ORPHANED LAND - The Never Ending Way Of ORwarriOR
Auch im Soundcheck: Soundcheck 01/2010
Mehr über Orphaned Land
- Genre:
- Oriental Death/Power Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Century Media/EMI
- Release:
- 22.01.2010
- Sapari
- From Broken Vessels
- Bereft In The Abyss
- The Path Part 1 - Treading Through Darkness
- The Path Part 2 - The Pilgrimage To Or Shalem
- Olat Ha'tamid
- The Warrior
- His Leaf Shall Not Wither
- Disciples Of The Sacred Oath II
- New Jerusalem
- Vayehi Or
- M i ?
- Barakah
- Codeword: Uprising
- In Thy Never Ending Way (Epilogue)
Wie sieht sie aus - die schwierige Nachfolge des Meisterwerks "Mabool" nach sechs langen Jahren des (Er-)Wartens?
Die musikalische Wandlung, die ORPHANED LAND trotz ihres herausragenden Alleinstellungsmerkmals der Integration von orientalischen Klängen in ein metallisches Stilgemisch, auf ihren bisherigen Alben vollzogen haben, ist unverkennbar. Als man in den Neunzigern anfing, war die Band stilistisch deutlich im Death Metal verwurzelt, während ihr bisheriges Meisterwerk "Mabool", ein ausgefeiltes und unglaublich facettenreiches Konzeptalbum, keine exakte stilistische Einordnung mehr zulässt und metallische Elemente aus Power, Death, Doom, Black, Progressive und Folk ein Einklang bringt und auf exzellente Weise mit orientalischen Einflüssen verquickt. Beim neuen Rundling "The Never Ending Way Of ORwarriOR" ist der Sprung in musikalischer Hinsicht gegenüber "Mabool" nur marginal, jedoch wird beim Hören auch schnell deutlich, dass das Durchbruchswerk "Mabool" unerreicht bleibt. Das hat nichts mit einer übersteigerten Erwartungshaltung zu tun - ganz nüchtern betrachtet, weist das Songwriting ein paar Schwächen oder zumindest teilweise zu wenig Prägnanz und somit nicht das durchgehend hohe Niveau des Vorgängers auf. Und so gibt es auf der neuen Scheibe hin und wieder Passagen, die recht unspektakulär dahinplätschern, ohne wirklich mitzureißen. Trotzdem ist es ganz klar zu honorieren, dass ORPHANED LAND eine solch originelle Mixtur an verschiedenen Elementen unter einen Hut bringen, und dieses Kunststück schaffen, ohne ihr Erfolgsrezept von "Mabool" 1:1 zu wiederholen. Wo die Gründe dafür liegen, dass man sechs Jahre auf dieses Album warten musste, sei mal dahingestellt, dass dieser verhältnismäßig lange Zeitraum, in dem "The Never Ending Way Of ORwarriOR" entstanden ist, aber für ein ebenso herausragendes Werk wie "Mabool" garantieren würde, gehört allerdings sicherlich in den Bereich "Wunschdenken". Wie etliche andere Bands haben jetzt auch ORPHANED LAND das Problem, dass sie einen Genreklassiker erschaffen haben, dessen Niveau spätere Werke der Band nicht mehr wirklich erreichen (zumindest für diese Scheibe gesprochen). Für sich selbst betrachtet, ist "The Never Ending Way Of ORwarriOR" beileibe kein schlechtes Album, und genau so sollte man das auch stehen lassen.
Dennoch gibt es natürlich Neuerungen: Ein neues Bandlogo ziert das Album, das Konzept ist noch etwas abstrakter und vieldeutiger gehalten als die auf "Mabool" erzählte Story; es ist in drei Kapitel unterteilt und thematisiert die Geschichte um einen so genannten "Krieger des Lichts". Inhaltlich geht es dabei natürlich wieder darum, Gegensätze und Grenzen zu überwinden; ein Thema, das auch auf den Promofotos aufgegriffen wird, indem der Konflikt zwischen den verschiedenen Religionen durchaus überspitzt dargestellt wird und man die Gegensätze überspielt, indem die Bandmitglieder typische optische Erkennungszeichen von Judentum, Islam und Christentum kombinieren. Neu ist auch, dass mit Steven Wilson (PORCUPINE TREE, OPETH) ein nicht eben Unbekannter den Mix des Albums sowie einige Keyboardpassagen verzapft hat. Hinsichtlich sprachlicher sowie instrumenteller Vielfalt steht das neue Album dem Variantenreichtum von "Mabool" hingegen in nichts nach, etliche unterschiedliche Sprachen und zahlreiche orientalische (wir würden wohl sagen: "exotische") Instrumente finden Verwendung auf diesem Rundling.
In punkto Songwriting haben ORPHANED LAND einige fantastische Ideen in Songs gegossen, aber wie bereits erwähnt, gilt es auch ein paar Längen zu konstatieren. Nehmen wir exemplarisch den Song 'The Warrior' - ein tolles Stück, das die ureigene Mischung der sechsköpfigen israelischen Band in ein packendes Gewand hüllt und mit einer sphärischen Note kombiniert und damit vollkommen zu überzeugen weiß. Doch daran schließen sich mit 'His Leaf Shall Not Wither' und 'Disciples Of The Sacred Oath II' (zumindest dessen erste Hälfte) zwei Nummern an, die man fast schon als dröge bezeichnen muss - die ohne jegliche Dynamik vor sich hinplätschern, nicht aus dem Saft kommen und quasi alles vermissen lassen, was ORPHANED LAND eigentlich auszeichnet. Und das ist sehr schade, denn auch auf diesem Album beweisen die Israelis an etlichen Stellen, dass sie immer noch im Stande sind, originelle und mitreißende Musik zu erschaffen. Ein weiterer großartiger Song ist zum Beispiel 'New Jerusalem', der mit betörender Frauenstimme und exzellenten Melodiebögen wirklich unter die Haut geht. Zum Heulen schön. Demgegenüber fällt bei einem Song wie 'From Broken Vessels' jedoch auf, dass die nötige Gradlinigkeit fehlt und man irgendwie nicht auf den Punkt kommt. Vielleicht ist das Album dieses Mal auch einfach zu lang ausgefallen und ein kompakteres Werk hätte den Fokus mehr auf die gelungenen Ideen legen können. Aber wenn man sich die insgesamt 15 Stücke von "The Never Ending Way Of ORwarriOR" zu Gemüte führt, dann bleibt nur bei etwas mehr als der Hälfte nachhaltig was hängen, und das ist für ORPHANED LAND-Verhältnisse schon ziemlich wenig. Ein Zwiespalt, da die vorhandenen tollen Songs es definitiv rechtfertigen, dem Album eine hohe Wertschätzung zukommen zu lassen. Und doch dürfte es nicht verwunderlich sein, wenn man zukünftig immer häufiger an "The Never Ending Way Of ORwarriOR" vorbei langt und wieder einmal "Mabool" aus dem Plattenschrank holt. Um der Gesamteinschätzung zum Abschluss aber einen positiven Anstrich zu verpassen, sei noch einmal die sowohl stilistische als auch konzeptionelle Einzigartigkeit der Band erwähnt und ihre vereinigende Wirkung gerade zwischen den verschiedenen Kulturen im Nahen Osten/der arabischen Welt. Und immerhin haben wir es bei "The Never Ending Way Of ORwarriOR" mit nicht weniger als dem zweitbesten Album der Bandgeschichte zu tun und genauso sollte es auch eingeordnet werden.
Anspieltipps: The Path Part I - Treading Through Darkness, The Warrior, New Jerusalem
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer