "Tether" auch an mir vorbei, ohne mich so recht aufzuscheuchen. Erst 'Castaway' lässt mich plötzlich so richtig aufhorchen und reißt mich aus der Lethargie, in die ich während des Genusses der Platte zwischenzeitlich gefallen bin. Für einen kurzen Moment könnte man hier glauben, man wäre glatt fünf Jahre in die Vergangenheit gereist, denn die absolut sensationale Gitarrenarbeit und Pauleys starke Gesangseinlagen können problemlos mit jeder Nummer auf "Defy" mithalten. Nur bleibt dieser absolute Metalcore-Hit leider der Einzige seiner Art auf dem neuen Langdreher, wobei man abseits davon 'Eternal Pessimist' und 'Enraptured' noch am ehesten das Zeug zum Klassiker zutrauen würde.
Dass die Band "Tether" übrigens erstmalig in Eigenregie produziert, gemischt und gemastert hat, macht sich in keinem Fall negativ bemerkbar, denn klanglich ist die Scheibe wie auch alle Vorgänger eine echte Wucht. Einzig die großen Gesangsmelodien fehlen mir einfach an zu vielen Stellen, weswegen die Scheibe für mich auch hinter "Defy" und "Earthandsky", aber deutlich vor dem etwas zerrissen wirkenden "Echo" über die Ziellinie kommt. Fans der Amerikaner dürfen also guten Gewissens und ohne Reue zuschlagen.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Tobias Dahs