OPETH - Sorceress
Auch im Soundcheck: Soundcheck 09/2016
Mehr über Opeth
- Genre:
- Progressive Rock
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 30.09.2016
- Persephone
- Sorceress
- The Wilde Flowers
- Will O The Wisp
- Chrysalis
- Sorceress 2
- The Seventh Sojourn
- Strange Brew
- A Fleeting Glance
- Era
- Persephone (Slight Return)
Weiter mit Volldampf auf Prog-Kurs!
Diese Band hat mich noch nie enttäuscht und schon beim Anblick des farbenfrohen, kunstvollen Artworks und bei den ersten Tönen des wunderschönen Akustik-Openers 'Persephone' ist klar, dass auch "Sorceress" wieder ein feines Stückchen Musik werden würde. Als Prog-Fan und Retro-Gutfinder hatte ich eh keinerlei Berührungsängste mit den Vorgängern "Heritage" und "Pale Communion", auch wenn diese im Rückspiegel doch nicht so die Vieldreher geworden sind wie mein OPETH-Entdeckungsalbum "Blackwater Park" oder die halb-akustische Melancholie-Oase "Damnation". Wird das mit "Sorceress" wieder anders?
Nun, OPETHs Nuclear-Blast-Debüt knüpft rein stilistisch durchaus an die letzten beiden Siebzigerjahre-Huldigungen an. Nein, es gibt keine Wieder-Einführung von Growls, und nein, es gibt auch kaum Metallisches, die Zeiten scheinen definitiv vorbei zu sein. Wer das für seinen OPETH-Genuss braucht, muss gar nicht weiter lesen.
Was OPETH aber definitiv wieder geschafft hat, ist in der endlosen Schatztruhe der Musikhistorie zu wühlen, um längst verschollene Sounds und Songwriting-Tricks ausbuddeln, zu entstauben und in OPETH-Format zu konvertieren. Das heisst, es gelingt Ober-Nerd Mikeal Åkerfeldt mal wieder, diese alten Juwelen voll und ganz nach OPETH klingen zu lassen und obendrein sich nicht zu wiederholen. Und wenn, dann klingt OPETH eher ein wenig nach anderen großen modernen Prog-Acts. Die Parallele zu STEVEN WILSON ist nach wie vor unüberhörbar, auch wenn ich bei 'Will O The Wisp' ob seiner Leichtigkeit und den flaumigen Akustik-Gitarren-Licks unweigerlich PORCUPINE TREEs "Lightbulb Sun" im Ohr habe. Hierzu erwähnte Åkerfeldt in einem Interview für Teamrock.com allerdings, dass die Inspiration für den Song von JETHRO TULL kam. Tja, wie so oft im Rockbusiness baut eben ein Steinchen aufs andere. Des Weiteren nennt Åkerfeldt auch CARAVAN, QUEEN, LED ZEPPELIN, MAHAVISHNU ORCHESTRA und PINK FLOYD als Einflüsse, doch das alles beschreibt "Sorceress" nur insofern, als dass es darlegt, wie stilistisch und stimmungsmäßig breit OPETH mittlerweile aufgestellt ist.
'The Wilde Flowers', 'Crysalis' oder 'Era' sind Songs, die zeigen, dass das gute alte Heavy-Riff bei OPETH - wenn auch nicht allzu brachial in Szene gesetzt - durchaus auch noch mitreden darf. Lange Gitarren- und Hammond-Soli und Jams (z.B. 'Crysalis') werden dem Fan solcher Spielereien sicher Tränen in die Augen treiben. Doch gerade in der zweiten Alben-Hälfte geht es auch ganz schön obskur zu. 'Strange Brew' besteht hier nicht nur aus dem namensgebenden bluesy CREAM-Part, sondern wartet auch mit allerlei vertracken Takten, wuseligen jazzy Passagen und fast merkwürdigen psychedelischen Akkorden auf. Das Instrumental 'The Seventh Sojourn' versprüht ein fernöstliches Flair und erinnert an THE TEA PARTY, allerdings auf Drogen. Ein Sonderlob soll an dieser Stelle auch an Joakim Svalberg (Keys/Synthies) gehen, der mit seinen geisterhaften Klanghexereien dem Alben-Titel mit den größten Gehalt gibt.
Tja, und neben all dem gibt es auf "Sorceress" auch jede Menge ruhige Momente, in denen dann vor allem Mikas wie immer phänomenaler Gesang glänzt. Songs wie das schon genannte 'Will O The Wisp', 'Sorceress 2' oder das wunderschöne 'A Fleeting Glance' sind hier die Ruhepole in einem Album, bei dem ständig etwas Neues passiert, eine Idee die andere jagt und jeder musikalische Gedanke mit allerlei Verzierungen und Variationen ausstaffiert wird. Klar ist das nicht jedermanns Sache, aber hey, das ist eben Prog. Und zwar in seiner ursprünglichsten und reinsten Idee, und dazu noch edel produziert.
Als einzigen Kritikpunkt könnte man hier lediglich anbringen, dass OPETH schon seit zwei Alben so klingt und auf "Sorceress" seinen Sound "nur" weiter konsolidiert. Und wenn ich ganz ehrlich bin: ein klitzekleines Entgegenkommen für die alten Fans hätte auch ich alte Prog-Nase mir gewünscht, denn bekanntermaßen kann OPETH live noch immer ganz schön Gas geben. Die Akustik-Version von 'Demon Of The Fall' als Bonus hätte mir aber auch gefallen. Doch Schluss mit der Meckerei. "Sorceress" ist natürlich für alle, die die letzten Werke mochten, ein weiterer Pflichtkauf, ein Album mit viel Charme, Flair und Charakter. Man spürt die Liebe zur Musik. Ich bin gespannt, wie es für die Band mit Nuclear Blast im Rücken noch vorwärts gehen wird.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Thomas Becker