PIRKAN - Holy Amnesia
Mehr über Pirkan
- Genre:
- (Psychedelic) Folk / Drone
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Sun & Moon Records
- Release:
- 16.09.2022
- Closed Eye
- An Offering
- Holy Amnesia
- Stellar Swamp
- Light Resonance
- Eternal Spring
- Open Sky
Gefüge aus Drone und östlichem Folk - im Titeltrack mit Psychedelic-Zusatz.
Das 2018 gegründete Sextett aus Budapest, dem unter anderem ehemalige Mitglieder von SCIVIAS angehören, kann bisher das selbstbetitelte Debütalbum aus 2019 sowie den Track 'Az Ég Nyíló Szeme', der zur letztjährigen Wintersonnenwende veröffentlicht wurde, vorweisen. Zur Umsetzung ihrer musikalischen Vorstellung einer Verbindung von Psychedelic Folk mit Drone nutzen die ungarischen Musiker traditionelle Instrumente wie Zither, zwei Lauten, genannt Kobza und Tobshuur, Flöte, eine Obertonflöte namens Tilinkó, Drehleier, Maultrommel und Kontrabass. Kehlkopfgesang kommt ebenfalls zum Einsatz. Darüber hinaus werden aber auch analoge Synthesizer und mehrere digitale Klangerzeuger verwendet.
Das zweite Album "Holy Amnesia" soll im Vergleich zum Debütalbum experimentellere, meditativere Elemente beinhalten, was ich nach dem ersten Anhören klar bestätigen kann. Am meisten bleiben schon allein aufgrund der Länge der 20-minütige Titeltrack, laut Band eine Hommage an das Jubiläumsalbum "The Remote Viewer" aus 2002 von COIL, sowie das halb so lange 'Light Resonance', das Samples von 'Resonance' aus dem 2020er Album "Transcendence" von SAVMART & KSEA enthält, im Gedächtnis haften. Doch auch 'An Offering' und die letzten beiden Tracks verdienen Erwähnung im Rahmen dieser Rezension.
Nach der noch seltsam anmutenden Einleitung aus Vocals und Synthesizer in 'Closed Eye', empfängt das zweite Lied mit Klangschalen, die als roter Faden im Stück verbleiben, und diversen Nebengeräuschen, welche 'An Offering' im Arrangement interessanter gestalten. Durch den Anfang des Titelsongs wurde ich an den Film "Stroszek" erinnert. Je mehr Instrumente wie Percussion und Kontrabass hinzutreten, um so verlockender und psychedelischer tönt der Track. Die Schalmei verleiht dem Ganzen gemeinsam mit dem Takt einen nahöstlischen Anstrich. Zwischendurch wird der Hörer mit einer Flöte beruhigt. Nach einer Weile fügt sich leicht elektronisch veränderter, männlicher Gesang ganz gut ein. Mittig taucht passenderweise eine entschleunigende Pause auf, bei der erst die Drehleier für leichte Nuancen sorgt, die dann später vom Gesang abgelöst wird. Der quietschenden Geräusche, die darauf in etwa zwei anstrengenden Minuten folgen, hätte es meines Erachtens insbesondere in der Fülle und Länge nicht bedurft. Es wird zwar mit Rückkehr des Taktes wieder besser, doch kann das letzte Drittel des Longtracks 'Holy Amnesia' mit der ersten Hälfte meiner Meinung nach nicht mehr voll mithalten, da das mehrfach wiederkehrende Gequietsche tendenziell eher verstörend wirkt.
Im fünften Titel tritt dann erstmals tiefer Kehlkopfgesang von Qingele in Erscheinung, der hin und wieder von einem langen, hohen Schrei begleitet wird. Im Verlauf wird auch mit klarerer Stimme gesungen und die Schalmei erklingt mit eigener Melodie. Obwohl man diesen recht ansprechenden Mix aus Drone und östlichen Folk-Einflüssen auf "Holy Amnesia" wohl nicht alltäglich anhören kann, wird hier doch eine erstaunliche Klangkulisse geboten, die man so noch nicht kennen dürfte und womöglich dennoch eine gute Ergänzung für entsprechende Sammlungen darstellt. Kehlkopfgesang ist auch im Folgelied vertreten, sogar variierter als zuvor. Das Stück vermittelt einen weniger düsteren Eindruck als sein Vorgänger. In 'Open Sky', welches das Album abrundet, erhalten Synthesizer und digitale Klangerzeuger den Vortritt, die in einem das Bild eines tiefen Raums erzeugen. Hälftig kommt dann scheinbar die Zither zu Einsatz, wobei die erzeugten Töne die Frage aufkommen lassen, wie diese gegebenenfalls bespielt wurde. Sicherlich geschah dies nicht auf althergebrachte Weise. Zum Schluss wird der Hörer von Klangschalen besänftigt aus "Holy Amnesia" herausgetragen.
Das Zweitwerk ist definitiv experimenteller als das Debütalbum, bei dem das Folk-Element noch mehr im Vordergrund stand. Für Drone-Freunde lohnt sich gewiss ein Antesten, so kann jeder selbst entscheiden, ob sich eine Ergänzung der eigenen Sammlung um PIRKANs "Holy Amnesia" anbietet. In die Meinige passt es, da hier ein vergleichbarer Potpourri noch nicht vorhanden war.
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Susanne Schaarschmidt