OPETH - Blackwater Park
Mehr über Opeth
- Genre:
- Progressive Death Metal
- Label:
- Music for Nations / Peaceville / Rough Trade
- Release:
- 12.03.2001
- The Leper Affinity
- Bleak
- Harvest
- The Drapery Falls
- Dirge For November
- The Funeral Portrait
- Patterns In The Ivy
- Blackwater Park
Im Prinzip kann man es mit einer hochkomplexen Band wie OPETH doch sehr simpel halten: Entweder man mag sie, vergöttert sie und kniet vorm Altar, oder man kann einfach nichts mit ihnen anfangen. Wer also zur ersten Gruppe gehört, wird sich „Blackwater Park" in jedem Fall kaufen, selbst wenn alle ihm bekannten Reviews eher schlecht ausgefallen sind. Und ein Mensch der sich eher zur zweiten Gruppe zählt, wird das neue Output der Schweden genauso meiden wie der Teufel das Weihwasser, da können die Reviews noch so gut sein. Was tun?
Ich persönlich zähle mich eher zur ersten Gruppe, obwohl ich noch keine Altare baue und Jungfrauen opfere, auf dass jedes OPETH-Album ein weiteres Juwel in meinem CD-Schrank darstellen möge. Trotzdem wäre es ziemlich verlogen, wenn ich behauptete, ich mag OPETH nur. Ich liebe sie schon. Nur möchte ich an dieser Stelle meinen Pflichten als Musikredakteur nachkommen, der möglichst unvoreingenommen seine Reviews schreiben sollte.
„Blackwater Park" (dies ist im Übrigen der Name einer obskuren Psychedelic-Rockband aus den ‘70ern...) ist nunmehr die fünfte Veröffentlichung der schwedischen Ausnahmemusiker. Und es ist das fünfte geniale Album geworden.
Vielleicht war die doppelte Namensgebung mit „Blackwater Park" Absicht, denn oftmals erinnern OPETH zwischen zweistimmigen Gitarrenleads, 6/8tel-BlackMetal, melancholisch-verträumten Akustikparts und wirren Soundmalereien an ihre Vorbilder aus den Siebzigern, die sie ja immer wieder als Einfluß nennen. Auch wenn Pink Floyd seltener musikalisch zitiert werden als eher unbekanntere Combos, so fällt doch auf, dass Anno 2001 David Gilmour und Kollegen fast allgegenwärtig sind.
Fast ebenso verträumt, fast schon sanft, wie der Vorgänger „Still Life" präsentieren sich die Schweden auf der neuen Scheibe. Dennoch sind deutliche Unterschiede festzustellen: Man ist rhythmisch vertrackter, scheut sich nicht vor gelegentlichen Dissonanzen, es gibt für OPETH-Verhältnisse ziemlich viele zweistimmige Gitarrenparts, was bei einer Band, für die Solofiedelei in Etwa so wichtig ist, wie das Bruttosozialprodukt von Burkina Faso für die Leser von powermetal.de, schon eine Menge heissen will. Und die (zahlreichen) ruhigeren Parts erinnern mehr an die Progressive-Rock-Szene der Siebziger als je zuvor.
Aber auch auf altbekannte Trademarks muss der Hörer nicht verzichten: Gekonntes Jonglieren mit Laut/Leise-Dynamik, Goldkehlchen Mikael Akerfeldt mal als growlender Berserker und mal als die männliche Version der Sirene, nach vorne peitschende Riffs und einfach nur als ‘wunderschön’ zu beschreibende Gitarrenharmonien. Überlang sind die Songs auch fast alle, und den obligatorischen, diesmal rein akustischen, ruhigen Song - ‘Harvest’ lädt auf diesem OPETH-Scheibchen zum gemütlichen Abend vorm Kamin ein - gibt es selbstverständlich auch.
Viele Neuerungen, viel altbekanntes, das bringt zusammen die Erkenntnis, dass es sich bei „Blackwater Park" um das bis dato beste Album der Stockholmer Jungs handelt. Und zwar, weil sie es wieder einmal geschafft haben, sich im Vergleich zum mitnichten schlechten Vorgänger, sich musikalisch und nochmals im Bereich des Songwritings als Band zu verbessern, während Frontmann Mikael seine Gesangsperformance auf einer anscheinend nach oben offenen Skala weiter verbessert, obwohl er schon deutlich über dem Durchschnitt liegt. „Blackwater Park" klingt wie aus einem Guss, es gibt trotz der unglaublich großen stilistischen Vielfalt keine Elemente, die irgendwie unnatürlich oder nicht in den Song integriert wirken. Über die technischen Fähigkeiten der einzelnen Musiker hier noch groß Worte zu verlieren wäre in Etwa so sinnvoll wie jeden Song einzeln zu Besprechen - was allerdings bei jedem erneuten Durchlauf immer wieder äußerst positiv Auffällt, ist die Tatsache, dass es keines der Bandmitglieder nötig hat, sich durch unnötige technische Kinkerlitzchen in den Vordergrund zu spielen oder die musikalische Klasse zu beweisen. Wer jemals versucht hat, einen der wirklich langen Songs nachzuspielen, weiss, dass man dazu verdammt gut sein muss.
Kurz und gut: OPETH sind so geblieben, wie sie geliebt werden, ehrlich und mit Leib und Seele der Musik verschrieben, auch das hört man an allen Sound-Ecken und -Enden des neuen Albums. Fans und Kritiker der Band wissen Bescheid, für Leute, denen der Name OPETH bisher noch kein Begriff ist - es handelt sich um stets ehrliche, unverfälschte und sich an keinerlei Richtlinien orientierende Musik, die alle bekannten Stilmittel der modernen Rockmusik seit den ‘70ern in sich Vereint, kompliziert, vertrackt und doch stets nachvollziehbar bleibt und dabei mehr Gefühl transportiert als alle am heutigen Valentinstag verschickten Karten und Briefe.
Anspieltipps: CD in den Player legen, das Zimmer abdunkeln, es sich auf dem Bett bequem machen und anfangen zu Träumen...
- Redakteur:
- Rouven Dorn