POLARIS - Seven Arrows
Mehr über Polaris
- Genre:
- Prog
- Seven Arrows
- Mind's Edge
- Move North
- Tired And Broken
- Raven And The Rowan Tree
- Ghost War
- The Complex
Es ist immer wieder schön, wenn man einen Rundling zur Besprechung erhält, von dem man nichts erwartet und der sich nach kurzer Zeit zum absoluten Überflieger entpuppt. Genau das ist im Falle des Bostoner Quintetts POLARIS geschehen. Schon der optische Eindruck ihres Erstlings "Seven Arrows" ist ein echter Hingucker: ein in grünen und weißen Schattierungen gestalteter Eulenkopf, der mich spontan an die Kultserie "Twin Peaks" erinnert. Und ebenso verwirrend wie diese TV-Reihe wirkt auch der erste Höreindruck von POLARIS.
Die Truppe, die auf dem sieben Songs umfassenden Silberling noch als Quartett agiert, ist irgendwo im progressiven Genre beheimatet, dürfte Freunden dessen Vorreiters (wie etwa DREAM THEATER) allerdings nicht zwingend zusagen. Aufgrund des Verzichts typischer Keyboardsounds zu Gunsten einer kraftvollen Gitarre erinnert mich die Band eher an TILES als an die typischen Prog-Metal-Vertreter. Sie selbst nennen auch Größen wie TOOL, KING CRIMSON oder auch EVERGREY als Einflüsse. All diese Bands kann man in ihren Nummern auch heraushören, wenn man genau hinhört.
Und wer bei der Stimme von Olivia Berka nicht genau hinhören möchte, sollte schleunigst einen Ohrendoktor aufsuchen. Das kraftvolle, extrem variable Organ der Dame hat es mir sofort angetan. Ohne in waghalsigen Höhen herumzueiern brilliert sie mit einem Ausdruck, der ihre grandiosen Texte mehr als eindrucksvoll zur Geltung kommen lässt. Allein die Momente, in denen sie - wie im flotten 'Mind's Edge' - sehr kehlig singt, machen süchtig. Aber auch ihre sonstige Performance lässt keine Wünsche offen. Gefühlvolle Harmonien, grandiose Melodieführung und extrem eingängige Gesangslinien schaffen ein behagliches Hörerlebnis.
POLARIS nun aber auf die Stimme zu reduzieren würde der talentierten Band nicht einmal im Ansatz gerecht werden. Viel zu gut sind auch die anderen Musiker, die eine homogene Collage aus Rockmusik und progressivem Metal geschaffen haben. Wer sich an EVA'S LYRICS oder an die ruhigen Momente von LOST IN MISERY erinnert oder wer sich in der Neuzeit an AEON SPOKE erfreuen konnte, wird mit POLARIS einen neuen Favoriten gefunden haben. Denn POLARIS verzichten auf Kopflastigkeit und erschrecken den Hörer nicht mit überflüssigen Breaks. Auch müssen sie nicht zu jeder Sekunde beweisen, wie gut sie spielen können, denn das belegen schon die großartigen Kompositionen. Viel eher wird der Hörer mit herrlichen Ideen erfreut, die immer wieder überraschen. Geschickt eingesetzte Percussion-Arbeit, farbenfrohe Gitarrenfiguren, slappende Bassmomente, dies alles sind kleine i-Tüpfelchen auf ganz tollen Songs.
Hier sind emotional hochwertige Kompositionen entstanden, denen man die Ehrlichkeit mit jeder Note, jedem Takt anhört. Wenn Olivia im wütenden 'Ghost War' von der Doublebass begleitet ihren Frust herausschreit, leidet der Hörer unwillkürlich mit. Erinnerungen an die selige Dawn Crosby (FEAR OF GOD/DETENTE) werden wach, ohne dass POLARIS musikalisch ähnlich hart zu Werke gehen würden. Dass ich diese Band als Vergleich bringe, sollte Eingeweihten Aussage genug sein, POLARIS schleunigst anzutesten.
Ein paar triviale Randbemerkungen zu Schluss: Bassist Rob Massaud wie auch Drummer Lee Dias wurden durch John Andonian und Chris Helme ersetzt. Außerdem gibt es mit Ian Shultz seit kurzer Zeit auch einen zweiten Gitarristen im POLARIS-Camp. Von diesem Line-Up gibt es schon zwei tolle neue Songs auf der Myspace-Site der Band zu bewundern. Ihr seht es: Alle Zeichen stehen auf Sturm!
Anspieltipps: Mind's Edge; Ghost War; The Complex
- Redakteur:
- Holger Andrae