ORANGE GOBLIN - Science, Not Fiction
Auch im Soundcheck: Soundcheck 07/24
Mehr über Orange Goblin
- Genre:
- Stoner Rock/Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Peaceville / Edel
- Release:
- 19.07.2024
- The Fire At The Centre Of The Earth Is Mine
- (Not) Rocket Science
- Ascend The Negative
- False Hope Diet
- Cemetary Rats
- The Fury Of A Patient Man
- Gemini (Twins Of Evil)
- The Justice Knife
- End Of Transmission
- Eye Of The Minotaur
Die englische Wüste rockt!
Mitte bis Ende der 1990er schwappte aus Amerika ein ganz heißes Ding namens Stoner Rock, wahlweise auch Desert Rock genannt, über den großen Teich. Dieser laut verzerrte, basslastig warme, fett groovende und tonnenschwere Sound fand damals schnell ein breiteres Publikum. Bands wie KYUSS, MONSTER MAGNET oder QUEENS OF THE STONE AGE begeisterten die Rock- und Metal-Fans weltweit. Ihre Einflüsse bezogen die Stoner Bands vor allen aus kratzigem Heavy Blues Rock, à la BLUE CHEER und MOTÖRHEAD, von Doom-Vorreitern wie BLACK SABBATH und TROUBLE und von Psychedelic Rock-Combos wie HAWKWIND. Dazu kamen noch ein bisschen Südstaaten-Feeling und eine gehörige Portion frecher, rotziger Frische - fertig war ein schmackhafter Longdrink für bärtige Biker und Sinnesverwandte. In Europa wurde dieser coole neue Stil am besten im Vereinigten Königreich und in Schweden aufgenommen und weiter verarbeitet von Bands wie ELECTRIC WIZARD, SPIRITUAL BEGGARS und eben ORANGE GOBLIN, die gerade ihr aktuelles, inzwischen zehntes Studio-Album namens "Science, Not Fiction" aufgenommen haben, um das es im Folgenden gehen soll.
Meine Erinnerungen an ORANGE GOBLIN sind insgesamt positiv, aber auch etwas vage, denn seit dem letzten Longplayer sind nun schon wieder sechs Jahre vergangen. Deutlich besser im Ohr habe ich noch das starke 2007er-Scheibchen "Healing Through Fire". Das bemerkenswert stabile Line-Up um Sänger Ben Ward, Gitarrist Joe Hoare und Schlagzeuger Chris Turner wurde kürzlich erst um Bassist Harry Armstrong ergänzt. "Science, Not Fiction" klingt vom ersten Spin an erfreulich kompakt und griffig. Das volle, warme Klangbild passt wie die berühmte Faust aufs Sehorgan zum erdigen, treibenden und sehr lebendigen Songmaterial. Das Londoner Quartett geht mit so viel herzlicher Spielfreude und Spaß an der Musik zu Werke, dass man unwillkürlich mitgerissen und angesteckt. wird. Die Genre-Trademarks sind allesamt in voller Pracht vorhanden. Energische Uptempo-Nummern mit flirrenden Gitarren und Punkrock-Feeling, wie 'The Fury Of A Patient Man' senden beste Grüße an Lemmy Kilmister. '(Not) Rocket Science' könnte auch von einem späteren SOUNDGARDEN-Album entlaufen sein. Fett rockende Groove-Rocker, wie 'Gemini (Twins Of Evil)' mit seinen großartigen Rifforgien lassen selige Erinnerungen an CORROSION OF CONFORMITY zu "Blind"-Zeiten aufkommen. Und natürlich gibt es hier und da die obligatorischen BLACK SABBATH-Reminiszenzen.
Wer jetzt aufgrund der ganzen Vergleiche meint, dass es ORANGE GOBLIN an Eigenständigkeit fehlen würde, liegt ganz sicher ganz weit daneben. Die Mischung macht es eben, und die ist auf "Science, Not Fiction" einzigartig und sehr lecker. Es gibt schließlich überhaupt keinen Grund seine eigenen Einflüsse und Vorlieben zu verstecken, wenn man mit so viel Raffinesse und positiver Power aufspielt wie ORANGE GOBLIN hier. Interessanterweise ist "Science, Not Fiction" in meiner Wahrnehmung eine Platte, die mit zunehmender Spielzeit besser wird. Viele Bands neigen ja dazu ihre besten, oder sagen wir spektakulärsten Songs gleich am Anfang zu verbraten. Einer noch höheren Bewertung steht für mich im Wege, dass es neben all den genannten tollen Momenten auch einige Längen im Songwriting gibt. Viele Lieder trudeln nach hinten so ein bisschen aus, habe ich das Gefühl. Daher schwanke ich auch nach vielen Durchläufen noch zwischen echter Begeisterung und kopfnickender Anerkennung. Genre-Aficionados müssen dieses Album natürlich auf jeden Fall haben.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Martin van der Laan